22. April 2023

Kalt ist der Abendhauch

Ingrid Noll: Kalt ist der Abendhauch,
Diogenes, Zürich, 1996
Charlotte, 83 und noch sehr rüstig, stammt aus geordneten Verhältnissen. Deshalb räumt sie auch immer ein wenig auf, wenn Besuch kommt. So mancher hat schon bei ihr übernachtet. Nun hat sich jemand Besonderes angekündigt: Hugo, ihr Schwager, für den sie zeit ihres Lebens eine Schwäche hatte. Sollten sie doch noch einen romantischen Lebensabend miteinander verbringen können? Wird, was lange währt, endlich gut?

Mit ängstlicher Sehnsucht schmiedet Charlotte Pläne, doch vor allem steigen Erinnerungen an ihre bewegte Vergangenheit in ihr auf: Wie sie sich in den Kriegs- und Nachkriegsjahren als alleinstehende Mutter durchgeschlagen hat, und wie lange es dauerte, bis die Wunden einer verletzten Liebe heilten. – Doch Charlotte ist kein Jammerlappen, sondern eine lebenskluge Frau mit Witz und Charme, die ihr hohes Alter als letzten Trumpf ausspielt … Von der Onkelehe über die Angst, ein altes Mädchen zu werden, bis hin zu einem Spätheimkehrer, der buchstäblich zu spät heimkehrt: All dies verbindet sich zu einem bunten Sittenbild, bei dem auch Lebenslust und Lebensfreude nicht zu kurz kommen, wenn man es nur mit den ehelich-ehernen Prinzipien nicht gar zu genau nimmt.

Ingrid Nolls Heldin erzählt anrührend und tragikomisch zugleich von einer weitverzweigten Familie, die es in sich hat: Nicht zufällig ist Cora, die ihren Liebhaber einst in der Toskana unter den Terrazzofliesen verschwinden liess, Charlottes Enkelin … (Inhaltsangabe zum Buch)

D: Darmstadt

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