10. März 2020

Wanderer, kommst du in den Yukon, nach AIaska, …

Elmar Engel, Roland KIemle: Abenteuer-
Almanach Yukon-Alaska, Umschau Verlag,
Frankfurt/Main, 1980
– Bedenke, dass die Wildnis, die du suchst, nicht gleich am Airport von Whitehorse oder Anchorage beginnt; bedenke ferner, dass diese Städte zu den teuersten Nordamerikas gehören (allerdings ist Fairbanks seit dem Bau der Pipeline noch teurer!).

– Vergiss nicht, dass die Alt-Eingesessenen in einem riesig-grossen Land wohnen, dass die gewaltigen Ausmasse auch eine gewisse Grosszügigkeit in der Denkweise erfordern, um ihr gerecht zu werden. Mit deutschem Perfektionismus, das sei gesagt, kommst du in jenen Regionen nicht allzu weit.

In diesem Zusammenhang sei eine Anekdote zum besten gegeben: Ein Cheechako, der sich die Haare schneiden liess und die Zehn-Dollar-Rechnung präsentiert bekam, wehrte sich wie folgt: «Hör mal Buddy, du glaubst wohl, mit mir könntest du das machen; hältst mich wohl für'n bloody Greenhorn – zehn Bucks für einen lausigen Haarschnitt …!» Überlegte der Figaro eine Weile und antwortete: «Erst war ich mir nicht sicher, aber jetzt weiss ich's, dass du ein Cheechako bist!»

Das bedeutet nun nicht, dass man mit Dollarscheinen nur so um sich werfen sollte, wie der Reiche Onkel aus Amerika nach dem Krieg in Old Germany!

Wanderer, kommst du in den Yukon, nach Alaska …

– Bedenke, dass die Eingeborenen in jenen Landstrichen – die rund 40.000 Eskimos, 30.000 Indianer und 7.000 Aleuten – kein Freiwild für deine Kamera, deine aufdringliche Neugierde sind. Manche reagieren ausgesprochen sauer, wenn du mit gezückter Kamera auf sie zugehst. Oder möchtest du selber dein Leben als wanderndes Panoptikum fristen? Also: Takt, Geduld, und nochmals Takt, ein Lächeln, wenn die Worte fehlen – oder ein kleines Geschenk;

– dass, wenn ein Eskimo dich zu seiner «Barabara» einlädt (was selten vorkommt), damit nicht seine Frau, Grossmutter, Tochter gemeint ist, sondern sein Haus;

– dass ein «Kuspuk» ein Frauenparka ist, während «Muktuk» zu den Delikatessen dieser Menschen gehört, die auch für weisse, vorurteilslose Gaumen eine akzeptable, sogar erfreuliche Spezialität sein kann. Es handelt sich da um kross-geröstete Walschwarte, während Eiscreme à la Eskimo nicht unbedingt unseren Geschmacksnerven vertraut ist: Diese Gaumenfreude für Inuit wird aus Beerenmus, gut abgestandenem, sprich: ranzigem Seehundsöl und frischgefallenem Schnee geschlagen;

– vergiss nicht, den Jugendherbergsausweis mitzunehmen; in Ketchikan, Juneau, Norne, ebenso in Whitehorse, Dawson City und Haines Junction gibt es preisgünstige Unterkünfte dieser Art;

– dass du im Hohen Norden bist, wo «Grünzeug» teuer ist (ein Apfel bis zu 50 Cent!), dafür der Sprit aber immer noch vergleichsweise billig (in Alaska: eine Gallone ca. $3 im Sommer 1982);

Bedenke …

– dass der Yukon einmal berühmt für die freizügigsten Alkoholgesetze im ganzen puritanischen Kanada war, dies aber seit 1979 geändert ist! Auch hier ist jetzt «Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit» untersagt!

– dass der Yukon aber trotz dieser Änderung weiterhin das einzige legale Spielcasino des Landes in seinen Grenzen beherbergt: «Diamond Tooth Gertie's» in Dawson;

– dass aber «Dawson nicht Disneyland ist» – sondern noch lebendige, liebevoll am Leben erhaltene Geschichte, genau wie Skagway – wie zumindest alle Alaskaner und Yukoner versichern;

Wanderer, kommst du nach Alaska, in den Yukon …

– dann erinnere dich zu guter Letzt daran, dass du nicht der Geschichte oder gar der Städte wegen gekommen bist, sondern um echte, ursprüngliche Wildnis zu erleben.

Und davon gibt's – noch – genug. Gegenüber den Elchen sind die Einwohner immer noch in der Minderzahl …
(Einleitung zum Buch)

Es war dies eines der wenigen damals erhältlichen Bücher, auf die ich mich 1988 auf mein Yukon-Alaska-Abenteuer vorbereiten konnte.

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