14. November 2025

e Ligu Lehm

Otto von Greyerz: e Ligu Lehm,
Lukianos-Verlag, Bern-Liebefeld, 1967
In seiner «Individuellen Sprachgeschichte» preist mein Vater, Otto von Greyerz, die Mannigfaltigkeit der Sprachen und im Besonderen der Mundarten in der Schweiz und im Kanton Bern. «Man wird schwerlich auf der deutschen Sprachenkarte ein zweites Gebiet vom Umfang des Kantons Bern nachweisen können, das sich eines so reich individualisierten Sprachlebens rühmen dürfte.» Und in der Stadt Bern wiederum unterscheidet er vier bis fünf bernische Sprachtypen, wovon einer das Mattenenglisch ist. Wen wundert es, dass auch das Mattenenglisch wieder seine Variationen aufweist?!

Der Sprachforscher, der (1863) in Bern geboren war und inmitten dieses Sprachreichtums sein Leben verbrachte, konnte am Mattenenglisch nicht vorbeigehen. Wenn es auch in seiner Verwandtschaft zum Rotwelsch nicht eine typisch bernische Mundart darstellt, so ist es andererseits wegen seiner Merkwürdigkeiten und seiner sprachschöpferischen Kraft eine umso beachtenswertere Sprache. So hat Otto von Greyerz auch diese Sprache erforscht und im Jahr 1929 unter dem Titel «Das Berner Mattenenglisch und sein Ausläufer: Die Berner Bubensprache» dargestellt. Die Arbeit ist längst vergriffen, und es ist nun dem Lukianos-Verlag Hans Erpf, Liebefeld, zu verdanken, dass er eine Neuauflage angeregt hat und durchführt.

Das Mattenenglisch hat gewiss seither als lebendige und nichtgeschriebene Sprache seine Entwicklung durchgemacht; es mag sich einerseits Neuschöpfungen zugelegt haben, anderseits – und wohl hauptsächlich – wird es seine einst selbstverständliche Geltungskraft unter dem Zwang der Entwicklung – denn gibt es noch wie einst richtige Mattegiele? – eingebüsst haben. Also ist just der Zeitpunkt da, in dem es gilt, diese bernische Sprachvariation, die immer wieder viele Berner und Auswärtige interessiert, festzuhalten, zu erklären und Unkundigen neu nahezubringen.

Der Verleger und ich glauben, bald dreissig Jahre nach dem Tod des Verfassers, in seinem Sinne zu handeln, wenn wir mit einer Neuausgabe das Interesse an einer der merkwürdigsten Sprachen und damit an der Sprache und ihrer Vielfältigkeit überhaupt wecken und fördern. Möge der Leser schmunzelnd all die teils bekannten, teils unbekannten Köstlichkeiten des Mattenenglisch «chüschte».


Walo von Greyerz im Vorwort

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