26. Juli 2014

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Nun, was konnte ich nach Harrys Tod noch tun? Ich wurde mir schnell einmal bewusst, dass mich die Gewissensbisse über eine allfällig verpasste Gelegenheit, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, auf die Dauer zermürben würden. Und Selbstvorwürfe machten ihn auch nicht wieder lebendig. Ich beschloss indes, einmal im Jahr an Harrys Grab zu gehen und ihm einen Stein auf den Grabstein zu legen, als Zeichen, dass ich da war. Den Stein brachte ich jeweils von einer meiner Bergwanderungen mit. Einmal war es gar ein kleiner Kristall, den ich im Grimselgebiet zufälligerweise etwas abseits des Weges gefunden hatte. Das war vor zwei Jahren. Beim nächsten Besuch lag der Stein immer noch dort. Das freute mich, denn selbst Friedhöfe sind bekanntlich vor den dunklen Seiten des Menschen nicht mehr sicher.
Ich las noch ein paar Seiten und stockte meinen Klopapiervorrat weiter auf, ehe mich ein nahendes Gewitter in den Ort trieb, wo ich es mir in einem Bistro bequem machte. Ich liebte es, Blitz und Donner aus sicherer Warte zuzuschauen und dazu ein Bierchen zu kippen. Kaum hatte ich mir mit der Zunge den Schaum vom ersten  Schluck aus der Oberlippengegend weggeleckt, knallte es über Maubrac, sodass die Frontscheibe des Bistros und mit ihr die Weingläser über dem Tresen erzitterten.

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