31. Dezember 2016

Mein Blick zurück

Im Frühjahr 2016 startete ich mein Langzeitprojekt «Nordwärts»: Zu Fuss von Burgistein ans Nordkap!

Mein fussgängerischer Jahresrückblick besteht ausschliesslich aus positiven Meldungen: 79 sind es an der Zahl. Allen ein frohes Jahresende, geht mal nach draussen und wandert ein bisschen. Es lohnt sich!

Huttwil - Fritzenflue - Luthern
 Büro - Zollhaus
 Kleindietwil - Dürrenroth - Sumiswald
 Leimbach - Uto Kulm - Triemli
 Wichtrach - Oppligen - Heimberg
 Riedtwil - Bleuen - Kleindietwil
 Laufenburg - Cheisacherturm - Brugg
 Romanshorn - Amriswil - Muolen
 Lyss - Wengi - Schüpfen
 Lichtensteig - Köbelisberg - Brunnadern
 Muolen - Roggwil - Rorschach
 Zollikofen - Lindenthal - Vechigen
 Burgistein - Belp - Worb
 Le Landeron - Schernelz - Tüscherz
 Schmerikon - Kaltbrunn - Ziegelbrücke
 La Roche - Arconciel - Marly
 Thun Camping - Gwattegg - Thun Mösli
 Worb - Krauchtal - Schönbühl
 Schönbühl - Bätterkinden - Solothurn
 Thun Arena - Buchholz
 Solothurn - Hinter Weissenstein - Corcelles
 Büro - Thun Camping
 Deltapark (Gwattzentrum) - Seewinkel
 Ins - Erlach - St. Petersinsel
 Moskau - Stein am Rhein - Steckborn
 Corcelles - Vermes - Courchapoix
 Courchapoix - Welschgätterli - Zwingen
 Zwingen - Witterswil - Basel
 Sagno - Monte Bisbino - Muggio
 Muggio - Pianspessa - Mendrisio
 Sagno - Grenzstein 75 B - Stabio
 Sagno - Bruzella - Cabbio
 Brodhüsi - Obers Heiti - Oey
 Büro - Thun Bahnhof
 Grellingen - Meltingen - Büsserach
 Büro - Strättligenplatz
 Langenthal - Wolfwil - Murgenthal
 Rorschach - Rheineck - Rorschach
 Büro - Seewinkel
 Winterthur - Brütten - Dietlikon
 Lenk - Bummerenpass - Lenk
 Obermaad - Wendenalp
 Wendenalp - Alpiglen - Nessental
 Zürich HB - Stettbach - Kloten
 Köniz - Oberwangen - Neuenegg
 Jaunpass - Abländschen - Schönried
 Scuol - Sent
 Sent - Vnà - Martina
 Samnaun - Ravaisch
 Sent - Zuort - Sinestra
 Olten - Läufelfingen - Sommerau
 Mürren - Sefinental - Stechelberg
 Oeschseite - Rinderberg - Saanenmöser
 Belp Vehweid - Belpberg -Toffen
 Burgdorf - Bütikofen - Wynigen
 Kiental - Gorneren - Kiental
 Grotte de la Cascade (Môtiers)
 Niederrickenbach - Bristen - St. Jakob
 Renan - Les Savagnières - St-Imier
 Dietfurt - Oberhelfenschwil - Bazenheid
 Mattmark - Saas Fee - Saas Balen
 Burgdorf Steinhof - Lützelflüh - Zollbrück
 Grande Dixence - Pas de Meina - Evolène
 Evolène - St-Martin - Sion
 Thayngen - Büttenhard - Schaffhausen
 Büro - Thun Bahnhof
 Vernayaz - Salvan - Finhaut
 La Cibourg - La Chaux-d'Abel - St-Imier
 Simplon Hospiz - Simplon Dorf - Gono
 Lüderenalp - Schynen - Trub
 Wil - Balterswil - Aadorf
 Vernayaz - Evionnaz - St-Maurice
 St-Maurice - Choëx - Val d'Illiez
 Buus - Wenslingen - Buckten
 Cortébert - Métarie du Millieu de Bienne - La Neuveville
 Aadorf - Matzingen - Frauenfeld
 La Neuveville - Erlach - Ins
 Zäziwil - Schlosswil - Münsingen
Walchwil - Rossberg - Morgarten

29. Dezember 2016

Tauschbibliotheken – eine gute Sache!


Seit ein paar Jahren gibt es in der Schweiz in verschiedenen Städten sogenannte Tauschbibliotheken. An öffentlichen Plätzen – meist im Freien – sind Büchern bestückte Vitrinen aufgesteltt. Wer ein oder zwei Titel daraus haben möchte, bringt ein oder zwei Bücher mit und tauscht sie um. Eine tolle Idee! Ich bin bislang dank dieser Einrichtung zu wirklich toller Literatur gekommen. Gleichzeitig habe ich mich von Büchern getrennt, die weniger meinem Geschmack entsprechen, vielleicht aber eine andere Person glücklich machen. Eine klassische Win-Win-Situation also.

Heute bin ich wieder einmal fündig geworden und habe ein sensationell schönes und interessantes Wanderbuch eingetauscht. Es ist zwar bereits 1987 erschienen, doch die Idee, die Aufmachung und der Bildungswert finde ich nach wie vor bemerkenswert. Dieter Planck und Willi Beck haben einen Wanderführer zum Limes in Südwestdeutschland verfasst. Das Buch beschreibt nicht nur minutiös den Verlauf dieser römischen Grenzbefestigung sondern auch die ausgegrabenen Bauten und Relikte aus jener Zeit. Und obendrein enthält das Werk eine topografische Karte im Massstab 1:50.000, die den genauen Limesverlauf sowie die Lage aller römischer Baudenkmäler enthält. Selbstverständlich erklärt ein einleitendes Kapitel die Geschichte dieses grössten Bodendenkmals in Mitteleuropa mit seinen insgesamt 500 km Länge.

Dem unbekannten Tauscher sei hiermit herzlich gedankt, nicht zuletzt deshalb, weil das Buch wie neu ausschaut!

28. Dezember 2016

Publizistischer Jahresrückblick mit Vorschau

Das Jahr 2016 brachte zwei wesentliche Veränderungen: 1. schrieb ich keine Artikel mehr für Zeitungen oder Zeitschriften. 2. begann ich mit der Veröffentlichung von Büchern anderer Autoren. Den Anfang machten hierbei die «Wanderungen nach und in Graubünden» des völlig unbekannten Julius Albert. Der Reisebeschrieb stammt aus dem Jahr 1856 und dokumentiert auf beeindruckende Weise, wie es damals um den Tourismus in der Schweiz bestellt war. Fortgesetzt wurde die Reihe historischer Schriften mit Abraham E. Fröhlichs Erzählung «Der Brand in Glarus», gefolgt von Fridtjof Nansens «Im Eise begraben/Abenteuerlust».

Die Edition Wanderwerk nahm 2016 mit den ersten drei Ausgaben der historischen Reihe Fahrt auf.

Das Eintauchen in längst vergangene Tage begann mich mehr und mehr zu faszinieren, weshalb ich  die Herausgabe weiterer Texte aus der Zeit vor 1920 beschloss. Ende September erblickte dann Ernst Walter Trojans «Wanderkunst Lebenskunst» nach 1910 zum zweiten Mal das Licht der Welt. Das handliche Büchlein ist ein Muss für Menschen, denen entschleunigtes Reisen am Herzen liegt.

Anderthalb Jahre lang bestimmte die
Erschaffung dieses Wanderführers meine
Freizeit. Und noch fehlt jegliches Honorar.
Unbestrittenes Glanzlicht war indes die Publikation des von mir verfassten Wanderführers «Rund um Zürich», der Ende Juni im Bergverlag Rother, München, erschienen ist. Anderthalb Jahre habe ich dafür gearbeitet und dabei zwischen Gotthard und Rheinfall insgesamt 1000 Kilometer zu Fuss zurückgelegt. Dass sich mit Thomas Widmer vom Tages-Anzeiger ein namhafter Journalist über mich und das Werk in Form eines Interviews annahm, hat mich besonders gefreut.

Weil die 1. Auflage meines Wanderlesebuches «Aargau rundum» vergriffen war, habe ich mich für eine neue Auflage entschieden. Diese in gewohnter Form zu drucken, war mir zu bescheiden, weshalb ich das Buch komplett überarbeitete und sowohl mit neuen Texten als auch mit farbigen Fotos versah. Herausgekommen ist ein lesenswertes Buch, das uns den Kanton Aargau und seine Nachbarn auf sympathische Weise näher bringt.
Für 2017 ist die Herausgabe weiterer Texte aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert geplant. Aus Anlass des 175. Geburtstags des Berner Journalisten, Schriftstellers und Theaterautors, Josef Viktor Widmann, erscheint am 20. Februar der ersten von drei Bänden. «Du schöne Welt» nennt es sich und enthält neun Reiseberichte des Autors von Fahrten nach Italien und der Schweiz. Die Erzählung «Wilds Hochzeitsreise» und der Reiseroman «Rektor Müslins italienische Reise» erscheinen im Sommer bzw. Herbst. Aus meiner Feder werden erst 2018 wieder Bücher entstehen. Ich werde das kommende Jahr intensiv für die Recherchen vor Ort nutzen und in gewohnter und ungewohnter Manier darüber berichten. Man beachte bitte die Website der Edition Wanderwerk, denn, liebe Leserin, lieber Leser, die Bücher können gekauft und gelesen werden!

«Wanderkunst Lebenskunst» erschien über 100 Jahre nach der Erstveröffentlichung, «Aargau rundum» liegt nun bereits in der 2. komplett überarbeiteten Fassung vor und Josef Viktor Widmanns «Du schöne Welt» erscheint am 20. Februar 2017.

27. Dezember 2016

Fussgänger an die Leine!

Schloss Wyl in Schlosswil (BE) an einem beinahe schon frühlingshaften Stephanstag.

Gestern. Wanderung von Zäziwil nach Münsingen. Vom Emmental ins Aaretal. Am Schatten kalt und glatt. An der Sonne wohlig und trocken. En Route drei Schlösser. Zwei direkt am Weg (Schloss Wyl und Münsingen), eines in der Ferne (Worb). Pausenhalt beim Schloss Wyl, dem ehemaligen Sitz des Regierungsstatthalters des Amtes Konolfingen. Das Anwesen gehört seit 2011 – ein Jahr nachdem der Amtsbezirk aufgehoben worden ist – Matthias Steinmann bzw. seiner Firma Berakom. Die Steinmann Stiftung Schloss Wyl haucht seither dem historischen Gebäude neues Leben ein. Es kann unter anderem für private Anlässe gemietet werden. Neudeutsch z.B. «zum Heirätlen, Aperölen, Geburtstäglen, Businessmeetlen, Sitzunglen, Weihnächtelen, Dinierelen, Phantasilen» usw.

Der südliche Zugang zum Schloss Wyl.


Doch das Beste kommt, wie meist, zum Schluss. Der einst als barocker Park konzipierte Umschwung ist gemäss Infotafel nur für «Fussgänger und Hunde an der Leine!» zugänglich. Mir scheint, da hat das Mittelalter aber brutal durchgeschlagen.




26. Dezember 2016

Von Danzig bis nach Istanbul

Jason Goodwin: Von Danzig bis nach
Istanbul: Piper, München, 2008
«Auf unserer Wanderung haben Kate und ich jeden Tag miteinander geredet, undefinierbare Mahlzeiten geteilt und uns wochenlang nicht die Haare gewaschen. Wir sind gelaufen, bis unsere Schuhe auseinanderfielen. Und am Ende haben wir geheiratet.» Jason Goodwin und seine zukünftige Frau gingen nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs von Danzig bis zum Goldenen Horn. Sie kamen durch Polen und die Tschechoslowakei, zogen über die Hohe Tatra nach Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien und Bulgarien. Sie durchquerten endlose Sonnenblumenfelder, Flussauen und die Karpaten. Sie gingen mit Mönchen schwimmen, begegneten neugierigen Kindern, verblüfften Dorfbewohnern und müden Bauern. Sie wanderten untrainiert, aber voller Ambitionen und folgten einer Landkarte, die es heute schon nicht mehr gibt. (Klappentext)

25. Dezember 2016

Im Röstigraben haust der Biber

Gleich zu Beginn der fünften Etappe meines Projektes «Die Koordinate» erwartet mich in La Neuveville ein auffrischender Nordwestwind. Hochnebel und düster das Licht. Nichts Neues im Vergleich zum Ende der letzten Etappe. Der Jurasüdfuss bleibt im Winterhalbjahr eine meteorologische Tristesse.

Am Yachthafen machen die letzten Kapitäne ihre Schiffe winterdicht. Und wie immer um diese Tageszeit bevölkern Hundehalter Strassen und Wege. Entlang von Autobahn und Eisenbahn strebe ich der Nordwestecke des Bielersees zu. Ein wüster Strassenviadukt zwängt sich durch Wohn- und Freizeitgebiete. Das Rauschen der vorbeifahrenden Autos ist trotz Lärmschutzwänden gut zu hören. Auf dem See schwimmen Hunderte von Enten. Am Horizont die Silhouette der St. Petersinsel und dem Städtchen Erlach. Auf ein Uferwäldchen folgt der nächste Yachthafen. Am nahen Zihlkanal frischer Biberfrass. Der Nager muss neu sein in der Gegend. Ein einziger Baum hat er sich bislang vorgenommen.

Mittlerweile habe ich den Zwei-Kilometer-Korridor verlassen. Die Binnenschifffahrtsverordnung lässt es leider nicht zu, den See mit einem Schlauchboot zu überqueren. Für einen Kilometer folge ich dem Kanal stromaufwärts, den steifen Wind nun von vorn. Die Justizvollzugsanstalt St. Johannsen rückt ins Blickfeld. Auf der Website des Kantons Bern lese ich zu Hause mit mulmigem Gefühl: «Willkommen in der Justizvollzugsanstalt St. Johannsen». Nach dem per Ende Oktober 2016 geschlossenen Jugenheim Prêles, ist dies die zweite Institution für aus der Norm gefallene Menschen, der ich begegne. Weitere Nachforschungen führen mich auf eine Website, die über das Museum St. Johannsen informiert:

«Im Jahr 1096 wurde auf dem Gebiet zwischen der Zihlbrücke, Erlach und Le Landeron die Benediktinerabtei St. Johannsen gegründet. Von 1528–1798 wurde die Abtei zum bernischen Landvogteisitz und diente ab 1883 als Strafanstalt für Männer und Frauen. Seit 1911 wird St. Johannsen als kantonales Massnahmenzentrum für Männer geführt. Die bewegte Geschichte der Anlage ist nicht ohne Spuren an ihr vorbeigezogen. Im historischen Teil des Zentrums wurde jedoch viel bewahrt. Im dort eingerichteten Museum werden Funde aus zahlreichen Ausgrabungen beherbergt. Hunderte von romanischen und gotischen Werkstücken sowie eine reiche Plan- und Bilddokumentation geben Einblick in das Bauwesen des Mittelalters.  Wer sich für das Bauwesen der romanischen und gotischen Epoche interessiert, ist hier am richtigen Ort.» Das Museum ist indes nur für Gruppen und auf Voranmeldung zugänglich.

Grün die Begrenzung des Zwei-Kilometer-Korridors. In der Mitte die Koordinate 574, der ich vom Pruntruter Zipfel bis ins Unterwallis folge.


Mit der Überquerung des Zihlkanals verlasse ich für den Rest dieser Etappe das französische Sprachgebiet, wechsle also über den vielzitierten Röstigraben in die Deutsschweiz. Kurz vor Erreichen des Bielersees hat mich mein Korridor wieder. Und beim Campingplatz von Erlach treffe ich auf die Koordinate 574, den roten Faden dieses Wanderprojektes. In Erlach ist dieses Jahr die 1962 gegründete Band Status Quo aufgetreten. Wenige Stunden nach meiner Erlacher Passage berichten die Medien, dass Rick Parfitt, der blondhaarige Gitarrist der Band, heute im Alter von 68 Jahren an einer Infektion gestorben ist.

Das im Sommer betriebsame Erlach ist wie ausgestorben. In einer Zick-Zack-Linie rücke ich in südlicher Richtung vor. Am Horizont sehe ich noch einmal die markante Silhouette des alten Ortsteils von Erlach mit dem Schloss. Leicht ansteigend nähere ich mich dem Aussichtspunkt St. Jodel. Ausgerechnet hier, auf dem höchsten Punkt der alten Strassen Ins–Erlach und Ins–Lüscherz–Biel, bläst der Wind am stärksten. Ums Jodeln ist mir also nicht zu Mute. Dafür erfahre ich, dass hier einst eine Wegkapelle stand, die an Theodorus aus Octodurus (Martigny) erinnerte, den ersten historisch fassbaren Bischof von Sion. Aus dem Namen Teodorus war Theodul geworden. Letzterer nennt man auch Joder oder eben Jodel. St. Jodel diente bis zum Ende des Alten Bern auch als Hochwacht. Der sogenannte «Chutz» wurde um 1800 entfernt.

In den Alpen herrscht noch Föhn, weshalb ich für einen kurzen Moment die Berner und Freiburger Voralpen sehe, ehe ich nach Ins gelange. Imposant die Kirchenanlage, vor allem weil sich das Pfarrhaus mitsamt den dazugehörigen Nebengebäuden mächtiger gibt als die eher bescheidene Kirche mit ihrem niedrigen Turm. Im Gotteshaus ist alles vorbereitet für den Weihnachtsgottesdienst. Beim Ausgang nehme ich mir «Ds Lukas-Evangelium bärndütsch». Das Büchlein ziert ein sitzender Junge. Gezeichnet hat ihn Albert Anker, der wohl berühmteste Inser aller Zeiten.

23. Dezember 2016

Klo des Monats

Zentrum Paul Klee, Bern

Seit nunmehr fünf Jahren fotografiere ich regelmässig Toiletten. Es gibt Menschen, die finden das anstössig, unpassend, daneben. Es konnte mir bislang niemand dieser Leute erklären, weshalb sie damit ein Problem haben. Die Fotos dokumentieren die Örtchen jeweils auf nüchterne Art. Immer ohne Menschen, denn es geht nicht um Voyeurismus. Manchmal lässt es sich nicht anders einrichten, so dass man mich auf einem Spiegel sieht, wie das Bild oben verdeutlicht. Kenner der Freud'schen Lehre mögen an mir vielleicht einen analen Komplex oder sonst einen zwanghaften Drang erkennen. Mir egal, denn es geht mir um Folgendes:

Toiletten sind in erster Linie innenarchitektonische Werke. Eine biologisch notwendige Einrichtung, in der wir uns in der Regel so kurz wie möglich aufhalten. Eine ganzer Wirtschaftszweig widmet sich der Herstellung und Ausstattung von Toiletten, ein anderer deren Reinigung und Unterhalt. Hunderttausende von Menschen weltweit verdienen ihr Brot mit der Reinigung von Gebäuden und somit auch von Toiletten. Was mich bei all dem interessiert: Wie gestaltet der Mensch das stille Örtchen? Welchen Stellenwert misst er ihm bei? Landauf, landab gilt das WC als Visitenkarte; sei es im privaten, halböffentlichen oder öffentlichen Bereich. Eine saubere und gestylte Toilette sagt ebenso viel über Besitzer, Betreiber und Nutzer aus, wie eine verlottert-unappetitliche.

Mit anderen Worten: Der Abort ist ein Kulturgut! Je schöner und sauberer, umso wohler fühle ich mich als dessen Benutzer. Die Toilette ist aber für viele auch ein Tabu, wie ich eingangs erwähnt habe. Dieses Tabu zu brechen ist mir ein Anliegen.

Der See als Spielverderber

Selten habe ich derart lange für die Durchführung einer Wanderetappe recherchiert. Dabei, stellt die Route von La Neuveville nach Ins beileibe keine technische Probleme dar, zumal die ganze Strecke von den Berner Wanderwegen ausgeschildert ist. In meinem Fall sieht die Sachlage indes ein wenig anders aus. La Neuveville–Ins ist die fünfte Etappe meines Projektes, die Schweiz entlang der Koordinate 574 von Nord nach Süd zu durchqueren. Und besagter Strich führt ausgerechnet durch den Bieler- und den Murtensee! Bereits beim Aushecken des Projektes war mir dies bewusst. Ich sagte mir damals, dass ich die zwei Gewässer ganz einfach per Kanu oder Schlauchboot paddelnd überqueren werde.

Also machte ich mich, da ich kürzlich in La Neuveville zu Fuss angelangt war, auf die Suche nach einem geeigneten Gefährt. Bedingung war, dass ich das Boot über Land im Rucksack oder gegebenenfalls in einem Anhänger mitführen konnte. Mein Herumsuchen im Internet trug tatsächlich Früchte. «Kajak Challenger K1» (Masse 274 x 76 x 33) hiess das Boot, brachte rund 6 Kilo auf die Waage und hätte im luftleeren Zustand gut im Trekkingrucksack Platz gehabt. Ich schaute mir YouTube-Filme an, die das handliche Gerät im Detail erklärten und über alle Massen lobten. Ich, die Nichtwasserratte frohlockte bereits. Ja, es begann ganz sachte nach Abenteuer zu riechen.
 
Mit diesem leicht zu transportierenden Einsitzer meinte ich, die zwei See-Passagen bewältigen zu können.
 
Doch dann kam mir der Gedanke, dass es bestimmt ein Gesetz geben müsse, das den Umgang mit Schlauchbooten, Kanus und dergleichen regelt. Fündig wurde ich in Gestalt der «Verordnung über die Schifffahrt auf schweizerischen Gewässern», kurz: «Binnenschifffahrtsverordnung» (BSV). Bei der Lektüre erfuhr ich unter anderem Folgendes:
  • Die Verordnung kennt insgesamt 23 verschiedene Fahrzeugarten. Vom Schiff mit Maschinenantrieb – dem sogenannten Motorschiff, über den Schleppverband, das Kursschiff, Segelschiff, Segelbrett, Ruderboot, Vergnügungsschiff, Drachensegelbrett, Schiff zu Wohnzwecken, bis hin zum Paddelboot, Vorrangschiff, Wassermotorrad, Tauchscooter und nicht zuletzt das Schlauchboot.
  • Ein Schlauchboot ist ein aus mehreren separaten Luftkammern mit oder ohne feste Bauteile bestehendes aufblasbares Schiff.
  • Ein Vergnügungsschiff ist ein Schiff, das zu Sport und Erholung verwendet wird und nicht ein Sportboot ist, denn …
  • … ein Sportboot ist ein Schiff, das dem Geltungsbereich der Richtlinie 2013/53/EU (EU-Sportboot-Richtlinie) untersteht, wobei die Definition des Wassermotorrades gemäss Ziffer 18 der BSV vorbehalten bleibt.
  • Das Schlauchboot zählt zur Kategorie der Strandboote.
  • Die zulässige Personenzahl für Schlauchboote wird mit der Formel P = S/0,45 berechnet, wobei S = die projizierte Fläche auf die Innenkante der Luftkammern in m² darstellt.
Der Artikel 42 führt unter dem Titel «Besondere Regeln» eine für mein Vorhaben entscheidende Bestimmung auf:
  • Schiffe, die kürzer sind als 2,50 m (Art. 16 Abs. 2 Bst. b), Strandboote und dergleichen (Art. 16 Abs. 2 Bst. c) dürfen nur in der inneren Uferzone (150 m) oder im Abstand von höchstens 150 m um sie begleitende Schiffe herum verkehren.
Und der erwähnte Artikel 16 besagt zum Thema «Kennzeichnung»:
  • Schiffe, die auf oder über einer Wasserfläche stationiert oder auf einem öffentlichen Gewässer eingesetzt werden, sind mit den von der zuständigen Behörde zugeteilten Kennzeichen nach Anhang 1a zu versehen. Davon ausgenommen sind:
  • a. Schiffe eidgenössisch konzessionierter Schifffahrtsunternehmen;
  • b. Schiffe, die kürzer sind als 2,50 m;
  • c. Strandboote und dergleichen;
  • d. Paddelboote, Rennruderboote, Segelbretter und Drachensegelbretter.
  • Schiffe nach Absatz 2 Buchstabe a tragen einen Schiffsnamen, der aus Buchstaben und Zahlen bestehen kann. Schiffe nach Absatz 2 Buchstaben b-d tragen gut sichtbar Namen und Adresse des Eigentümers oder Halters.
Das von mir ins Auge gefasste, aufblasbare Kanu ist zwar über 2,5 m lang, zählt aber nicht zu den Paddelbooten, wie z.B. das Kanu aus steifem Material, denn hier gilt:
  • Paddelboot: Ein von einem oder mehreren Doppel- oder Stechpaddeln mit menschlicher Kraft angetriebenes Schiff. Als Paddelboote gelten insbesondere Kanus, Kajaks, Kanadier, Faltboote und dergleichen. Sie gelten im Sinne dieser Verordnung als eine Untergruppe der Ruderboote. Ein Ruderboot ist demnach ein Schiff, das nur mittels Ruder, Tret- oder Handkurbel, Paddel oder auf ähnliche Weise mit menschlicher Kraft fortbewegt werden kann.
Mein Gefährt fällt folglich in die Kategorie der Strandboote:
  • Ein aus einer zusammenhängenden Luftkammer bestehendes Schlauch-, Vergnügungs- oder Badegerät, das aus einem trägerlosen, nicht verstärkten Werkstoff hergestellt ist. Luftmatratzen, Schwimmhilfen und dergleichen gelten im Sinne dieser Verordnung als Strandboote.
Der langen Rede kurzer Sinn: Eine Fahrt in direkter Linie (1,5 km) über den See, also von La Neuveville nach Erlach musste ich mir aus gesetzgeberischen Gründen aus dem Kopf schlagen. Eine Paddlerei in Ufernähe wäre die Alternative gewesen. Da ich in diesem Fall den von mir vorgegebenen Korridor dennoch hätte verlassen müssen, betrachtete ich es als sinnvoller, die Paddelübung abzublasen und die Strecke gänzlich zu Fuss zurückzulegen. Dasselbe gilt gleichsam für die übernächste Etappe von Ins nach Murten.

Der See als Spielverderber für die queren Ideen eines Fussgängers? Man mag vielleicht einwenden, dass nicht der See das Problem darstelle sondern der Gesetzgeber. Ich bin der Meinung, die Schuld trägt dennoch der See, denn ohne See keine Binnenschifffahrtsverordnung!

Wie dem auch sei: Das Vorgeplänkel auf die zwei anstehenden Abschnitte hat mir wenigstens die rechtliche Situation auf unseren Gewässern näher gebracht, ebenso ein interessantes Boot, das mir vielleicht bei anderer Gelegenheit doch noch dienen könnte. Mal schauen.

22. Dezember 2016

Das Freudenkind

Katharina Zimmermann: Das Freudenkind,
Zytglogge, Oberhofen, 2003
Katharina Zimmermann, die als Kind selber die Zeit des Zweiten Weltkriegs erfahren hat, lebt in Gedanken mit Angelika und dem jungen Staš und sieht hinter den vordergründigen Bildern der Reise nach Siennów langsam die Liebesgeschichte entstehen, die im Winter 1942/43 in einem Truber Schulhaus bei einer Mozartsonate ihren Anfang nahm. Der Autorin gelingt es wiederum unnachahmlich, ein Geflecht von genau recherchierter Zeitgeschichte und einer persönlichen, grenzüberschreitenden Biografie herzustellen.

BE: Stadt Bern, Dürrenroth, Trub, Twärengraben GR: Tomülpass NE: Le Locle, Les Brenets

Anmerkung
Unter dem Label Schauplätze stelle ich in lockerer Folge belletristische Werke und die darin vorkommenden Schauplätze vor. Weshalb nach der Lektüre eines Romans nicht einmal den Schauplatz im Original besuchen? Es eröffnen sich einem unter Umständen neue Welten.

13. Dezember 2016

Von Casanova bis Churchill

Barbara Piatti: Von Casanova bis Churchill,
Verlag Hier und Jetzt, Baden, 2016
Neulich zu Ende gelesen: Ein wunderbar geschriebenes Buch von Barbara Piatti: «Von Casanova bis Churchill». Das Werk gibt Aufschlüsse darüber, wie namhafte Persönlichkeit die Schweiz bereist haben und was sie dabei empfanden. Eine wahre Fundgrube an für mich bislang unbekannten Fakten. Das Buch wird mir zudem als Motivation für mein aktuelles Buchprojekt «Betäubt und von Schauern durchbebt» dienen, dessen Ergebnis im Frühjahr 2018 erscheinen soll und sich auf die Wanderspuren bekannter und weniger bekannten Schweizreisender begibt.

11. Dezember 2016

Faltenwandern

Gestern entsprach ich meinem Drang, quer zu gehen: Fortsetzung des Projektes, die Schweiz entlang der Koordinate 574 von Nord nach Süd zu bewandern. Etappe 4 führte mich von Cortébert im Vallon de St-Imier über die Chasseral-Krete und das Plateau de Diesse nach La Neuveville am Bielersee.

Raschellaub und knackende Buchnüsschen – die vorherrschende Kälte hatte sie steif gefroren – im verschatteten Aufstieg zu Beginn. Satte Sonne und himmlisches Blau nach der ersten Steilstufe. Was folgte, war ein stetes Auf und Ab bis zum Kulminationspunkt auf dem Chasseral-Grat. Der Tribut an das Quergehen im Faltenjura. Am südlichen Horizont zeigten sich die Alpen, davor überdeckte zäher Nebel das bedauernswerte Mittelland. Je höher ich stieg, umso wärmer wurde es. Windstille und Stille allenthalben. Kurz vor La Neuveville, eintauchen in den Nebel. Rebberge, französisch anmutendes Altstädtchen, der See grau in grau. Müde. Zufrieden.

In der Mitte die Koordinate 574, begrenzt von einem je 1 km breiten Korridor zu beiden Seiten.
Gepunktet die weglosen Abschnitte.




7. Dezember 2016

Dem eigenen Leben auf der Spur

Felix Bernhard: Dem eigenen Leben auf der
Spur, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M,
2008
Allen Widerständen zum Trotz pilgerte Felix Bernhard drei Mal auf dem Jakobsweg und machte das Unmögliche möglich: 2450 Kilometer hat er auf dem Pilgerweg inzwischen zurückgelegt. er überwand steile Pässe und endlose Ebenen unter sengender Sonne und in strömendem Regen. Alleine und – im Rollstuhl. Mit dieser Pilgerreise lässt sich Felix Bernhard jedoch nicht nur auf ein waghalsiges Abenteuer ein: Sie wird zur Reise seines Lebens. Klappentext

15. November 2016

Aller guten Dinge sind zwei

Soeben aus der Druckerei angeliefert: die 2. Auflage meines Buches «Aargau rundum»! Ich erzähle darin, wie ich in 20 Etappen möglichst nahe der Aargauer Kantonsgrenze eine aussergewöhnliche Route beging. Diese führte mich meist durch unbekanntes Niemandsland, aber auch durch wüste Industriezonen im Limmattal oder im Meditationsmodus tagelang dem Rhein entlang. Die aktuelle Ausgabe ist komplett neu aufgemacht und enthält nebst zusätzlichen Texten zahlreiche ganzseitige Farbfotos, welche die Kantonsgrenze aus spezieller Perspektive dokumentieren. Ein längeres Kapitel widmet sich der spannenden Geschichte des Aargaus sowie dessen Schriftstellerinnen und Schriftstellern.

24. Oktober 2016

Mitteilung

Liebe Blogleserin, lieber Blogleser

Der Schrittler macht derzeit Blogpause. Er tut dies, weil er vermehrt für seinen Verlag, die Edition Wanderwerk, tätig ist. Ein Verlag, der sich zu 100 Prozent selber finanziert, also keine Gelder von der öffentlichen Hand erhält. Und weil dies auch in Zukunft so sein soll, freut sich der Schrittler über Menschen, die die Edition Wanderwerk mittels Buchkäufen unterstützen.

Herzlich grüsst aus der Verlagsstube

René P. Moor
Freischaffender Fussgänger

www.wanderwerk.ch

19. Oktober 2016

Fyrobe

Jakob Käser: Fyrobe; Sauerländer, Aarau,
1939 (vergriffen)
Dieses, anno 1939 erschienene Buch des liebenswürdigen, mit seiner Oberaargauer Heimat tief verwurzelten Dichtes, der seine Feder während Jahrzehnten ebenso gewandt führte, wie er an der Esse seiner Schmiede in Madiswil kraftvoll seinen Hammer schwang, erschein – gewiss zur grossen Freude der vielen Leser des Dichters – im Verlag Sauerländer, Aarau, in zweiter Auflage. Beim Erscheinen des «Fyorbe» (1939) ist von verschiedenen Seiten an dessen Titel herumgerätselt worden. Diesen gewählt hat Jakob Käser, der anno 1954 als wohlverdiente Anerkennung für seine gemütvollen Mundarterzählungen und tief beseelten Gedichte mit dem Literaturpreis der Stadt Bern ausgezeichnet wurde, deshalb, weil er keines seiner Bücher während der Arbeitszeit schrieb, sondern alle nach Feierabend und an Sonntagen. Vielleicht geht gerade deshalb vom «Fyrobe» ein eigenartiger Zauber aus, der jeden Leser beglückt. Die Bücher Jakob Käsers gehören zu denjenigen, die man gerne immer wieder vom Bücherregal nimmt, sich aufs Neue in sie vertieft und an ihrem bodenständigen Gehalt freut. (Klappentext)

BE: Madiswil, Kleindietwil, Lotzwil, Heimberg LU: Entlebuch TI: Monte Brè, Lugano VD: Fontaines-sur-Grandson

17. Oktober 2016

Die Mieze vom Trub


Gestern, mitten im Flecken Trub, nach gut vier Stunden herbstlicher Wanderung von der Lüderenalp her.

14. Oktober 2016

Fluors, Glüm und andere Engadiner Spezialitäten

Angelika Overath: Gebrauchsanweisung
für das Engadin
, Piper, München, 2016
Wer hat nicht schon einmal das lange Hochtal jenseits von Albula, Julier und Flüela besucht – die romantische Landschaft der Sehnsüchte und des unglaublichen Lichtes. Das Tal der Lärchen, der Steinböcke und der Reichen und Schönen. Aber auch das Tal der Abwanderer und Heimkehrer – der Randulins. Alle waren wir in St. Moritz, Pontresina, Samedan, Zernez. Wir spähten nach Hirschen im Nationalpark und kauften vor dem Nachhausefahren eine zünftige Nusstorte oder ein Birnbrot. Alle hatten wir Freude, wenn irgendwo ein paar Brocken Rätoromanisch zu hören waren. Für einige dient die Gegend als Sportgerät: zum Langlaufen, Biken, Wandern, Bergsteigen, Skifahren oder Windsurfen. Schön und gut, aber kennen wir das Engadin? Kennen wir es wirklich?

Die Deutsche Angelika Overath ist vor neun Jahren mit ihrer Familie von Tübingen nach Sent im Unterengadin gezogen. Über das Leben im Bilderbuchdorf hat die Autorin ein beeindruckendes Buch geschrieben, das 2010 unter dem Titel «Alle Farben des Schnees» (Luchterhand) erschienen ist. Mit der «Gebrauchsanweisung für das Engadin» legt Overath nun ein Werk vor, das einerseits nahtlos an ihre Erzählform von «Alle Farben des Schnees» anknüpft, thematisch jedoch das gesamte geografische Spektrum des Engadins abdeckt. In unzähligen Reportagen führt die Autorin nahe ans Geschehen heran, lässt den Leser an der fachgerechten Herstellung von Capuns oder Plain in Pigna teilhaben, entführt ihn an ein intimes Jazzkonzert im Badrutt’s Palace Hotel in St. Moritz oder nimmt ihn mit in einen der zahlreichen Chöre, die im Tal der mehrstimmigen Gesangskunst frönen.

Angelika Overath wühlt in der Bündner Geschichte, schreibt über Ziegen und Zuckerbäcker, die Mineralquellen, den Inn, das Bergell, das Rätoromanische, die Cumün – die Gemeinschaft innerhalb einer Gemeinde, die Engländer, den Herbst, den Schnee sowie die grosse Artenvielfalt an wild wachsenden Blumen und Pflanzen. Letztere sind selbst den Einheimischen derart wichtig, dass im Unterengadin sogar Wiesenmeisterschaften veranstaltet werden. Motto: Wer hat auf 4 x 4 m² Wiese am meisten verschiedenartige Fluors – Blumen?

Und Glüm? Glüm heisst Glanz und dieser ist im Engadin in unzähligen Schattierungen und zu den unterschiedlichsten Tageszeiten anzutreffen. Indes ist nun auch das Engadiner Literaturwerk mit Angelika Overaths «Gebrauchsanweisung für das Engadin» um einen Glanzpunkt reicher und bietet selbst für eingefleischte Kenner die eine oder andere Novität.

11. Oktober 2016

Risigässli

Dieses exotische Strassenschild steht, wie es die Anschrift verrät, am Schlossberg. Weshalb die Stadt Thun ausgerechnet beim Risigässli auf ein offizielles blaues Schild verzichtet, ist schleierhaft und somit eines der vielen Thuner Mysterien. Immerhin stellt der Schlossberg mit seinem Schloss das Thuner Wahrzeichen dar. Und nun muss der Hügel auch noch für den Bau eines unterirdischen Parkhauses herhalten. Als hätte die Stadt nicht schon genug Autoverkehr zu schlucken ... Den Thunern scheint demnach nur noch eines heilig: der Fulehung.

10. Oktober 2016

Rosenweg (Lauenen)

Den Rosenweg gibt es in der Gemeinde Thun gleich zweimal: im Lauenenquartier und am Strättlighügel. Das hier gezeigte Schild stammt aus dem Lauenenquartier. Nach demjenigen am Strättlighügel habe ich bereits zweimal vergeblich gesucht, doch weil steter Tropfen den Stein höhlt, werde ich mir den Hügel und seinen Rosenweg noch einmal vorknöpfen.

9. Oktober 2016

Rösslimatte


Anlässlich meiner Begehung sämtlicher Strassen, Wege und Pfade der Gemeinde Thun habe ich auch alle Strassenschilder fotografiert. In dieser Serie unter dem Label «Thun total» präsentiere ich das Resultat. Hinter einigen Strassennamen verbergen sich interessante Geschichten, auf die ich an dieser Stelle gerne näher eingehe.

8. Oktober 2016

Aber den Kirschbaum, den gibt es

Walter Matthias Diggelmann: Aber den
Kirschbaum, den gibt es, Benziger, Zürich
1975; dtv, München, 1982 – vergriffen
Wenn man von sich selbst nur noch in der dritten Person sprechen kann, hat man offensichtlich einen gefährlichen Grad von Entfremdung erreicht. In diesem Roman, der in ebenso viele Ehe, Berufs- und Selbstmordgeschichten zerfällt wie das Ich des Erzählers, versucht ein Mann um die Fünfzig, sich selbst zusammenzufügen, die Wahrheit über sich selbst zu erfahren. (Klappentext)

TI: Lugano, Bissone VD: Lausanne, Echallens ZH: Stadt Zürich F: Paris

Unter dem Label «Schauplätze» stelle ich in lockerer Folge belletristische Werke und die darin vorkommenden Schauplätze vor. Weshalb nach der Lektüre eines Romans nicht einmal den Schauplatz im Original besuchen? Es eröffnen sich einem unter Umständen neue Welten.

6. Oktober 2016

So etwas wie die Eier legende Wollmilchsau


Im  Gotthelf-Dorf Lützelflüh ist die Zeit nicht stehen geblieben, wie ich neulich feststellen musste. Der Erfinder dieser Mischung aus Karette, Bänkli und geblümten Tröglein hat sich so einiges überlegt, als er dieses Teil schuf.

5. Oktober 2016

Slow Food war gestern, Spazieren auch

Stephen Sokoloff, Walter Lanz: SlowFoot
Wanderungen Böhmerwald/
Bayerischer Wald
, Styria Verlag, Wien/
Graz/Klagenfurt, 2015, 180 Seiten
«Endlich ein Wanderbuch für Herz, Hirn und Körper! Eine Anleitung zu beschaulichen, genussreichen Wandererlebnissen …» Mit kernigen Worten eröffnen Stephen Sokoloff und Walter Lanz ihren 2015 im österreichischen Styria Verlag erschienen Wanderführer «Slow Foot Wanderungen Böhmerwald, Bayerischer Wald». Klingt nach der ultimativen Neuerfindung des Wanderns, dachte ich mir, als mich das Angebot erreichte, dieses Werk zu besprechen. Wandern 2.0 sozusagen, und dies in einer Zeit, in der nun wirklich alles über das Wandern gesagt und geschrieben worden ist. Dennoch hat mich die Neugierde gepackt. Wer derart auf sich aufmerksam macht, hat ein Versprechen einzulösen.

So ist denn im einleitenden Kapitel von «kleinen Entdeckungsreisen abseits sportlichen Ehrgeizes» die Rede; von «sich Zeit nehmen», vom «Nachspüren der Geheimnisse der Natur und der Geschichte», von «Menschen, auf die man sich einlässt, die einem unterwegs begegnen» und von der «Gastronomie, die gross geschrieben wird». Dies geht am Besten, so die Autoren, wenn sich der Wanderer «entschleunigt und sein eigenes Tempo findet», ergo langsamer geht als der «Normal»wanderer. Dennoch sollen im Slow-Foot-Modus «äussere und innere Grenzen überschritten» werden. Die äussere Grenze bezieht sich auf die geopolitische Situation der beschriebenen Region, also auf das Dreiländereck Bayern – Oberösterreich – Tschechien, in der die 30 beschriebenen Slow-Foot-Wanderungen angesiedelt sind. Das Überschreiten dieser Gemarkungen wird als Überwindung von inneren Grenzen betrachtet. Von einer «Herausforderung» ist die Rede, damit «Neues entdeckt und der eigene Horizont erweitert» werden kann.

Wer sich diesem Führer anvertraut und auf Leistung aus ist, wird enttäuscht sein, denn die vorgeschlagenen, mit vielen Hintergrundinformationen versehenen Routen richten sich mit moderaten Längen von 1 bis 15 km und zu bewältigenden Höhenunterschieden von maximal 350 Metern in erster Linie an Familien mit Kindern, Senioren und gesundheitlich leicht beeinträchtigte Menschen.

Mein Fazit: «Slow-Foot-Wanderungen Böhmerwald/Bayerischer Wald» ist nicht die insgeheim erhoffte Revolution in Sachen Wandern, propagiert das Buch doch einfach die althergebrachten Sparten Spazieren, Flanieren, Promenieren, garniert sie mit kulturellem und gastronomischem Inhalt sowie mit den für jeden Wanderführer obligaten Informationen.

2. Oktober 2016

Vom Wolf, der den Stewi anheult


Nun sind auch sämtliche Gemeinden des Kantons Schaffhausen begangen. Gestern wanderten wir von Thayngen durch den Reiat nach Schaffhausen: Vorbei an der prähistorischen Höhle des Kesslerlochs, später durch die Dörfer Stetten und Büttenhard, wo ich im Vorgarten eines Wohnhauses einen Wolf in arttypischer Pose entdeckte. Spontan ahmte ich sein Geheul nach und prompt bemühte sich eine Bewohnerin nach draussen, um nach dem Rechten zu sehen. «Ihr Wolf gefällt mir», sagte ich. Er sei halt schon ein wenig abgeblättert, meinte die Wolfsmutter und schob nach, dass sie ihn deshalb über den Winter hereinnehme. Wölfe sind auch nicht mehr, was sie einst waren. Wouuuuuuuhhhh!

Rufeliweg


29. September 2016

Ach Wallis!

Das Wallis hat wieder einmal meine hartnäckige Meinung bestätigt: Licht und Schatten wechseln sich ab im Stundentakt. Die Rede ist von unglaublich schön und potthässlich. Vergangene Woche war es, als wir vom Mattmark-Stausee nach Saas Balen gingen. Begonnen hatte es mit Licht, und zwar in zweierlei Hinsicht. Herrschte in Saas Almagell noch morgendlicher Schatten, schien die Sonne bereits auf den Staudamm der Mattmark. Der mit Geröllsteinen errichtete Damm fügt sich harmonisch in die Landschaft ein. Ein Hingucker auch das Restaurant. Ein heller Raum mit 270-Grad Panoramasicht, einem originellen Boden und schönem Mobiliar. Wir waren rundum begeistert.

Begeisterung herrschte auch auf dem Abstieg. Der Weg mied wenn immer möglich die Strasse. Noch waren die Lärchen saftig-grün, und wir stellten uns vor, wie das in einem Monat aussehen muss, wenn alles golden leuchtet. Total verzückt waren wir auf dem Abschnitt Eiu Alp–Zer Meiggeru. Märchenhafter Wald und viel grobes Geröll. Mitten hindurch ein Pfad. Traumhaft! Auf der Höhe von Saas Almagell – die Sonne hatte mittlerweile das Dorf erreicht – trübte sich das Bild. Welch ein stilloser Mix an Architektur! Wir waren froh, auf der Spazierautobahn sanft Richtung Saas Fee anzusteigen. Es herrschte «Grüezi-Verkehr» ohne Ende.

Auf dem Abschnitt zwischen Eiu Alp und Zer Meiggeru, oberhalb von Saas Almagell (VS)


Die Faust aufs Auge dann kurz vor Saas Fee: Eine vermeintliche Fata Morgana entpuppte sich als brutale Realität: das Parkhaus! Welch ein Crème-Schnitten-Beton-Fetischist von einem Architekten! Dasselbe gilt natürlich auch für die Behörde, die ein derartiges Monstrum auf 1800 Metern über Meer zum Bau frei gibt. Wäre ich an der Macht, ich hätte in Visp ein Mega-Parkhaus in den Fels treiben lassen und den Postauto-Viertelstundentakt ins Saastal  angeordnet. Und ja, ich musste gerade pausenlos an Franz Hohlers Die Riesen im Parkhaus denken.

Saas Fee autofrei? Na ja.


Nicht weniger absurd ging es  weiter. Wir teilten uns für wenige Meter den Weg mit Gestalten eines anderen Planeten. Dieser heisst bescheiden Mittel Allalin und wird von Sommerskifahrern bewohnt, die nach vollbrachtem Tagwerk per Metro und Kabinenbahn zurück zu Mutter Erde reisen. In Astronautenbekleidung, mit überdimensionierten Rucksäcken und Skis beladen schleppen sie sich durch das ehemalige Bergbauerndorf, vorbei an den typischen Stadeln aus alten Tagen. Wir kamen uns vor wie Ausserirdische auf Marsbesuch.

Und so trägt ein jeder Mensch sein Kreuz ...


Der totale Kontrast und wieder Wallis vom Feinsten 100 Meter weiter: der Kapellenweg. Er beginnt bei der Terrasse der futuristisch anmutenden Jugendherberge und war, nebst dem oben erwähnten Abschnitt Alp Eiu–Zer Meiggeru, das Glanzlicht dieser Wanderung. Ein zwei Meter breiter Weg, hoch über der Schlucht der Feevispa, zieht sich über zum Teil bemerkenswerte Gletscherschliffe hinab ins Haupttal nach Saas Grund. Kernstück des Weges bildet die 1687 errichtete Wallfahrtskapelle Maria zur Hohen Stiege. Der sonderbar proportionierte Bau wurde 1747 mit einem offenen Vorbau erweitert. Allein schon die Lage der Kapelle auf einer lauschigen Geländeterrasse ist den Abstecher wert. 77 steinerne Stufen, sogenannte Monolithstaffeln von 1704 bilden eine imposante Treppe, die zur Kapelle führt. Der Weg ist mit insgesamt 15 bildstockartigen Kapellchen aus den Jahren 1708 bis 1711 bestückt. Der Schriftsteller Carl Zuckmayer notierte dazu: «Als wir, meine Frau und ich, an einem Juliabend des Jahres 1938 mit unseren Rucksäcken den Kapellenweg von Saas Grund nach Saas Fee hinaufwanderten, wussten wir nicht, dass wir heimgingen.» Zuckmayer erwarb 1957 im Ort ein Haus. Nach seinem Tod, 1977, wurde er daselbst begraben.

Die wunderbar gelegene Wallfahrtskapelle Maria zur Hohen Stiege unterhalb des Parkhauses von Saas Fee.

Einer der insgesamt 15 Bildstöcke des Kapellenwegs. Bemerkenswert die gut erhaltene Pflästerung.

25. September 2016

Zanskar im Val d'Hérens



Sie dauerte offiziell vom 2. Juli bis zum 28. August 2016, doch die Fotos sind noch bis zum 30. September zu sehen. Die Rede ist von der «Itinérance – Exposition de photos en pleine nature» hoch über dem Dorf Evolène im Val d'Hérens. Die Route ist etwa 3 km lang, begleitet von unzähligen Fotos im Mindestformat von 2 x 3 Meter, die auf Kunststoffplanen gedruckt jeweils zwischen zwei Lärchen aufgehängt sind.

Den Ausstellungsmachern – der Fotograf bleibt in den Ausstellungsinformation leider unerwähnt – geht es darum, auf das abgelegene, nordindische Himalaja-Tal Zanskar aufmerksam zu machen. 1998 hat sich im Kanton Jura die Vereinigung Rigzen-Zanskar zur Unterstützung von Zanskar gebildet. Sie trägt auch die Hauptverantwortung für die Freiluftausstellung, deren Fotos auf beeindruckende Art zeigen, welche Faszination von Landschaft, Kultur und Menschen Zanskars ausgehen. Ich war froh, als ich vergangene Woche auf dem Abstieg vom Col de la Meina nach Evolène einen Teil der Ausstellung zu Gesicht bekam.

Schafacherweg

Der Schafacherweg im Grüsisbergwald gehört zu den Exoten, was die offiziellen Strassenschilder von Thun anbelangt. Exot deshalb, weil die wenigsten Forstwege in der Gemeinde Thun beschriftet sind.