23. Juli 2016

Weshalb ist dieser Höhenweg kein Klassiker?

Vor 20 Jahren sagte mir ein Kollege, ich müsste unbedingt einmal die Wendenalp bewandern. Nun, am vergangenen Wochenende nahm ich mir die Gegend am Sustenpass vor und trabte am späteren Nachmittag von Obermaad bei Gadmen los. Bereits nach wenigen Minuten nahm mich die historisch belegte Kommunikationsstrasse von 1811 auf. Es handelt sich hierbei um die erste eigentliche Strasse über den Sustenpass. Sie löste den alten Saumpfad ab und diente bis zum Bau der heutigen Touristenstrasse (1938–1945) als Verkehrsweg mit einer Breite von 3 Metern. Währenddem neben und über meinem Kopf die Motorräder röhrend die Passstrasse rauf- und runterkurvten, stieg ich mit zunehmender Begeisterung und mutterseelenalleine die 200 Jahre alte Trasse hoch. 

Den krönenden Abschluss dieses Wegabschnittes bildete ein kurzes Steilstück, das mit einer Haarnadelkurve und schönen Trockensteinmauern überwunden wird. Das Inventar Historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) schreibt dazu: Bauliches Kernstück dieses Abschnittes ist eine S-Schlaufe im offenen Grasland westlich von Löibboden. Mit dieser Schlaufe sowie dank aufgeschütteten Dammkonstruktionen konnte die Steigung minimiert und konstant gehalten werden. Die Dammauern sind bis zu 2 m hoch; ihre Kronen sind mit wenig behauenen Randsteinen durchsetzt. Für die Oberflächenentwässerung wurde ursprünglich ein durchgehender, seitlicher Entwässerungsgraben angelegt. Er ist heute meist verfüllt und mit Gras überwachsen. Mehrere gemauerte Tombini führen kleinere Wasserläufe unter der Fahrbahn durch.

Mein Tagesziel, die Wendenalp in einem Seitental des Gadmentals, erreichte ich über einen traumhaft schönen Pfad, der sich über einen Hügelrücken mit Schafalp windend in den Talgrund zum Wendenwasser hinab senkte. Daselbst, am Fusse von Wendenstöcke und Titlis schlug ich mein Zelt auf und erlebte eine totenstille Nacht im fahlen Licht des sich anbahnenden Vollmondes.

Anderntags widmete ich mich dem Höhenweg, der sich unterhalb der Gadmenflüe talauswärts zieht. Der schmale Pfad führt nicht selten hart am Abgrund vorbei, er durchquert auch mehrere Gräben, die bis weit hinunter mit Lawinenschnee gefüllt waren. Je weiter ich mich von der Wendenalp entfernte, umso umfangreicher wurde die Aussicht in meinem Rücken. Beidseits des Weges standen unzählige Blumenarten in voller Blütenpracht. Die äusserst abwechslungsreiche Route führte mal durch bestossenes Alpgelände, dann wieder durch wildere und steilere Zonen. Kurz vor der Tällihütte (SAC) begegnete ich ein paar wenigen Wanderern, den langgezogenen Abstieg hinunter nach Nessental an der Sustenstrasse bewältigte ich indes wieder in völlig einsamer Umgebung.

Die Runde beginnt östlich von Gadmen im Weiler Obermaad und zieht sich dann gegen den Uhrzeigersinn nach Nessental hinunter, wo sich wenige Meter von der Postautohaltestelle ein empfehlenswertes Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeit befindet. Insgesamt 8 Stunden bei T2 (einzelne Passagen T3), durchgehend markiert.


Da fragt man sich am Ende, weshalb ist dieser Höhenweg nicht besser bekannt und stärker frequentiert? Dabei bietet die Postautohaltestelle Gadmen, Feldmoos den idealen Einstieg, will man sich die Höhenmeter von Obermaad ersparen, und die Tällibahn unmittelbar bei der Tällihütte vermittelt die knieschonende Abstiegsvariante ins Tal. Henu, ich will nicht grübeln, sondern die Bilder sprechen lassen. Und ... ja ..., mein Kollege hatte völlig recht, damals vor 20 Jahren ...

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