23. März 2008

Grábrók ásbyrgi hvíta fossá?

Rebecca Langhagen, Christian Rohrbach:
Junges Land – Zu Fuss unterwegs in Island,
Book on demand, 1999
Die jungen Frankfurter Geografen Rebecca Langhagen und Christian Rohrbach erzählen im Buch «Junges Land» über ihre sechswöchigen Trekkingund Reiseerlebnisse in Island. Der Lesende wird unvermittelt auf die jeweils mehrtägigen Touren mitgenommen; nicht in sprachlich komplizierter Art und Weise, sondern in angemessenem Deutsch, dem jedoch ein intensiveres Korrektorat gut getan hätte. Doch die sympatische Berichterstattung lässt über diesen Mangel hinweg sehen. Langenhagen und Rohrbach haben es mit ihrer Reiseroute wie vermutlich die meisten Islandbesucher: Am Ende ist die Insel umrundet. Ein paar Abstecher von der sogenannten Ringstrasse ergänzen das touristische Menü. Was allerdings für die Autoren spricht ist die Tatsache, dass sie ihre Reise am Schluss der Sommersaison unternommen haben, so dass sie einerseits die touristischen Zentren beinahe «für sich» in Anspruch nehmen und andererseits den lästigen Mücken ausweichen konnten.

Die zwei Geografen haben sich (Beruf verpflichtet) zwar die Mühe genommen, im Anhang auf einige geologische und physikalische Fachausdrücke näher einzugehen, als allfällig potentieller Islandwanderer vermisst man jedoch etwas Ähnliches für den Bereich Trekking. Leider werden auch sonst wenig geschichtliche oder kulturelle Hintergründe vermittelt. Auf Seite 287ff wird man immerhin mit Literaturhinweisen bedient. Ein Ortsverzeichnis und eine Übersichtskarte mit der Reiseroute fehlen nicht. Gänzlich missraten sind die Schwarzweiss-Abbildungen. Hier scheint die Druckerei von Island geträumt zu haben, als sie das Buch in Produktion hatte. Nichts desto Trotz: Nach dem Lesen des Werkes verspürt man förmlich einen inneren Drang, den Rucksack voll zu packen und ins Land der Vulkane, Geysire, Thermalbäder und der seltsamen, schier unverständlichen Sprache aufzubrechen.

8. März 2008

Mit Betty Bossi auf Wanderschaft

Thomas Widmer, Zu Fuss – 2, Echtzeit
Verlag, Basel, 2008
Als Thomas Widmers äusserst erfolgreicher Erstling «Zu Fuss» anno 2007 das Licht der Welt erblickte, wurde Vielwanderer Widmer von den Medien prompt als «Wanderpapst» gefeiert. «A Wanderpapst is born», steht nun folgerichtig auf dem Umschlag des im März 2008 erschienenen Zweitlings mit dem ebenso folgerichtigen Titel «Zu Fuss – 2». Was aber macht einen schreibenden Wanderer oder wandernden Schreiberling zum Papst? Diese Frage beschäftigt den Rezensenten seit dem erstmaligen Auftauchen dieses Prädikates immer wieder. Ohne des Autors geniale Wortschöpfungen*, Ideenreichtum, verständlich geschriebenen Kurzrecherchen und die Fähigkeit, uns Menschen zur Wanderlust zu verführen, schmälern zu wollen: Macht dies einen Wanderpapst aus? Papst hiesse ja auch, Stellvertreter Gottes auf Erden und damit unfehlbar zu sein. Ist Gott ein Wanderer – und Widmer unfehlbar? Er (Widmer), der Exil-Appenzeller in Zürich, Arabist, Islamwissenschaftler und Journalist. Ungeklärt in dieser Angelegenheit ist zudem die Haltung des Vatikans. Aber lassen wir das.

Zurück zum Buch: Dieses knüpft punkto saisongerechtem Wanderkonzept, Aufmachung und Volumen nahtlos an den erwähnten Bestseller an. Zu den 52 Wanderungen von Band 1 gesellen sich «52 neue Schweiz-Wanderungen », die allesamt in Widmers vielbeachteter Weltwoche-Kolumne erschienen sind. Die Wanderungen unterschiedlicher Länge spielen wiederum in den meisten Landesteilen der Schweiz. Was aber hält Widmer vom Kanton Schaffhausen, der Westschweiz, den Kantonen Neuenburg, Uri, Jura oder Thurgau ab? Gibt es hier die schlechteren Beizen oder liegt sonst ein Grund vor? Wir wissen es nicht und lassen uns überraschen, denn wer Widmer kennt ist sich bewusst: Vor seinen Füssen ist kein Flecken sicher, und seine Feder weiss über alles und jedes etwas zu schreiben.

Wie dem auch sei: Das Must für Schweiz-Wanderer gleicht in seiner bestechend einfach zu gebrauchenden und qualitativ hochstehenden Art (dazu gehören wiederum Nahweh-fördernde Fotos von Raffael Waldner) eher einem Kochbuch aus dem Hause eines berühmten Kochbuchverlages, weshalb wir Widmer etwas neutraler als «Betty Bossi der Wanderer» bezeichnen. Da es der 1962 geborene Autor bereits auf über 170 Wanderkolumnen gebracht hat, wird die Herausgabe von «Zu Fuss – 3» lediglich eine Frage der Zeit sein. Bis dahin unternehmen wir ein paar seiner schmackhaft vorgetragenen Wandertouren und überlegen uns dabei eine passende männliche Form seines soeben verliehenen Titels.

*Stellvertretend für Widmers Kreationen seien genannt: «Forschungsreisender im eigenen Land» über sich selber, «Rapidwuchs» für den touristischen Bauboom in Grächen, «alpine Liebespaare» auf dem Winterwanderweg Riederalp–Fiescheralp, «tumorartig aufgeschwollene Chalets» im Klosters der High-Society, «vermasste Wintersportzone» für die Skiliftanlagen auf dem Flumserberg, «WC-Stöckli» für das freistehende Toilettenhäuschen am Bahnhof Spinas oder «Gipfelchaot» für den vielgipfligen Pilatus.