27. Mai 2017

Von leicht zu vielleicht ultraleicht – Teil 1

Im Beitrag vom 20. Mai habe ich über einen Paradigmawechsel betreffend meiner Trekkingausrüstung berichtet. Wer im fortgeschrittenen Alter mehrere 1000 Kilometer zu Fuss zurücklegen will, benötigt nicht bloss leichtes sondern ultraleichtes Gepäck. Die Outdoor-Industrie hat in den vergangenen Jahren unglaublich viele Innovationen auf den Markt gebracht. Etliche davon betrafen die Reduktion von Grösse und Gewicht. Als ich z.B. 1983 mein erstes Zelt kaufte – es stammte vom finnischen Hersteller Rukka und nannte sich «Patikka 2» –, schlug dieses mit einem Gewicht von 2.8 kg zu Buche. Das galt damals für zwei Personen als Leichtgewichtszelt. 1990 erstand ich mir dann das «Nallo 2» von Hilleberg, das bloss noch 2 kg auf die Waage brachte und bedeutend mehr Platz bot als mein Rukka-Zelt. Das Nallo wird übrigens nach wie vor produziert und gehört im Zwei-Personen-Zelt-Bereich zum internationalen Standard.

Für meine Reise 1988 durch das Yukon Territorium und Alaska besorgte ich mir ein 1.4 kg leichtes 1-Mann-Zelt des britischen Herstellers Saunders. Der «Jet-Packer», ein klassisches Giebelzelt, tat seine Dienste hervorragend, auch unter schlechten Wetterbedingungen. Als ich vor drei Jahren das Zeltwandern erneut reaktivierte, war der «Jet-Packer» längst verkauft und das «Nallo 2» für Solotouren zu schwer. Abhilfe brachte mir dann das «Fly Creek UL 1» des amerikanischen Zeltproduzenten Big Agnes. Die kuppelförmige Behausung war gerade mal ein knappes Kilo schwer und bot mir dennoch mehr Platz als der «Jet Packer». Leider habe ich mich im Vorfeld des Fly-Creek-Kaufes, zu wenig intensiv mit Ultraleicht-Behausungen auseinandergesetzt.

In der Zwischenzeit habe ich, wie der Beitrag vom 20. Mai verdeutlicht, die schmerzliche Erfahrung machen müssen, dass meine gesamte Ausrüstung bis auf wenige Ausnahmen in keiner Weise das Leichteste darstellt, was der Markt her gibt. Dies gilt insbesondere für Zelte, Schlafsäcke, Rucksäcke, Kochutensilien, Bekleidung, Verpackungsmaterial etc. Zudem sind auf neuer Technologie basierende Produkte wie z.B. ein Wasserfilter entwickelt worden, der betreffend Preis-Leistungs-Gewichtsverhältnis beinahe alles in den Schatten stellt, was bislang gang und gäbe war. Statt beinahe 400 Franken sind heute für einen Hightech-Filter nur noch gut 50 Franken zu investieren. Noch krasser fällt hierbei die Gewichtsreduktion aus. Das konventionelle Teil wiegt 550 g, währenddem das Miniding das Rucksackgewicht mit lediglich 60 g belastet. Selbst die Leistung des Kleinen ist markant besser, lassen sich doch damit 1.7 lt pro Minute filtern, wohingegen das Schwergewicht nur 1.0 lt schafft.

Was liegt also näher, als sich in diese materielle Herrlichkeit zu vertiefen und den Geldbeutel mal so richtig zu strapazieren. Denn in der Regel gilt heute immer noch, was früher schon galt: Leichter = teuer. Und da ist noch etwas, bei all den Fliegengewichten: die Verlockung. Die Verlockung, dem Verzicht zu widerstehen und noch diesen und jenen Ultraleicht-Luxus in die Kraxe zu packen. Nun, die Waage bzw. die Materialtabelle wird jedes zusätzliche Luxusgramm unerbittlich anzeigen und hoffentlich so den UL-Fetischisten zurück auf den Boden der Realität holen.

Das Stichwort «Waage» bringt mich zum letzten Punkt dieser Ausführungen. Wer wie ich möglichst leicht unterwegs sein möchte, stelle seine Ausrüstungsliste am besten in einer Excel-Tabelle zusammen, die eine Gewichtsspalte enthält. Das nach jedem Eintrag automatisch aktualisierte Gesamtgewicht gibt dann sofort Auskunft, ob eine bestimmte Limite überschritten wird. Zudem besorge man sich eine gute Waage, die über eine Anzeigegenauigkeit von mindestens 10 g verfügt. Gewichtsangaben von Herstellern oder Verkäufern misstraue ich grundsätzlich, weshalb jeder Artikel noch einmal gewogen wird. Gerade bei Kleidern oder Zelten sind die meist gegen oben abweichenden Nachmessungen frappant. Kleidergewichte werden meist in der Grösse M angegeben. Grössere Nummern wiegen dann schon mal 150 g mehr. Als XL-Träger kann ich ein Liedchen davon singen.

In den folgenden Beiträgen unter dem Titel «Von leicht zu vielleicht ultraleicht» werde ich meine gesamte Ausrüstung vorstellen und zu einem späteren Zeitpunkt auch, welche Erfahrungen ich damit gemacht habe. Weshalb ich von «vielleicht ultraleicht» spreche hat folgenden Grund: Das Ultraleichtwandern ist per Definition eine Art des Trekkings, die die Minimierung des Ausrüstungsgewichts unter Einbeziehung der Gegebenheiten einer Tour, des persönlichen Know-Hows sowie des Sicherheits- und Komfortbedürfnisses betont. Das Ziel besteht darin, das Wandern möglichst unbeschwert geniessen zu können. In der Regel spricht man von «ultralight», wenn das Rucksackgewicht (ohne Proviant, Wasser und Brennstoff) unter 5 kg liegt. Ein Rucksackgewicht zwischen 5 und 9 kg wird als Leicht-Trekking bezeichnet, darüber spricht man vom Traditionellen Trekking. (Quelle: Wikipedia).

Weil gewisse Teile meiner Ausrüstung eindeutig dem Ultraleicht-Bereich zuzuordnen sind, andere indes nicht, wird mein Rucksackgewicht die 5-Kilo-Marke in jedem Fall überschreiten. Alleine der Rucksack wiegt 1670 Gramm, was ich dem Tragekomfort zuliebe jedoch gerne in Kauf nehme. Die Praxis wird zeigen, wo ich gegebenenfalls noch das eine oder andere Gramm einsparen kann. Sollte sich das Vergnügen jedoch im Leichtwandermodus bewerkstelligen lassen, werde ich gerne auf weitere Gewichtsreduktionen verzichten.

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