3. Juli 2020

Das Staunen der Schlafwandler am Ende der Nacht

Otto F. Walter: Das Staunen der
Schlafwandler am Ende der Nacht,
Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1983
Thomas Wander, Schriftsteller und Kolumnist einer grossen Zeitung, hat vor wenigen Tagen seinen jüngsten Roman veröffentlicht: «Ein Wort von Flaubert» – ein engagiertes Buch, zugleich die Liebesgeschichte zwischen dem Journalisten Winter und der jüngeren Frau Ann aus Frankfurt.

Jetzt erlebt Wander, wie seine Umwelt reagiert. Seine Freunde in der Redaktion verlangen von ihm Solidarität in ihrem Kampf gegen die Zensur. Umweltbewusste Rüstungsgegner fordern seine Mitarbeit an. Seine Tochter zeigt ihm empört, wie er in seinem Roman mehr von seinem Wesen preisgegeben hat, als ihm lieb sein kann. Seine geschiedene Frau Lisbeth macht ihm lächelnd die Differenz deutlich zwischen dem, was er schreibend vertritt, und dem, was er lebt. Wie verbindlich ist Schreiben für den, der schreibt?

Wie sein Romanheld Winter verliebt er sich. Und verreist mit der Freundin Ruth Moll in Richtung Süden. Zusammen werden Wander und Ruth in ein Hochtal der Innerschweiz verschlagen, und sie geraten in die rätselhaften Zonen des Alptraums, des Ursprungs, des Mythischen. Was sie da staunend erleben, führt auf einen neuen Ansatz von Befreiung, von Hoffnung, von solidarischem Handeln hin. Und Wander beginnt auch zu begreifen, dass ein Mann schwerlich von menschengemässer Liebe schreiben kann, ohne dass es Folgen hätte für seine eigenen Männermuster.

Wander wollte sich zurückziehen. Er wollte sich endlich seinen eigenen Ängsten, seinen Wünschen und der Erforschung seiner eigenen Kindheitstraumata widmen. Doch allmählich, einer Furie gleich, verfolgt ihn seine eigene Fiktion. Holt sie ihn ein? In ihr wird er mit sich selbst konfrontiert. Gewiss, noch wehrt er sich. Er erzählt Lügengeschichten. Er beteuert, seine Wahrheit sehe anders aus. In diesen Widersprüchen zwischen seiner erfundenen Romanfigur und seiner gelebten Wirklichkeit, zwischen Resignation auch und Widerstand, wird Wander beim Wort genommen. Beim Wort seines Romans.

Ob in Zürich oder Jammers, ob in Frankfurt, auf der Italienreise oder im phantastischen Kurhotel im Lande Uri: immer wieder verbindet sich – in diesem persönlichen Buch des Autors – intim Privates mit den brennenden öffentlichen Dingen. Und Wander und Ruth werden in bewegender Liebesgeschichte zu Sinnbildfiguren der Zeit.
(Klappentext)

BE: Stadt Bern FR: Cudrefin SO: Olten UR: Altdorf, Amsteg, Bristen, Maderanertal, Kurhaus Hotel SAC auf der Balmenegg

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