30. September 2020

Die vertauschte Angst

Gertrud Schneller: Die vertauschte Angst,
Thomas Verlag, 1953
Der dritte Roman der jungen Zürcher Schriftstellerin (Verfasserin der viel gelesenen Romane «. .. und ich lernte lieben» und «Keiner ist ohne Fehl») schildert in einer bis ans Ende spannenden Handlung die Sorgen und Nöte eines einfachen Mannes und einer einfachen Frau, die in ihrer schlichten Art für ihre Ehe, ihre Kinder und ihre Existenz kämpfen.

Eines Tages wird Walter Oswald, ein an der Welt und an Gott zweifeInder Mensch, durch. Den plötzlichen Verlust . seiner guten Stelle, von der für den modernen Menschen so charakteristischen Zukunftsangst befallen, die seine Lebensfreude lähmt und die bisherige Harmonie seiner Ehe gefährdet.

Diese Angst, durch die. Geburt des dritten Sohnes und die neuerliche finanzielle Belastung noch mehr gesteigert, treibt Walter Oswald, der im Grunde genommen ein guter, gerechter und anständiger Mensch ist, in den Bannkreis einer oberflächlichen und nur auf äusseren Erfolg eingestellten Frau; von der er sich dank seiner innern Sauberkeit wieder befreien kann. Auf der verzweifelten Suche nach Arbeit und Brot lässt sich Walter Oswald zu, einer asozialen Tat hinreißen, die ihn zwar von der materiellen Not befreit, aber dafür mit einer neuen Angst vor dem Gesetz und vor der ständig mahnenden Stimme des Gewissens belastet.

Die Autorin schildert mit hinreissender Lebendigkeit, wie Walter Oswald an der Seite seiner ahnungslosen Frau Anna; die durch ihren tiefen Glauben an. Gott die Schwierigkeiten des Lehens tapfer zu tragen weiss, seine Schuld zu verbergen sucht, bis er endlich, durch die innere Stimme des Gewissens getrieben, wieder den rechten Weg findet.
(Klappentext)

29. September 2020

Schweizer Geschichten

Urs Widmer: Schweizer Geschichten,
Diogenes, Zürich, 1977
Der Erzähler schwebt mit einer dicken Frau und einem Piloten im Ballon über das Land der Eidgenossen und landet da und dort in verschiedenen Kantonen. Er erzählt vom schweizerischen Familienleben, von den Gasthäusern, von Originalen und Streckenwärtern, Skitouristen und Liebespaaren. (Klappentext)

«Mit kritisch-distanziertem Blick verdichtet Widmer in seinen Kantons-Bildern Geschehnisse und Stimmungen, die sowohl skurril, phantastisch und versponnen sind als auch realitäts-, vor allem, wie man zugeben muss, mentalitätsnah.» Der Bund, Bern

«Urs Widmer: eine Art Schweizer Richard Brautigan.» Times Literary Supplement

«Aberwitziges Panorama eidgenössischer Perversionen, und eine sehr poetische Liebeserklärung an eine – allerdings utopische – Schweiz.» Zitty, Berlin

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Belletristik»).

28. September 2020

Festland

Markus Werner: Festland, dtv, München,
1998
«Uns trennten Welten und doch nur fünfzehn Tramminuten.» Sie leben in Zürich, doch Vater und Tochter haben keinen Kontakt. Erst als sich beide an einem Wendepunkt befinden, gehen sie aufeinander zu: der «Bürobiedermann» Kaspar Steinbach und die nichtehelich geborene Julia, die soeben ihr Studium abgeschlossen hat. Was sie mit ihrem fremden Vater erlebt und von ihm zu hören bekommt – unter anderem die Geschichte ihrer Entstehung –, ist für die junge Frau so abenteuerlich und verwirrend, daß sie es aufschreiben muß ... «Das Dokument einer Irritation ... ein kleines Juwel von kaum 140 Seiten Länge, eine Lebensmelodie ohne einen falschen Ton.» Lutz Hagestedt im Rheinischen Merkur

LU: Stadt Luzern I: Orta San Giùlio, Ortasee, Florenz A: Wien Dom Rep: Santo Domingo

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Belletristik»).

27. September 2020

Schachmatt

Otto Steiger: Schachmatt, Pendo, Zürich,
1996
Kommissar Borel und Detektiv Farner erhalten den Besuch von Herrn Rohrer, dem Inhaber einer Transportfirma in Greifensee. Man schicke ihm Drohbriefe, berichtet er, man wolle ihn ermorden. Die beiden lesen einen der Briefe, aber ihre Erfahrung in derlei Dingen zeigt ihnen, dass es sich nicht um einen echten Drohbrief, sondern bloss um einen schlechten Scherz handelt.

Wenige Tage später ruft Frau Rohrer an. Ihr Mann sei gestern Nacht ermordet worden. Kommissar Borel und Detektiv Farner fahren nach Greifensee. Rohrer liegt tot auf seinem Bett. Erschossen. Eine Waffe lag nicht da, sagt die Hausangestellte, die den Toten zuerst gesehen hat. Die erste kurze Untersuchung von Borel und Farner zeigt, dass einiges auf den Verfasser der Drohbriefe deutet. Anderes allerdings bleibt unklar und verwirrend. Wieso hat Rohrer am Vortag viel Geld aus der Firmenkasse genommen, ist aber nicht nach Evian gefahren, wie er es beabsichtigte?

Und wo war Rohrers Hund, der sonst immer bellte, wenn jemand durch den Garten auf das Haus zukam? Borel und Farner ahnen, dass ihnen noch harte Arbeit bevorsteht, um diesen merkwürdigen Fall aufzuklären. Wenn es ihnen überhaupt gelingt, ihn je aufzuklären.
(Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Kriminalromane»).

26. September 2020

Das Sargbukett

Peter Zeindler: Das Sargbukett, Arche,
Zürich, 1992
Hamburger Friedhöfe, eine zwielichtige Trauergesellschaft, Gedenkstunden in einem Nobelhotel und im Mittelpunkt: Sophie, charmant und couragiert, an die siebzig, zierlicher als Miss Marple, aber nicht weniger forsch.

An diesem Tag hat Eugen, Sophies zunehmend verwirrter, aber millionenschwerer Gatte, wieder einmal nicht nach Hause gefunden. So macht sich Sophie auf die Suche, im Kostüm, auf hochhackigen Lackschuhen, die gummibesohlten Ersatzschuhe für alle Fälle in der Tasche.

Im Cafe Überseebrücke am Hafen trifft sie ihren Mann nicht mehr, macht statt dessen die Bekanntschaft eines jungen Studenten in Motorradkluft – und einen mysteriösen Fund: Eugen hat ein Sargbukett aus Nelken liegengelassen. Den . feuerroten Helm auf die silbernen Löckchen gestülpt, den engen Rock geschürzt, nimmt Sophie mit Stephan, – ihrem «silbernen Ritter», auf dessen majestätischer Harley Davidson die Spur des Sargbuketts auf ...

Peter Zeindler, vierfacher Krimipreisträger, hat einen neuen, amüsanten und; spannenden Kriminalroman geschrieben
. (Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Kriminalromane»).

25. September 2020

Brot und Steine

Otto Locher: Brot und Steine: Locher-
Verlag, Konolfingen, 1977
Bethli warnt vor dem Vorhaben. Ihr Mann Fritz ist uneinsichtig, ehrgeizig und erliegt dem Geldwahn. Nicht einen Millimeter weicht der Selbstbewusste von seinen Plänen ab. Es kommt zur Katastrophe. Bethli wird vorerst Kreuzträgerin, hält es aber mit der Zeit nicht mehr aus und gibt die Scheidung ein. Die Nachbarin Christine stützt ihre Freundin. Sie hatte ein Ziel: Ehe und Hof müssen gerettet werden.

Eines Tages meldet sich der frühere Theologiestudent, der an seiner Liebe gescheitert war und nun als namenloser Wanderer mit seinem Bücherkarren von Haus zu Haus zieht. Er will mit seinen Büchern den Mitmenschen zu guter Literatur verhelfen. So kommt er auch auf diesen Unglückshof. Das Elend bedrückt ihn. Seit langem hat er sich zum Ziel gesetzt, den oft mürrischen und unglücklichen Menschen Botschaften der Freude und des Glücks zu bringen.

– Was ging nun nach dem Besuch des Namenlosen auf dem Grundguthof vor? 

– Wie lösten sich die Spannungen zwischen Bethli und Fritz?
– Brachte der Wanderer eine Wendung? (Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Belletristik»).

24. September 2020

Von Ajax bis Xerox

Andreas Lötscher: Von Ajax bis Xerox,
Artemis & Winkler, 1992, Zürich
Aspirin, Coca-Cola, Nylon oder Tempo – wer verbindet mit diesen Begriffen nicht ganz klare Vorstellungen? Sie sind fast zu Synonymen der entsprechenden Produktegattungen geworden, und dennoch handelt es sich eigentlich um schlichte Produktebezeichnungen. Wohl zum Leidwesen ihrer Produzenten machen nicht alle Produktenamen derart erfolgreich Karriere.

Dennoch: Markenartikel und ihre Namen spielen in unserer Konsumgesellschaft eine wichtige Rolle, begleiten unser Leben in Fernsehen und Kino, in Zeitungsanzeigen und auf Leuchtreklamen als sichtbarer, allgegenwärtiger Ausdruck des Kampfes um Marktanteile, den ihre Hersteller austragen. Der Name ist dabei ein ebenso einfaches wie wirksames Mittel der Unterscheidung, ein «Signal im Supermarkt» (Adolf Wirz), ohne das wir ratlos vor vollen Regalen stünden; ohne Produktenamen gäbe es den vielgelobten Markenartikel gar nicht.

Das Lexikon der Produktenamen vermittelt Einblicke in die seltsame Welt von rund 1500 Warennamen – vom Medikament bis zum Auto, vom Schuh bis zum Parfüm. Die sprachlich-semantischen Hintergründe können vieles verraten: sie können Aufschluss geben über Zusammensetzung und Wirkungsweise eines Produkts, sie können aber auch illustrieren, welche Hoffnungen geweckt oder befriedigt werden sollen, oder sie können auch aus purer Spielerei entstanden sein. Hier werden nicht in erster Linie die Marktstrategien der «geheimen Verführer» aufgedeckt als vielmehr ihre nicht minder spannenden Formen der Ausnützung sprachlicher Möglichkeiten von Ajax bis Xerox.
(Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Diverse»).

23. September 2020

Die Eisentreppe

Georges Simenon: Die Eisentreppe,
Diogenes, Zürich, 1988
Seit einiger Zeit schon verspürt Étienne Lomel heftige Magenschmerzen, die er sich nicht erklären kann. Lomel hat Angst, und diese Angst steht in engem Zusammenhang mit seiner Frau Louise, unter deren Pantoffel er steht und von der er seit seiner Heirat auch finanziell abhängig ist.

Es ist Louises zweite Ehe, und zu Lebzeiten ihres ersten Mannes war Lomel ihr Geliebter gewesen. Schon damals hatte Lomel Angst vor Louises Leidenschaft, den Liebesschwüren, die sie ihm entriss. Nie dürfe er sie verlassen, und eines Tages werde er sie heiraten. Louises Mann starb, «abgemagert bis auf die Knochen und kaum schwerer als ein zehnjähriges Kind», will die Concierge wissen. Lomel wollen diese Worte nicht mehr aus dem Sinn. (Klappentext)

F: Paris

22. September 2020

Blaui Blueme

Ernst Burren: Blaui Blueme, Cosmos, Muri b.
Bern, 2006
Seit über dreissig Jahren schreibt Ernst Burren Mundartgeschichten, die viel präziser als manche Lebensgeschichte, die zwischen Buchdeckel gepresst wird, Einblicke in unseren Alltag geben. In seinen oft beklemmenden, durch ihre poetische Genauigkeit aber auch befreienden Alltagsbildern liegt die Sprache wie eine dünne Haut über der Angst, Einsamkeit und Liebesnot der Menschen. Die dreissig neuen Geschichten beginnen bei einem, der seiner Frau partout keine Blumen heimbringen will, blaue schon gar nicht, und enden bei einem, der sich im Altersheim noch zweimal verliebt. (Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Berner Mundartliteratur»).

21. September 2020

Patriarchen

Alex Capus: Patriarchen, Knaus, München,
2006
Am 12. Dezember 1886 notiert Julius Maggi, Betreiber einer Mühle und seit Jahren mit Experimenten für gesunde Fertigkost befasst, das Rezept für ein Bouillon-Extrakt. Dieses Rezept blieb bis heute unverändert, ist streng geheim und wurde als Maggi-Würze weltberühmt. Alex Capus folgt Julius Maggi von den Anfängen als unermüdlich arbeitender Unternehmer bis zu seinem kurzen Lebensabend in den Armen einer schönen Pariserin. Er erzählt, wie aus dem Frankfurter Heinrich Nestlé der Schweizer Henri Nestlé wurde, und was ein paar schicke Pariser Damenstiefelchen, die Carl Franz Bally 1850 seiner Frau von einer Geschäftsreise mitbrachte, mit dem Bau der weltweit grössten Schuhfabrik zu tun haben. Der Bankier Johann Jacob Leu, der Uhrmacher Antoine Le Coultre, Heilmittelhersteller Fritz Hoffmann-La Roche oder der Chocolatier Rudolf Lindt – sie alle waren ungestüm, hartnäckig und weltoffen. Sie hatten einen Instinkt für Veränderungen, verschrieben ihr Leben einer Idee und liessen sich weder von Zweifel noch Misserfolg aufhalten. Gemeinsam war ihnen die Abneigung gegen jede Art von Grenzen, seien es familiäre, gesellschaftliche oder politische.

Alex Capus erweist sich auch in diesen feingeschliffenen, pointierten Lebensgeschichten als glänzender Erzähler. Er schildert hintersinnig, humorvoll, anschaulich, changiert gekonnt zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Bedingungen, unternehmerischen und menschlichen Abenteuern. Es entsteht das Panorama einer Epoche, in der Freiheit, Neugier und Mut über Unfreiheit, Denkverbot und Kleinmut triumphierten. (Klappentext)

20. September 2020

Schottland

Diverse Autoren: Merian – Schottland,
Hoffmann & Campe, Hamburg, Heft 4/XXXII
Das alte Wappen des Königreichs Schottland mit den bedeutungsvollen Initialen J R S, Jacobus Rex Scotiae, wurde zur «Antiquität», seit im Jahre 1707 Schottlands Eigenstaatlichkeit im Vereinigten Königreich Grossbritannien unterging. Doch der Traum von Unabhängigkeit bewegt noch immer viele Schotten – und nicht allein in den Fussball- und Rugby-Stadien.

Nüchtern und romantisch, ein Land mit zwei Seelen, so sieht Allan Massie seine Heimat, die unter einem ständigwechselnden Himmel spektakuläre Landschaften, aber auch mächtige Industrien und Supertechnik aufzuweisen hat. Seine Gesamtschau reflektiert zugleich schottische Wesensart.

Ein Croft ist ein Stück Ackerland, bis zu 30 Hektar gross. Und der darauf wirtschaftet, ist ein Crofter. Ein Kleinbauer also, der ein mühsames Leben führt, meilenweit entfernt von aller Schottenrockromantik: Und doch, die Crofter sind die echten Hochländer.

«Der schwarze Regen wird alles verzehren» prophezeite Brahan der Seher im 1. Jahrhundert. Ob er die Ölfunde in der Nordsee gemeint hat, die dem Land zwar Arbeitsplätze, aber auch etliche Probleme beschert haben?

Great Houses nennt man die Schlösser und feudalen Landsitze, in denen sich das künstlerische Ingenium des Landes am sichtbarsten manifestierte: eine Architektur von hohem, europäischem Rang. Heute erfordern sie hohe Aufwendungen. Fast alle sind deshalb – gegen gutes Geld – zu besichtigen.

The Queen's Highland Servant namens John Brown ist aus dem Leben von Queen Victoria nicht wegzudenken. «Beloved friend» nannte sie ihn auf seinem Grabstein. Aber gerade weil dieser schlichte Hochländer «der einzige war, der der Königin widersprechen konnte», wurde über ihn getuschelt. Wie sah die Wahrheit aus?

Der Laird vom Hügel des heiligen Zweigs – so müsste man den Namen eines schottischen Lairds (Lords) aus der Gegend von Perth übersetzen. Unter den Exzentrikern und Individualisten seines Standes nimmt er zweifellos einen ersten Rang ein. Roland HilI besuchte ihn auf seinem Familiensitz.

Scapa Flow ist für Briten wie Deutsche ein geschichtsträchtiger Name: Als am 21. Juni 1919 die einstige kaiserliche deutsche Flotte sich hier selbst versenkte, glitten innerhalb weniger Stunden 67 Kriegschiffe mit über einer halben Million Tonnen Wasserverdrängung auf den Grund der Bucht. Zwanzig Jahre später folgte ihnen die «Royal Oak».
(Kommentiertes Inhaltsverzeichnis anstelle eines Vorworts)

19. September 2020

Pestalozzis Berg

Lukas Hartmann: Pestalozzis Berg,
Ex Libris, Zürich, 1980
Lukas Hartmann, 1944 in Bern geboren, schildert lediglich eine kurze Episode aus Pestalozzis Leben: seinen sechswöchigen Kuraufenthalt im damals berühmten Gurnigelbad. Pestalozzi sucht dort Zuflucht, nachdem das Waisenhaus in Stans, das er geleitet hat, in ein Militärlazarett umgewandelt worden ist. Er wandert, in tiefen Depressionen, durchs sommerliche Gebirge und erinnert sich bruchstückweise an die Stanser Monate. Dieses Erinnern ist zunächst chaotisch; Bilder tauchen ungeordnet auf, verschwinden. Anna, die zänkische, ewig unzufriedene Frau, und Jacques, der epileptische Sohn, spielen hinein; Kindheitsszenen laufen nebenher; die Gestalt des Mädchens Kathrin zeichnet sich ab. Allmählich verdrängen präzise Gegenwarts-Wahrnehmungen die monologischen Erinnerungsfetzen.

Die Konfrontation mit den Badegästen macht klar, dass Pestalozzi sich dem Bürgertum nicht mehr zugehörig fühlt; von den Armen aber, von der ausgebeuteten Klasse, trennt ihn, allein durch seine Herkunft, eine unüberbrückbare Kluft. Er sitzt gleichsam zwischen Stuhl und Bank, heimat- und wurzellos: Der Willensentscheid, mit dem er sich den Armen zugesellen will, führt ihn letztlich in die Einsamkeit. Sein Verhältnis zur helvetischen Revolution, die er enthusiastisch begrüsst hat, ist gebrochen. Mit klarem Blick erkennt er, dass es dem Bürgertum nicht um Gerechtigkeit ging, sondern darum, sich die Privilegien des Adels zu verschaffen; an der Lage des untersten Standes hat sich wenig oder nichts geändert. Dennoch gelingt es ihm, seine Depression zu meistern; er zimmert sich eine neue Hoffnung zurecht: die Hoffnung darauf. dass ganzheitliche, alle sinnlichen und geistigen Fähigkeiten umfassende Bildung die Menschheit zunächst von innen her, dann auch in den politischen Strukturen zu revolutionieren vermöchte.
(Klappentext)

BE: Gantrischgebiet, Gurnigelbar NW: Stans

18. September 2020

Immer höher

Franz Hohler: Immer höher, AS Verlag,
Zürich, 2014
Franz Hohler ist ein ausdauernder Wanderer und passionierter Bergsteiger. In diesem Buch führt er die Leserinnen und Leser «immer höher» – von einem Gipfel wenige hundert Meter über Meer bis auf etliche Vier- und einen Fünftausender. Es ist ein angenehmes, ruhiges, fast beschauliches Wandern, Gehen und Klettern, mit offenen Augen und wachem Sinn: atmen, denken, sehen und auch schweigen. Dort hinauf, wohin es eigentlich «keinen Grund zu gehen gibt» und man trotzdem geht, dorthin, «wohin man nur mit Geduld kommt».

Auf einen Hausberg vielleicht, einen Traumberg oder einen Grat am Himmelsrand. Allein, zu zweit, selbdritt. Mit dem Sohn, mit seiner Frau Ursula, mit Freunden. Oder am Seil des Bergführers Adolf Schlunegger, mit Pickel und Steigeisen über Abgründe balancierend. Kein Bergdrama erzählt er, weder von Erfrierungen noch von Leichen oder dramatischen Rettungsaktionen ist die Rede, wie man es von alpinistischer Literatur erwartet. Immer höher steigt er, doch immer bleibt es «eine ganz gewöhnliche Bergtour».

Keine Heldenpose also. Dafür Poesie. Überraschende Beobachtungen, ergreifende Stimmungen. Der Eiger im Mondlicht, die Sonnenfinsternis auf dem Weisshorngipfel. Sein Blick vom Gipfel ist gelassen, aber nie unkritisch. Er stellt fest, wie die Gletscher schwinden, stellt sich vor, wie es sein wird, wenn es sie nicht mehr gibt. Wenn sich dafür die Siedlungen im Tal «wie Gletscher der Eiszeit» ausbreiten. Er kehrt gerne zurück ins Tal, nach einem Imbiss in einem Bergrestaurant vielleicht, beglückt und mit neuen Traumbergen im Kopf. «Darf man über so etwas überhaupt schreiben?», fragt er sich. Die Antwort ist – unter anderem – diese Sammlung von Erlebnisberichten, unspektakulär und doch so hautnah erlebbar, dass man wünscht, man wäre dabei gewesen, hätte mit ihm geplaudert und geschwiegen, beobachtet, Tee getrunken, Dohlen gefüttert.
(Klappentext)

17. September 2020

Matthias Berg

Yvette Z'Graggen: Matthias Berg, Lenos,
Basel, 1997
Die Reise der 24jährigen Genfer Studentin Marie nach Berlin im Juni 1994 ist eine Reise in die Vergangenheit: die junge Frau will ihren deutschen Grossvater – Matthias Berg – treffen, den sie nie gesehen hat. Endlich am Ziel, fehlt ihr der Mut, den alten Mann anzusprechen, den ihre Mutter so gehasst hat. Stattdessen beobachtet sie ihn in einem Park unweit seiner Wohnung und versucht, aus den Schilderungen der Eltern die tragische Familiengeschichte zusammenzusetzen. WeIche Rolle hat der Grossvater, der den Russlandfeldzug überlebte, im Krieg gespielt? Was geschah mit ihrer Grossmutter Beate, einer Widerstandskämpferin, die den Verdacht, ihr Mann sei ein Kriegsverbrecher, nicht loswurde? Weshalb konnte sich ihre Mutter Eva, die von zu Hause flüchtete und durch Heirat Schweizerin wurde, nie von der Vergangenheit lösen?

Zur Begegnung zwischen Grossvater und Enkelin kommt es nicht, aber die düsteren Lebensabschnitte des alten Mannes werden durch eine unerwartete Zeugin erhellt: seine Lebensgefährtin Lena. In ihrem zwölften Buch beschäftigt sich die bekannte Westschweizer Autorin Yvette Z'Graggen wiederum mit den seelischen Spätfolgen des Zweiten Weltkriegs. Entstanden ist ein eindrückliches Porträt von drei Frauen aus drei Generationen.
(Klappentext)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Belletristik»).

16. September 2020

Die Puppenfrau

Ingeborg Kaiser: Die Puppenfrau, orte-Verlag,
Zürich, 1982
Die Frau als Besitz- und Vorzeige-Objekt: das ist eines der Hauptthemen dieses Buches. Pupa verliert nicht nur an Leben im Eigenheim-Glück, sie vereist buchstäblich, in Räumen der Kälte, sieht sich von Einsamkeit und Wölfen umstellt. Doch die Erkenntnis, dass sie im Eis ihres Umfeldes mehr und mehr einfriert, wird möglicherweise zur Voraussetzung, Leben zu gewinnen. In Gedanken wird immer wieder durchgespielt, was war und ist und wie sehr Hoffnungen und Sehnsüchte zertrümmert wurden, die einmal das Mädchen Pupa begleitet haben. Ingeborg Kaiser, die mit dem Roman «Die Ermittlung über Bork» bereits ein eindrückliches Zeugnis über das monotone Schicksal einer Hausfrau vorgelegt hat, geht diesmal noch weiter: Ohne mit feministischen Vokabeln aufzuwarten – schliesslich sind zwei Menschen beteiligt, wenn Ehe beschlossen wird –, stellt sie gnadenlos jene erbärmliche Existenz bloss, die heute von vielen gelebt wird; versichert ist alles, nur Freude kommt niemals auf. Die Menschen erkalten, bevor die Spanne Zeit abläuft, die jeder von uns hat. «Die Puppenfrau» könnte manchen «Eingeeisten» zum Ausstieg bewegen. (Klappentext)

Moors Fazit: Ein vor femininem Selbstmitleid triefender Text, bestehend aus verstörenden Fragmenten, die dem Leser einiges an Grübelarbeit abverlangen, um einigermassen klaren Kopfes aus dem literarischen Schlamassel hinauszufinden. Der Roman erschien 1982, zu diesem Zeitpunkt war die Autorin 52 Jahre alt. Immerhin darf heute festgehalten werden, dass sich in der Genderfrage einiges zum Guten gewendet hat, zumindest in der westlichen Kultur. Unter diesem Gesichtspunkt, dürfte Ingeborg Kaisers Machwerk für literarisch intetessierte Soziolog/-en/-innen mit dem Hang zur Sozialhistorie von einem gewissen Intetesse sein.

15. September 2020

Blitzeis

Peter Stamm: Blitzeis, btb, München, 2001
Sie heissen Margarita, Stefanie und Urs, Lotta, Larissa oder Dylan. Sie leben in einem heruntergekommenen Backsteinhaus am Rand von Spanish Harlem in New York, stammen aus einem Dorf im schweizerischen Thurgau oder verbringen ihre tristen Tage in einer Lungenklinik nahe der Autobahn bei Hannover. Sie gehen in einer hellen Mondnacht im Eisweiher schwimmen, sie machen Kanuferien in Schweden und entdecken ein gekentertes Boot, oder sie verschwinden auf Block Island – wie Treibgut. ohne eine Spur zu hinterlassen.

Immer sind sie jung und unabhängig, einsam oder ein perfektes Paar, scheinbar. Immer sind sie auf der Suche nach etwas und finden doch nichts, stets gerät ihr Leben für einen Moment in Bewegung oder steht plötzlich still. Ebenso wie in «Agnes», seinem preisgekrönten Debütroman, zeichnet Peter Stamm auch in seinen Erzählungen realistische Porträts und scharfe Momentaufnahmen. Coole Liebesgeschichten in bewegten Bildern, die nie abgegriffen sind. Geschichten, die den Zeitgeist treffen, in der Peter Stamm eigenen «wunderbar ökonomischen, unaffektierten, ins Herz schiessenden Prosa (Facts).»
(Inhaltsangabe im Buch)

Peter Stamm, geboren 1963, studierte nach einer kaufmännischen Lehre einige Semester Anglistik, Psychologie, Psychopathologie und Wirtschaftsinformatik. Längere Aufenthalte in Paris, New York und Skandinavien. Seit 1990 freier Autor und Journalist. Verfasste mehrere Hörspiele, ein Theaterstück und arbeitet seit 1997 als Redakteur für die Literaturzeitschrift «Entwürfe für Literatur».

13. September 2020

Katzen

Patricia Highsmith: Katzen, Diogenes
Zürich, 2007
Die Katzen waren Patricia Highsmiths beständigste Begleiter durchs Leben. Bis zu sechs hatte sie aufs Mal. Sie lebten mit ihr und um sie herum, sie schliefen in ihrem Bett und sassen auf ihrem Schreibtisch. Und sie wurden immer wieder zum Thema ihrer schriftstellerischen und zeichnerischen Arbeiten. (Klappentext)

«Eine Katze macht aus einem Haus erst ein Zuhause. Zusammen mit einer Katze ist ein Schriftsteller weniger allein, und doch allein genug, um zu arbeiten. Mehr noch. Eine Katze ist ein wandelndes, schlafendes, sich stets veränderndes Kunstwerk.» Patricia Highsmith

«Neben der Literatur hatte sie schliesslich einst auch Zoologie studiert. Und es ist vielleicht dieser wissenschaftliche Blick der Tierforscherin, der Patricia Highsmith zu den genialen Diagnostikern des menschlichen Lebens gemacht hat, als die wir sie kennen und fürchten.» Gert Ueding / Die Welt, Berlin

«Würde einst die umfassende Literaturgeschichte der Tierliebhaber geschrieben, dürfte Patricia Highsmith nicht darin fehlen, ja sie wäre eine hervorragende Vertreterin. Während Menschen, vor allem ehemalige Freundinnen und Liebhaberinnen, in den persönlichen Aufzeichnungen der Autorin eher rauh behandelt werden, gilt Tieren der allergrösste Respekt. Es ist eine Achtung, die aus Kenntnis und Nähe rührt, nicht aus sentimentalen Affekten.» Paul lngendaay

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Belletristik»).

12. September 2020

Der Goalie bin ig

Pedro Lenz: Der Goalie bin ig, Der gesunde
Menschenversand, Luzern, 2010 
Ein Ich-Erzähler erzählt in Umgangssprache von seiner Lebenswelt in den 80er-Jahren. Der Goalie: Ein junger Mann aus einem Dorf im Mittelland, ein unerschöpflicher Geschichtenerzähler, ein ebenso naiver wie listiger Schelm, der im Erzählen lebt und darin auch immer wieder zu Fall kommt. Nach einer Gefängnisstrafe versucht der Goalie in Schummertal im Alltag wieder Fuss zu fassen, findet eine Gelegenheitsarbeit, verliebt sich in eine Serviererin und reist mit der Angebeteten nach Spanien – und trotzdem holen ihn die alten Geschichten immer wieder ein. So erfährt er nach und nach, wie er von vermeintlichen Freunden hintergangen wurde und als Sündenbock für eine weit grössere Geschichte herhalten musste.

Der Roman ist getragen vom inneren Monolog der Titelfigur und orientiert sich wie viele Texte des Bühnendichters Pedro Lenz am mündlichen Erzählen. «Mit ‹Der Goalie bin ig› beginnt eine vielversprechende Zukunft nicht nur des Spoken-Word-Romans, sondern auch einer neuen, vielseitigen Lesekultur», schreibt denn auch der Germanist und Mitherausgeber Daniel Rothenbühler.

«Der Goalie bin ig» wurde bisher ins Italienische (In porta c’ero io, Gabriele Capelli Editore), Hochdeutsche (Der Keeper bin ich, bilgerverlag), Schottische (Freight Books), Litauische (Balt-Art Verlag), Französische (éditions d’en bas), Ungarische (L’Harmattan), Lettische, Niederländische, Russische und Ukrainische übersetzt.
(Website des Verlags)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Berner Mundartliteratur»).

11. September 2020

Saure Suppe

Heidy Gasser: Saure Suppe, Orte, Zelg,
1994
Etliche Söhne und Töchter haben über ihre Mütter oder Väter geschrieben. In diesem Buch aber überlässt die Tochter das Wort fast ausschliesslich der Mutter. Ohne etwas zu beschönigen oder zu verändern gibt die junge Obwaldner Dichterin ihrer Mutter Gelegenheit, in einer kargen Sprache über ein ebenso karges Leben als Kind und junge Frau in der Steiermark zu berichten, ehe es in der Schweiz, in Lungern, seine Fortsetzung fand.

Gery Dillier meint dazu: «Erinnernd und erzählend durchbricht die Mutter das Dunkel erlittener Sprachlosigkeit.» Dies trifft zu. Mit ihrer «Sauren Suppe» übergibt Heidy Gasser der Öffentlichkeit ein eindrückliches und doch stilles Buch; es führt in eine Welt der Armut und Chancenlosigkeit, die es heute im westlichen Europa nicht mehr gibt, anderswo, etwa im Balkan, aber schon. Und das Wunderbare: Jeder Leser, jede Leserin liest wohl Seite um Seite in einem Zug, weil hier für einmal die Sprache dem Gegenstand entspricht und überdies jegliche Kommentierung entfällt, vielmehr Gewesenes und vermeintlich für immer Verlorenes ins Wort geholt und damit gerettet wird.
(Klappentext)

Heidy Gasser wurde 1957 in Lungern geboren und wuchs dort auf einem Bauernhof auf. Sie arbeitet heute als Arztgehilfin in Zug, schreibt Gedichte, Märchen, Geschichten und Kolumnen (für Tageszeitungen) in Hochdeutsch und im Dialekt ihres Dorfes. Sie zeigt auch Tonbildschauen mit Naturaufnahmen und Texten und stellt hin und wieder ihre Fotos aus. Bislang sind Gedichte und Geschichten von ihr in Anthologien erschienen, so auch in: «gredt und gschriebe» (Sauerländer, 1987), «Lungerer Gschichte und Sage» (Obwaldnerdytschi Gschichte, Bd.3, 1987), «Cher», ein Lesebuch zur Kunst am Bau (Musikaula Samen, 1989), «Menschenbilder» (Portraitbuch von Menschen in Obwalden, 1991), «Geschiebe» (Gedichte, Nussbaum, 1992).

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Lebensgeschichten»).

10. September 2020

Riegel

Elisabeth Altenweger: Riegel, Zytglogge, Bern,
1995
Ein Galeriebesitzer liegt tot ın einem Leiterwagen. Ein Lokalredaktor der Berner Tagesnachrichten findet unter den Kunstobjekten ein Ding, das sich als Zünder für Atomgranaten entpuppt. Und Edelgauner Krügl werden Laser-Zünder-Aktivatoren gestohlen. Ein Fall für Leo Leu also, Ressortleiter Wirtschaft des schweizerischen Nachrichtendienstes; die Zünder-Aktivatoren fallen unter das schweizerische Waffenausfuhrverbot.

Elisabeth Altenwegers Bern-Krimi entspinnt sich auf dem Parkett der Bundeshauptstadt Bern, spannend und vielfältig wie das Leben selbst. Neben dem amerikanischen und chinesischen Geheimdienst mischeln eine italienische Contessa mit Identitätsproblemen, ein rechtspopulistischer Schweizer Nationalrat, der deutsche Vizekanzler sowie die «Grüne Gegengewalt», eine Gruppe von Schweizer Umweltaktivisten, mit. Und immer wieder führen die Fäden zu Leo Leu, dessen Sorgen und Trachten sich vor allem auf zwei Sies rıchtet, die sein Leben bestimmen: eine Ex-DDR-Agentin und eine Katze. Doch «Aktion Riegel», eine internationale Bewegung wider den Rechtsextremismus, nimmt unerbittlich ihren Lauf.
(Klappentext)

BE: Stadt Bern und Umgebung, Grindelwaldgletscher

Seltenes Bild: Auf dem Schmutztitel steht eine persönliche Widmung der Autorin für den Berner Schriftsteller Alexander Heimann (1937–2003).

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Kriminalromane»).


9. September 2020

Der Spiezer

Klaus Schilling: Der Spiezer, Weber Verlag, Thun, 1998

Prospekte von Badestränden bringen mich nur sehr selten in Ferienstimmung. Meine Ferienziele sind meist Weinbaugebiete. Nein, nicht nur des feinen Weines wegen. Rebberge sind immer wunderschöne Ecken zum Verweilen. Ich denke dabei an die kalifornischen Weinberge, eingebettet in den malerischen Hügeln des Napa Valley. Wunderschön sind die mächtigen Terrassen am Duoro in Portugal. Ich denke aber auch an die kurzweiligen Fahrradstrecken entlang der Mosel und des Mains, wo man mit den grossen Flussschiffen um die Wette fahren kann. In gemütlichen Gasthöfen entlang der Rebberge kann man übernachten. Und immer gerne komme ich zurück zu «meinem» Rebberg.

Auch der Spiezer Weinberg ist eingebettet in eine wunderschöne Landschaft, eine Landschaft zum Verweilen, eine Landschaft zum Ferienmachen. Der Spiezer Rebberg, gezeichnet von geometrischen Rebreihen, umgeben von Gletschern, hohen Bergen und einem sauberen See, zeigt in den verschiedenen Jahreszeiten alle möglichen Farben und Stimmungen. Kitschige Sonnenuntergänge, Kumuluswolken in Hülle und Fülle, drohende Hagelzüge, schneeüberzuckerte Berglandschaft. Fast stündlich, oftmals schneller, wechseln die Farben in der reizvollen Landschaft. Da arbeiten zu dürfen ist doch wirklich ein Privileg.

Dieses kleine Buch soll den Leser einstimmen in die Schönheiten meines Berufes. Es spricht von der Arbeit, dem Schweiss und der Angst, die dahintersteckt, bis die Trauben in den Keller kommen. Dem Einwohner und dem Gast von Spiez diene dieses Büchlein zum Verständnis für einen wunderschönen Beruf, ausgeübt in einer wunderschönen Gegend. Es gibt schon einige Bücher über den Rebbau Spiez. Bücher des tausendjährigen Rebbaus und Bücher über den neuen Rebbau seit 1927. Das vorliegende Büchlein ist nicht der Geschichte gewidmet, sondern dem Rebenjahr. Die Natur kennt zwar die Jahreszeiten. Einen starren Kalender aber kennt sie nicht. Trotzdem bilden die zwölf Monate den Leitfaden für die Arbeiten, vorgestellt in Bild und Text. Zu jedem Monat ist eine kleine Anekdote angefügt. Wanderer, Kinder und Schlitzohren prägen eben unser Winzerleben.
(Aus dem Vorwort von Klaus Schilling, damaliger Reb- und Kellermeister)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Diverse»).

8. September 2020

Trockenmauern

Diverse Autoren: Trockenmauern, Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz, Steffisburg, 1996

Trockenmauern sind heute noch ein fester Bestandteil des Landschaftsbildes der Schweiz. Doch viele dieser ökologisch wertvollen Lebensräume von Tieren und Pflanzen sind bedroht. So gibt es zum Beispiel im Jura oder in der Bündner Herrschaft Hunderte Kilometer von Trockenmauern, die in einem schlechten Zustand sind. Wenn niemand Hand anlegt und für ihren Unterhalt sorgt, werden sie zerfallen – langsam, aber sicher.

Über viele Jahrhunderte und bis zum Ende der Fünfzigerjahre gehörte der Unterhalt der Trockenmauern zu den regelmässigen Arbeiten der Bauern. Sie nützten die ruhigen Monate mit wenig Feldarbeit dazu, die Mauern rund um ihre Felder und Weiden zu pflegen oder neu zu bauen. Doch mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft – und der durch die Industrialisierung bedingten Abwanderung vieler Arbeitskräfte in den Industrie- und den Dienstleistungsbereich – ist diese jahrhundertealte Tradition inzwischen beinahe völlig verschwunden. Die meisten Landwirte sind heute schon allein aus Zeit- und aus Personalmangel nicht mehr in der Lage, die Trockenmauern selber zu unterhalten. Zu diesem Problem kommen auch finanzielle Gründe hinzu: Moderne Zäune sind schneller – und damit bedeutend billiger – errichtet als Trockenmauern.

Diese Entwicklung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Deshalb hat die «Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz» (SUS) beschlossen, sich für den Wiederaufbau und den Unterhalt der Trockenmauern zu engagieren. Denn diese stummen Zeugen vergangener Handwerkskunst, diese «Chinesischen Mauern Europas», in denen unzählige Kleinlebewesen ein Zuhause finden, gefallen uns. Sie zu erhalten, ist eine Aufgabe der Allgemeinheit, eine Aufgabe des Natur- und Landschaftsschutzes geworden.

Die Suche nach einem Spezialisten, der uns in die Geheimnisse der Bautechnik einführen könnte, hat uns quer durch Europa geführt. Denn in der Schweiz gibt es nur noch wenige Fachleute, die eine Trockenmauer nach allen Regeln der Kunst bauen können. In Schottland, wo diese Handwerkskunst noch eine gepflegte Tradition ist, stiessen wir schliesslich auf Richard Tufnell. Der hervorragende Trockenmaurer und humorvolle Lehrer hat uns nicht nur sein Wissen vermittelt und uns gezielt im Bau von Trockenmauern ausgebildet. Dank seiner Unterstützung und auf der Basis seines Manuals «Building and Repairing Dry Stone Walls» ist auch das vorliegende Buch entstanden. Es soll das notwendige Fachwissen weitergeben, damit ein altes, beinahe vergessenes Handwerk wieder auflebt und auch für die Zukunft erhalten bleibt. Und zudem hoffen wir, dass auch Sie –liebe Leserin, lieber Leser – durch die Lektüre die Lust am selbständigen, fachgerechten Bau von Trockenmauern entdecken.
(Aus dem Vorwort von Marianne Hassenstein, damalige Geschäftsführerin SUS und Frank Rumpe, damaliger Projektleiter Trockenmauern SUS)

7. September 2020

75 Jahre Rebbaugenossenschaft Spiez

Klaus Schilling: 75 Jahre Rebbaugenossenschaft Spiez, Weber Verlag, Thun, 2003

Unser Rebberg verändert sich sehr schnell. Tagtäglich verändern das Licht und die Temperaturen einen Rebberg. Bei Regentagen lassen auch die Reben die Unlust erkennen. Jede Jahreszeit zeigt ein eigenes, einzigartiges Fotosujet. Unser Rebberg verändert sich.

In den 16 Jahres meines Arbeitens habe ich zusammen mit dem Team mehr als die Hälfte des Rebberges umgestaltet. 16 Jahre ist mehr als die Halbzeit einer produktiven Zeit eines Rebstockes. Jede Parzelle, die wir ausgerissen haben, wurde neu gestaltet. Die Traktorengängikeit wurde zur neuen Architektur einer herrlichen Landschaft. Viele Parzellen wurden terrassiert und mit horizontalen Rebreihen bepflanzt.

Unser Rebberg verändert sich. Viele Mauern wurden neu aufgebaut. Manchmal ersetzt, hie und da sogar etwas verschoben. Auch neue Mauern haben wir erstellt um die Befahrbarkeit zu verbessern. Und so wird weiter jede Parzelle nach 25–30 Jahren ersetzt, neu geplant und mit jungen Rebstöcken bepflanzt. Der Rebberg wird sich immer wieder verändern.

Beim Durchsehen der Fotos für dieses kleine Büchlein empfand ich eine tiefe Dankbarkeit für die Pionierleistung unserer Vorfahren. Sie haben ein grosses Projekt begonnen und durchgezogen. Gegen den Ruf des sauren Spiezers . Gegen die Expertenmeinung der Berater. Gegen die Wildnis der überwachsenen Hänge oberhalb von Spiez. Die Fotos zeigen die Knochenarbeit der angestellten Arbeiter, wie sie die Wurzeln entfernen mussten. Felsen wurden gesprengt. Steine abgetragen und hinter neuen Mauern entsorgt. Erde wurde hingekarrt und in Strohhutten den Berg hinaufgetragen. Mit grosser Sorgfalt wurden die Rebstöcke gepflanzt und gepflegt.

Beeindruckt hat mich auch der Stolz dieser Rebfreunde, wenn sie Besucher und Freunde durch den Rebberg, durch ihren Rebberg führten. Und auf vielen Fotos ist erkennbar, dass die Arbeit wohl sehr streng war, die Hetze der heutigen Zeit aber noch unbekannt. Volkstänze mit den Winzerinnen und weinselige Runden im oberen Rebhaus haben das strenge Tagwerk beendet. Wie mancher Spiezer Giel hat in den Reben gearbeitet? Viele Gesichter sind bekannt. Viele aber sind kaum mehr zuzuordnen. Diese Gesichter schrieben Geschichte des heutigen Rebbaues. Nach 75 Jahren schauen wir beeindruckt zurück auf diese Pioniertat und bedanken uns für eine herrliche Landschaft in der wir arbeiten dürfen. Viel Vergnügen beim Gang durch die Geschichte der Veränderungen im Spiezer Rebberg.
(Vorwort von Klaus Schilling, dem damaligen Rebmeister)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Diverse»).

6. September 2020

Ich bin so hübsch

Hazel Brugger: Ich bin so hübsch, Kein &
Aber, Zürich/Berlin, 2006
Metzgerporno, Henkersmahlzeit und der Hoden der Nation. Hazel Brugger nimmt die ganz grossen Themen des Lebens in Angriff. Ihre Texte sind wie eine Sahnetorte im Gesicht: lustig und schmerzhaft in einem, sehr süss und zugleich ein bisschen widerlich. (Klappentext)

Was tun, wenn man nicht schlafen kann? Warum sind Männer so witzig? Und warum mästen wir unsere Haustiere? Hazel Brugger kennt die Antworten, denn sie hat den Röntgenblick auf unseren Alltag. Schonungslos, detailverliebt und mit viel Charme zerlegt sie die Welt in Einzelteile und führt ihre Leser dabei stets über einen schmalen Grat, mal still, mal wild, aber immer sehr komisch. (Website des Verlags)

Und das meinen die Medien, deren Meinung ich für einmal ausnahmslos teile:

  • Wunderbare Kolumnen über Metzger-Pornos, Sterbehilfe und adipöse Haustiere.    
  • Hazel Brugger kombiniert Beobachtungsgabe und Sprachbewusstsein mit einem eigenwilligen Blick auf die Welt.   
  • Brugger bestaunt die Allüren ihrer Generationsgenossen, ohne sich zu schonen.
  • Es passiert ganz schön viel Hazel Brugger momentan.
  • Sie ist eine Schnelldenkerin. Hazel Brugger ist ihrem Gegenüber immer einen entscheidenden Gedanken voraus. Das macht sie zu einer der wichtigsten Künstlerinnen der Schweiz. (...) «Ich bin so hübsch» ist die volle Dröhnung Wortakrobatik & Hochseilrhetorik.
Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Diverse»).

5. September 2020

Ich, Adeline, Hebamme aus dem Val d'Anniviers

Adeline Favre: Ich, Adeline, Hebamme
aus dem Val d'Anniviers, Limmat,
Zürich, 1982
Adeline Favre wird 1908 in St. Luc im Val d'Anniviers als achtes von vierzehn Kindern geboren. Gegen den Willen ihrer Eltern besucht sie in Genf die Hebammenschule. Als kaum Zwanzigjährige kehrt sie ins Wallis zurück und arbeitet bis zu ihrer Pensionierung als Hebamme, anfangs in den Häusern der Familien, zuletzt im Spital von Sierre. 8000 Kinder haben mit ihrer Hilfe das Licht der Welt erblickt.

Lebendig und spontan erzählt Adeline Favre von ihrer Jugend und der Ausbildung, vor allem aber von ihrer fünfzigjährigen Arbeit als Hebamme, die oft über die einer Geburtshelferin hinausgeht, vom Kampf gegen Widerstände, alte Traditionen und Bräuche. Und immer steht das Schicksal der Frauen und ihrer Kinder im Mittelpunkt, ihre Sorgen, Nöte und Freuden. Aber auch von den Vätern ist die Rede. (Klappentext)


«Macht aus meinem Bericht keine romantische Erzählung. Es sind harte Tatsachen – gebt sie als solche wieder.» Adeline Favre

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Lebensgeschichten»).

4. September 2020

Aline und die Erfindung der Liebe

Eveline Hasler: Aline und die ERfindung
der Liebe, Nagel & Kimche, Zürich, 2000
Alle kannten sie, von Kurt Tucholsky über James Joyce und Elias Canetti bis zu Meret Oppenheim, von Max Ernst über Hans Arp und Sophie Taeuber bis zu C.G. Jung, und waren hingerissen von ihrer Tatkraft und ihrem Scharfsinn. Viele begehrten diese Frau, die den Kopf voller rebellischer Ideen hatte und an ein neues, freies Leben glaubte.

Einige liebten sie, und Aline Valangin liebte einige – viel bedeutet haben ihr, so schreibt sie später, nur ihr Mann Wladimir Rosenbaum und der junge Dichter Igenazio Silone. Und diese wilden Jahre, in denen so vieles möglich schien. (Klappentext)


«Man wusste von ihrer Freundschaft mit Joyce und Jung. Es gab kaum einen angesehenen Dichter, Maler oder Komponisten, der nicht in ihrem Hause verkehrte. Sie war klug, man konnte mit ihr sprechen, sie verstand etwas von dem, was solche Männer zu ihr sagten, sie konnte ohne Anmassung mit ihnen diskutieren. Sie war erfahren in Träumen, etwas, was sie mit Jung verband, aber es hiess, dass sogar Joyce ihr Träume von sich erzählte.» Elias Canetti

TI: Comologno ZH: Stadt Zürich

3. September 2020

Gion da Farglix

Heinz Lüthi: Gion da Farglix, Altberg Verlag,
Richterswil, 2013
Es geschah am hellichten Tag am Fronleichnamsfest im Jahr 1892 in Farglix, einem Hof in der Val Lumnezia: Der Knecht Gion Rest wurde in der Wohnstube in einer Blutlache tot aufgefunden. Ein Aufschrei ging durch das Tal, verdächtigt wurde der Patron, Gion Giachen Solèr (1829–1894), genannt Gion da Farglix. Eine legendäre Gestalt, über welche die Volksmeinung noch heute einiges weiss und noch mehr vermutet. Letzte Klarheit über die Vorkommnisse wurde nicht ans Licht gebracht, das Gericht in Chur sprach ihn am 24. Februar 1893 von der Anklage des Totschlages frei, nicht nur die Tatwaffe war nicht aufgefunden worden, es gab auch keine schlüssige Indizienkette, nur Behauptungen und Vermutungen blieben.

Gion da Farglix, Bauer und im Militär Offizier, war zweifellos ein eigensinniger und eigenwilliger Querulant, der sich in heftiger Fehde mit den Autoritäten befand, der Gemeinde Lumbrein wie auch der Kirche – auch wenn er katholisch geprägt blieb und selbst eine Prozession mit wehender Kirchenfahne anführte, als diese vom Kirchenkalender gestrichen wurde. Als Sohn eines nicht unbegüterten Landwirts besuchte Gion die Kantonsschule in Chur, wurde später Schreiber in einer Advokatur in St. Gallen, um dann, als die Mutter verstarb, auf Bitten des Vaters auf den väterlichen Hof zurückzukehren.

Damals trat auch Onna Maria Ursula Caminada aus Vrin als Magd in den Dienst, die eine kleine Tochter mitbrachte und bald auch einen Sohn Gion Rest gebar – Vater unbekannt, und das Tal spekulierte über die Vaterschaft. Man weiss nur: Er weigerte sich, sie zu heiraten. Viele Rätsel existieren um diesen Eigenbrötler, diesen eigensinnigen Patron in seinem kleinen Reich. Erst vor Gericht bekannte Gion da Farglix, der Vater des Ermordeten zu sein. Nur ein schlauer Schachzug? Oder doch nur, um nicht später einmal seine Schwester erben zu lassen, die in das Kloster Cazis eingetreten war? So wird auch im neuen Buch «Gion da Farglix» vermutet, das sich mit dieser legendären Gestalt beschäftigt.

Autor ist Heinz Lüthi, geboren 1941, Lehrer und Schriftsteller – und bekannt aus dem Cabaret Rotstift. Ihn hat das Schicksal des Gion da Farglix gepackt und er hat sich ihm dokumentarisch angenähert. Auf die Spuren gebracht und angeregt zur Aufarbeitung dieser Talgeschichte habe ihn der frühere Grossrat Bistgaun Capaul aus Lumbrein. Der legendäre Stoff um die geheimnisumwitterte Bluttat hat seinerzeit auch im Roman von Josef Jörger «Die letzten Schattenauer» Aufnahme gefunden – der aus Vals stammende Jörger (1860–1933), Psychiater und erster Direktor der Klinik Waldhaus in Chur, hatte für das Gericht das Gutachten über Gion da Farglix verfasst.

Autor Lüthi verbringt seit 1975 einen grossen Teil seiner Freizeit in der Val Lumnezia, die zu seiner zweiten Heimat geworden ist. Lüthis Gion da Farglix ist leicht lesbar und bringt aus Dokumentation und Inspiration eine Annäherung an eine legendäre Gestalt wie an Land und Leute und ihre Zeit. Lüthi entwirft ein Porträt des legendären Gion, seiner damaligen Umwelt wie auch des Bergtales und seiner Bewohner. Es ist sozusagen eine Liebeserklärung an das Tal des Lichts, auch wenn er mit der Geschichte des unheimlichen Mordfalls unter die Oberfläche der «heilen Bergwelt» schürft. Diese zeichnet er ebenso informativ wie kenntnisreich – und der Untertitel «Annäherung an ein Bergtal» ist ebenso zutreffend wie verdient. (Quelle: Südostschweiz)

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Lebensgeschichten»).

2. September 2020

Allmen und der rosa Diamant

Martin Suter: Allmen und der rosa
Diamant, Diogenes, Zürich, 2011
Ein äusserst wertvoller rosa Diamant ist verschwunden und ebenso ein mysteriöser Russe mit Wohnsitz in der Schweiz, der verdächtigt wird, ihn entwendet zu haben. Das Duo Allmen/Carlos soll ihn ausfindig machen. Die Spur führt von London über diverse schäbige Zürcher Aussenquartiere zu einem Grandhotel im deutschen Ostseebad Heiligendamm und zurück zum Gärtnerhaus der Villa Schwarzacker. Wo es bald sehr ungemütlich wird … (Klappentext)

«Johann Friedrich von Allmen ist eine wohltuende Abwechslung zu den vielen heruntergekommenen, einsamen und ein wenig schmierigen Ermittlern der meisten Krimis. Allmen ist elegant, kultiviert, bedächtig, aber nie langweilig und immer ein bisschen ironisch. Eine gute Mischung, die diesen leisen, entspannten Krimis ihre besondere Note verleiht.» Cathrin Brackmann, Westdeutscher Rundfunk, Köln

ZH: Stadt Zürich und Umgebung GB: London

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Kriminalromane»).

1. September 2020

Happ birthday, Türke!

Jakob Arjouni: Happy birthday, Türke!,
Diogenes, Zürich, 1987
Bei Kemal Kayankayas erstem Fall geht es ordentlich zur Sache. Ein Türke wird erstochen - in einem Bordell im Frankfurter Bahnhofsviertel. Und weil die Polizei sich überhaupt nicht für das Verbrechen interessiert, engagiert die Witwe einen «Landsmann» als Privatdetektiv: Kayankaya. Mit seinem Händchen für Schlägereien und Tabubrüche wirbelt dieser beim Ermitteln ordentlich Staub auf.

«Privatdetektiv Kemal Kayankaya ist der deutschtürkische Doppelgänger von PhiI Marlowe, dem grossen, traurigen Kollegen von der Westcoast. Nur weniger elegisch und immerhin so genial abgemalt, dass man kaum aufhören kann zu lesen, bis man endlich weiss, wer nun wen erstochen hat und warum und überhaupt. Das «Happy birthday, Türke!» trotzdem mehr ist als ein Remake, liegt nicht nur am eindeutig hessischen Grossstadtmilieu, sondern auch an den bunteren Bildern, den ganz eigenen Gedankensaltos und der Besonderheit der Geschichte. Wer nur nachschreibt, kann nicht so spannend und prall erzählen.» Hamburger Rundschau

«Kemal Kayankaya, der zerknitterte, ständig verkaterte Held in Arjounis Romanen ‹Happy birthday, Türke!›, ‹Mehr Bier›, ‹Ein Mann, ein Mord› und ‹Kismet› ist ein würdiger Enkel der übermächtigen Grossväter Philip Marlowe und Sam Spade.» Stern, Hamburg

«Einer der interessantesten Autoren des zeitgenössischen Kriminalromans.» Manuel Vazquez Montalban

Jakob Arjouni war gerade einmal zwanzig Jahre alt, da erschien sein umjubelter Gegenwartskrimi, den Doris Dörrie 1991 verfilmte. Sein Humor: Offensiv und derb. Hessisch babbelnde Packer, skurrile Rotlicht-Gestalten, ein Kriminalkommissar, der aussieht wie ein Metzger auf Urlaub – der Frankfurter Autor karikiert alles, was die Strasse zu bieten hat. Der Leser bewegt sich wie der ungewöhnliche Ermittler durch einen (Alb-)Traum in stilechten Milieufarben von Rosé bis Pink. Eine aufsehenerregende Verpackung für einen aufsehenerregenden Kriminalfall.

Dieses Buch ist im Buchantiquariat von Wanderwerk erhältlich (Rubrik «Kriminalromane»).