7. Dezember 2015

Der unheimliche Jogger

Jahre hat es gedauert, bis es endlich zur Besteigung jenes Hügels gekommen ist, den ich schon unzählige Male aus allen Himmelsrichtungen betrachtet habe. Die Rede ist vom 1115 Meter hohen Bachtel im Zürcher Oberland. Für den vergangenen Samstag schlug ich meinem frisch geborenen Wanderclub, ausgehend von Hinwil, eine knapp 20 Kilometer lange Route vor, die nebst dem Gipfel auch den Besuch des ominösen Bachtelspalts vorsah. Erfolgte der Aufstieg über den Nordgrat auf beinahe menschenleeren Wegen, erwartete uns auf dem Bachtel eine skurrile Mischung aus Cervelat brätelnden Familien, fusskranken Autotouristen, Normalspaziergängern und Mountainbikern. Den Vogel schoss indes ein Jogger ab, der den ewigen Umgang zu haben schien. Kaum war er hinter einer Wegbiegung verschwunden, tauchte er wenig später an derselben Stelle wieder auf, um nach einige Minuten wieder an uns vorbei rennend aus dem Blickfeld zu entschwinden usw., usf.  Getoppt wurde der wirre Dauerläufer allerdings von einem Einradfahrer, der die Bachtelstrasse hoch balancierend angewankt kam. Wer nun meinte, der stramme Mann trage sein Gefährt des steilen Gefälles wegen zurück ins Tal, sah sich eines besseren belehrt. Den Atem anhaltend, schauten wir dem Monozyklist zu, wie er sich wagemutig auf die wackelige Abfahrt machte.



Gerne erwähne ich an dieser Stelle, dass wir die Wanderung bei perfektem Wetter mit ebensolcher Fernsicht ausführten, währenddem das zu unseren Füssen liegende Mittelland von hartnäckigem Nebel bedeckt blieb. Als der 0815-Ausflüglerstrom eine  Viertelstunde nach dem Bachtel versiegte, konzentrierten wir uns auf den Bachtelspalt, eine geologische Besonderheit im Nagelfluh-Ambiente, der wir mit viel Begeisterung huldigten. Nicht ohne einen gewissen Stolz schaffte ich es, mich durch den nadelörartigen Durchschlupf zu zwängen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass mein Ränzlein noch keine bedrohlichen Dimensionen angenommen hat.

Nichts für Vollschlanke: der Bachtelspalt (ZH)

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