6. Januar 2015

Rüdisülens Meldung


Das war, soviel ist unschwer zu erkennen, einmal eine Sitzbank. Sie steht im Mühletobel bei Frauenfeld. Am 15. Mai 2013 war es, als ein Reiter hier Pause machte, vom Pferd stieg und kurz hinter einem Baum verschwand. In der Zwischenzeit versuchte das Tier, es handelte sich hierbei um eine dreijährige Haflingerstute, auf besagter Bank Platz zu nehmen. Mit durchschlagendem Misserfolg. Die Holzlatten brachen allesamt entzwei, die Stute stürzte rücklings in den Bachgraben, blieb jedoch auf wundersame Weise unverletzt. Kasimir Rüdisüli, der zufälligerweise des Weges kam, beobachtete die Szene und eilte dem verdutzten Reiter zu Hilfe. Dieser aber wollte nichts von Rüdisülens Hilfe wissen, züchtigte sein Pferd, stieg auf und galoppierte davon. «He! Halt! Hier geblieben!», rief Rüdisüli Ross und Reiter hinterher. Vergeblich.

Kasimir Rüdisüli meldete den kavaleristischen Vandalenakt umgehend dem städtischen Tiefbauamt. Dieses wiederum erstattete Anzeige gegen unbekannt. Anderntags machten sich zwei Angestellte des Werkhofs mit dem Unimog auf ins Mühletobel, montierten die zerborstenen Bretter ab und verschwanden wieder. Fünf Tage später wurde die Thurgauer Kantonspolizei fündig. Egon Raflaub, ein Neureicher aus dem Züribiet mit eigenen Stallungen etwas ausserhalb von Frauenfeld, hatte die defekte Bank zu verantworten. Nebst den Kosten für die Instandsetzung wurde ihm eine Busse von 800 Franken für Reiterflucht auferlegt. Doch Krösus Raflaub lehnte jegliche Schuldanerkennung ab und schaltete seinen Anwalt ein.

Seither ist ein beispielloser Rechtsstreit zwischen der Stadt Frauenfeld und Egon Raflaub im Gange. Und solange die Causa nicht erledigt ist, wird die Stadt das Bänkli nicht wieder instand setzen, liess ein Regierungssprecher gegenüber den Medien verlauten. Das Tiefbauamt hat, auf Geheiss des zuständigen Amtsvorstehers, in der Zwischenzeit ein Verbotsschild für Pferde aufgestellt. Zu spät, wie ich meine.

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