5. Dezember 2025

Retro 2025 – 1


Im vergangenen Januar erledigte ich eine persönliche fussgängerische Restanz im Prättigau (GR). Hierbei ging ich von Pany via Lunden nach Grüsch. Und als wäre dieser phonetische Dreiklang nicht genug, kam ich auch durch das Örtchen Putz, dessen etymologische Herkunft ich an dieser Stelle gerne stehen lasse. Der Unterputzweg indes liess mir dann doch ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern. Dies zu Ehren aller Berufsleute, die mit Gebäudetechnik zu tun haben.

Allerdings kann ich an dieser Stelle verraten, dass in Putz leider kein Aufputzweg existiert.Fazit: Wer zu Fuss unterwegs ist, entdeckt an allen Ecken und Enden dieser Welt Grosses und Kleines, und sei es nur ein für Nicht-Prättigauer kurioser Strassenname.

3. Dezember 2025

Alljährlich im Frühjahr …

Simone Müller: «Alljährlich im Frühjahr
schwärmen unsere jungen Mädchen
nach England», Limmat, Zürich, 2017
In der Zwischenkriegszeit gingen sie zu Hunderten, in den späten Vierziger- und Fünfzigerjahren zu Tausenden. Sie hiessen Emma, Bertha oder Marie und kamen aus Wilderswil, Urnäsch oder Bellinzona. Sie arbeiteten als Hausangestellte, Kindermädchen oder Gesellschafterinnen in Liverpool oder London und auf Landgütern von Adligen.

Sie gingen, obwohl die Medien warnten: vor dem britischen Wetter, vor dem englischen Klassendünkel, vor unerwünschten Schwangerschaften. Ein Massenexodus von Frauen, wie er in der Schweizergeschichte wohl kein zweites Mal vorkam. Und wenn sie in England geblieben sind, dann fast immer deshalb, weil genau das passierte, wovor sie so eindringlich gewarnt worden sind: Sie verliebten sich, wurden schwanger, haben geheiratet.

Simone Müller erzählt elf beispielhafte Lebensgeschichten dieser Frauen, die heute fast ganz aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden sind. Und sie erzählt auch von einer der grössten Repatriierungsaktionen der Schweiz, als fast tausend Frauen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zurückgeholt wurden.
(Klappentext)

24. November 2025

Winter im Herbst

Für einmal keine Autos und keine Biker: Bergerie de Court

Das Schöne an unseren Breitengraden sind nicht zuletzt die vier Jahreszeiten. Und eine jede hat was für sich. Die einen lieben den Sommer, die andern den Herbst oder den Winter. Viele ziehen jedoch den Frühling vor, weil die Temperaturen endlich wieder steigen und die Tage länger werden. Ich mag grundsätzlich jede Jahreszeit, wobei mir zunehmend der Sommer mit seinen unsäglichen Hitzewellen am Verleiden ist.

Besonders krass ist mein Empfinden jeweils, wenn es im Herbst zum ersten Mal so richtig schneit. Der Wechsel ist meist derart abrupt, dass mein Herz hüpft und ich nicht anders kann, als mich für ein paar Stunden winterfest zu machen. Dann nämlich ziehe ich los in die verschneite Natur, irgendwo hin, wo mich die aktuelle Schneehöhe problemlos wandern lässt. Wenn es so richtig kalt ist und «strubuusset», dann blühe ich auf.

Wenn sich Feld und Wald in Schweigen hüllen; wenn mir der Wind um die Ohren pfeift; wenn sich im Schnee die Spuren von Fuchs, Hase und Reh zeigen; wenn da und dort eine Meise zwitschert; wenn ich der Erste bin, der sich einen Weg durch den Schnee bahnt; wenn das Gelb der Wanderwegweiser meist als einziger Farbtupfer im Grau-Weiss der Umgebung auszumachen ist.

Vergangenen Freitag durfte ich diesem Naturwunder wieder einmal bewohnen. Ich stieg vom bernischen Sorvilier in der Vallée de Tavannes auf den Montoz und von dort via Bergerie de Court und dem Unteren Bürenberg hinab nach Reuchenette-Péry. Ein gut fünf Stunden dauerndes Wintermärchen, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Bildstrecke dazu gibt es hier.

22. November 2025

Halali

Ingrid Noll: Halali, Diogenes, Zürich,
2017
Natürlich sind Karin und Holda auf Männerjagd, schliesslich wollen sie nicht alleine bleiben. Doch auch auf sie wird Jagd gemacht: Eine ganz besondere Sorte Romeos ist im Bonn der Nachkriegszeit im Einsatz. «Halali» – das Sekretärinnendasein wird zum Abenteuer, der graue Alltag ist vorbei. Wehe dem, der ins Visier gerät. (Klappentext)

D: Bonn und Umgebung (Hauptschauplatz), Eifel

17. November 2025

Der barmherzige Hügel

Lore Berger: Der barmherzige Hügel,
Arche, Zürich. 1981
Zeittypisches und Zeitloses verbindet sich in diesem erstmals 1944 erschienenen und dann bald in Vergessenheit geratenen Erstlingsroman der Basler Autorin Lore Berger (1921–1943): Die Beklemmung und Ratlosigkeit, die aus dem Nicht-mehr-Leben-Wollen der in ihrer Liebesbereitschaft getäuschten Ich-Erzählerin Esther spricht, ist in der seismographisch-feinsinnigen Art, wie sie in diesem Buch zum Ausdruck kommt, weit eher charakteristisch für die ringsum bedrohte Schweiz von 1943, als jene Werke, die der geistigen Landesverteidigung und damit einem «Optimismus trotz allem» verschrieben waren. Als zeitlos gültig dagegen vermag der heutige Leser die herb-melancholische Poesie zu erkennen, in welche diese tragische Liebesgeschichte getaucht ist. Gefühle und Erfahrungen wie Einsamkeit, Verlassenheit, Liebessehnsucht, Zärtlichkeit und schmerzlicher Verzicht erfahren in Lore Bergers makelloser Sprache eine dichterische Überhöhung, welche sie unmittelbar nachvollziehbar macht. Der Hügel, der Turm, die umliegende Landschaft in den verschiedenen Jahreszeiten – all das wird zum Symbol einer Liebe, die bei aller Tragik die eine Hoffnung beinhaltet: dass sie stärker sei als selbst der Tod! (Klappentext)

BS: Stadt Basel

14. November 2025

e Ligu Lehm

Otto von Greyerz: e Ligu Lehm,
Lukianos-Verlag, Bern-Liebefeld, 1967
In seiner «Individuellen Sprachgeschichte» preist mein Vater, Otto von Greyerz, die Mannigfaltigkeit der Sprachen und im Besonderen der Mundarten in der Schweiz und im Kanton Bern. «Man wird schwerlich auf der deutschen Sprachenkarte ein zweites Gebiet vom Umfang des Kantons Bern nachweisen können, das sich eines so reich individualisierten Sprachlebens rühmen dürfte.» Und in der Stadt Bern wiederum unterscheidet er vier bis fünf bernische Sprachtypen, wovon einer das Mattenenglisch ist. Wen wundert es, dass auch das Mattenenglisch wieder seine Variationen aufweist?!

Der Sprachforscher, der (1863) in Bern geboren war und inmitten dieses Sprachreichtums sein Leben verbrachte, konnte am Mattenenglisch nicht vorbeigehen. Wenn es auch in seiner Verwandtschaft zum Rotwelsch nicht eine typisch bernische Mundart darstellt, so ist es andererseits wegen seiner Merkwürdigkeiten und seiner sprachschöpferischen Kraft eine umso beachtenswertere Sprache. So hat Otto von Greyerz auch diese Sprache erforscht und im Jahr 1929 unter dem Titel «Das Berner Mattenenglisch und sein Ausläufer: Die Berner Bubensprache» dargestellt. Die Arbeit ist längst vergriffen, und es ist nun dem Lukianos-Verlag Hans Erpf, Liebefeld, zu verdanken, dass er eine Neuauflage angeregt hat und durchführt.

Das Mattenenglisch hat gewiss seither als lebendige und nichtgeschriebene Sprache seine Entwicklung durchgemacht; es mag sich einerseits Neuschöpfungen zugelegt haben, anderseits – und wohl hauptsächlich – wird es seine einst selbstverständliche Geltungskraft unter dem Zwang der Entwicklung – denn gibt es noch wie einst richtige Mattegiele? – eingebüsst haben. Also ist just der Zeitpunkt da, in dem es gilt, diese bernische Sprachvariation, die immer wieder viele Berner und Auswärtige interessiert, festzuhalten, zu erklären und Unkundigen neu nahezubringen.

Der Verleger und ich glauben, bald dreissig Jahre nach dem Tod des Verfassers, in seinem Sinne zu handeln, wenn wir mit einer Neuausgabe das Interesse an einer der merkwürdigsten Sprachen und damit an der Sprache und ihrer Vielfältigkeit überhaupt wecken und fördern. Möge der Leser schmunzelnd all die teils bekannten, teils unbekannten Köstlichkeiten des Mattenenglisch «chüschte».


Walo von Greyerz im Vorwort

11. November 2025

Der Übergang in die Pensionierung

René Riesen: Der Übergang in die Pensionierung,
Eigenverlag, 2011
Die mentale Vorbereitung auf die Schlussphase der Arbeit, den Übergang in die Pensionierung und die Lebensgestaltung nach der Pensionierung sind das Anliegen der folgenden Ausführungen. Diese sollen Anregung sein und «anstossen» im Sinne von «in Bewegung bringen». Es geht nicht um Ratschläge, was man tun sollte, sondern es ist eine Schilderung, was Menschen beim Übergang in die Pensionierung denken, fühlen und tun.

Niemand – wirklich niemand – hat ein moralisches oder politisches Recht, Pensionierten vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, vielleicht mit Ausnahme einer einzigen Empfehlung: «Überlege dir, wie du nach der Pensionierung aus deinem Innersten heraus leben möchtest, und entscheide dann, was von diesen Wünschen und Vorstellungen du auf welche Art und Weise in dein Leben umsetzen willst und kannst.» Aber auch die Absicht die Lebensqualität nach der Pensionierung zu steigern, ist dem freien Ermessen des einzelnen überlassen. (Klappentext)

8. November 2025

Die Strasse

Anton Bürkli: Die Strasse, Neue Schweizer
Bibliothek, Zürich, 1970
Wie ein riesiges, grasbewachsenes Scheunendach guckt Jost Theilers Bauerngütchen am Fusse des Pilatus über das Land. Viel harte Arbeit verlangt dieses steile Bord, um die grosse Familie zu ernähren und den Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Da wird mitten durch Theilers Land eine breite Autostrasse gebaut. Zuerst fürchtet er, dadurch seine Existenz zu verlieren. Aber dann machen ihn geschäftstüchtige Spekulanten stutzig: Die gute neue Zufahrt, die herrliche Aussicht, die sonnige Lage machen aus Jost Theilers steinigem Boden dank der Strasse eine wahre Goldgrube. Wie stellen er und seine Frau, wie stellen sich vor allem die heranwachsenden Kinder Theilers zu diesem unerwarteten und überraschenden Reichtum?

Der Roman «Die Strasse» bringt ein Stück gelebtes Leben, heutige Wirklichkeit, Wohlstandssorgen, Wohlstandsängste und Wohlstandsglück. Hier einmal nicht aus bürgerlich-industrieller, sondern aus bäuerlicher Sicht. Anton Bürkli schreibt einfach, spannend, vor allem ganz aus der Sprache und Erlebniswelt sein er Gestalten.
(Klappentext)

Anton Bürkli wurde am 24. März 1919 in der Gemeinde Werthenstein (LU) als jüngstes von sechs Kindern geboren. Er verlebte seine Jugendzeit auf dem elterlichen Bauernhof, besuchte die Primarschule im Farnbühl oberhalb des luzernischen Schachens und die Sekundarschule in Malters. Später erwarb er sich in Neuenburg ein kaufmännisches Diplom. Anschliessend rief ihn Vater Staat in die Rekrutenschule und in den Aktivdienst. Anton Bürkli wohnte im eigenen Haus in der Nähe seines Heimatortes Werthensteins. Seine Romangestalten werden immer jene Menschen sein, die abseits der grossen Städte leben und denen sich der Autor so sehr verbunden fühlt. (Autorenporträt Schutzumschlagklappe).

Leider findet sich im Internet nichts über das Leben von Anton Bürkli. Sollte jemand, der dies liest, mehr über den Autor wissen, insbesondere wann er gestorben ist, dann bitte ich um eine Mitteilung an fotowerker12@gmail.com.)

BE: Stadt Bern LU: Wolhusen und Umgebung (Hauptschauplatz), Stadt Luzern, Seetal ZH: Stadt Zürich, Kloten Flughafen

5. November 2025

Grosses Kino im Grossen Moos

Schon bald nach Beginn meiner Wanderkarriere vor über 40 Jahren stellte ich fest, dass hierzulande das Wandern meist unzertrennlich mit den Alpen in Verbindung gebracht wird. Oder anders ausgedrückt: Wer wandert tut dies in den Bergen. Doch weshalb besteht diese schon fast in Stein gemeisselte Verknüpfung? Ich kann sie mir nur so erklären, dass die Alpen als landschaftlich schön empfunden werden, was durchaus nachvollziehbar ist, und man seine wertvolle Freizeit, sofern man denn wandert, auch dort verbringen möchte und nicht in langweiligen Gegenden wie etwa dem Mittelland mit seinen Autobahnen, Städten und öden Wäldern. Ich kann diese Haltung bis heute nicht nachvollziehen, handelt es sich doch um ein ungerechtfertigtes Vorurteil gegenüber einem Landstrich, den man meint zu kennen, was in den meisten Fällen jedoch nicht der Fall ist.

Wie dem auch sei: Für mich als freischaffender Fussgänger bestehen in dieser Hinsicht keine vorgefertigten Meinungen. Es gibt überall schöne Ecken, die es fussgängerisch zu erkunden lohnt. Genau so wie man überall auch Hässliches vorfindet, und da schliesse ich die Alpen nicht aus. Der langen Rede kurzer Sinn: Vor knapp einer Woche beging ich im bernisch-freiburgischen Grossen Moos ein paar neue Abschnitte der Berner Wanderwege und war begeistert. Begeistert von den noch vorhandenen Herbstfarben, von der Weite, aber auch vom Wetterwechsel, der sich in diesen vier Stunden vollzog. Vom anfänglich bedeckten Himmel bis hin zu eitel Sonnenschein. Alles in allem: Grosses Kino im Grossen Moos!

Die all dies verdeutlichende Bildstrecke gibt es hier.

Gemüsekammer Grosses Moos: Die Salaternte ist kurz vor Müntschemier (BE) in vollem Gang.



2. November 2025

Sansibar oder der letzte Grund

Alfred Andersch: Sansibar oder der letzte
Grund, Diogenes, Zürich, 1970
1937 findet in dem Ostseestädtchen Rerik eine Gruppe von Leuten zusammen: der kommunistische Funktionär Gregor, die Jüdin Judith, der Fischer Knudsen, sein von Sansibar träumender Schiffsjunge und der Pfarrer Helander. Jeder für sich und gemeinsam für die bedrohte Skulptur «Der lesende Klosterschüler» von Ernst Barlach haben sie nur ein einziges Ziel: Deutschland zu verlassen. «Sansibar oder der letzte Grund», 1957 als erster Roman Anderschs erschienen, ist ein moderner Klassiker. (Klappentext)

D: Rerik (teilweise fiktiv), Ostsee S: Skillinge

30. Oktober 2025

Das Postauto mutiert zum selbstfahrenden PW

Am 22.10.2025 veröffentlichte PostAuto eine Medienmitteilung, die aufhorchen lässt. Ich veröffentliche diese bewusst, ohne zu kommentieren, jedoch mit der Idee, zum gegebenen Zeitpunkt darauf zurückzukommen. Quelle: postauto.ch

«AmiGo»: PostAuto bringt automatisierte Fahrzeuge in die Ostschweiz

PostAuto lanciert ein zukunftsweisendes Angebot für den öV: In der Ostschweiz sollen ab 2027 automatisierte Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Die Testfahrten starten im Dezember 2025. Das Angebot wird von den Bundesämtern für Verkehr (BAV) und Strasse (ASTRA), den Kantonen St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden und Thurgau, dem Touring-Club Schweiz (TCS) sowie weiteren Partnern unterstützt. Technologiepartnerin ist Apollo Go, die heute weltweit bereits mehr als tausend automatisierte Fahrzeuge betreibt.


Das Wichtigste in Kürze

«AmiGo» ist ein neues Angebot von PostAuto, das die Mobilität in der Ostschweiz für Kundinnen und Kunden noch attraktiver macht – «On-Demand» buchbar und mit elektrischen, automatisierten Fahrzeugen, die jeweils Platz für bis zu vier Fahrgäste bieten.

Testbetrieb mit Kartografierungsfahrten startet im Dezember 2025 mit ersten Fahrzeugen und Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern; für den Endausbau des Angebots sind bis zu 25 Fahrzeuge geplant.

Reguläres Angebot spätestens ab erstem Quartal 2027: Nach intensiven Testphasen soll «AmiGo» als dauerhaftes Angebot ohne Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern eingeführt werden.

Breit abgestützte Partnerschaften ermöglichen die Umsetzung und Weiterentwicklung des Angebots.

Mit «AmiGo» wird PostAuto zur Vorreiterin für eine neue Ära im öffentlichen Verkehr: Das Angebot ergänzt künftig das heutige Angebot dort, wo Gebiete mit dem klassischen Linienverkehr nicht optimal erschlossen sind – zum Beispiel in ländlichen und weniger gut erschlossenen Regionen oder zu Randzeiten.

Ziel ist es, ein reguläres Mobilitätsangebot mit automatisierten Fahrzeugen im Einsatzgebiet aufzubauen und sukzessive weiterzuentwickeln. Bereits im Dezember werden die ersten Fahrzeuge Testfahrten durchführen – zum Start noch ohne Kundinnen und Kunden und mit Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern an Bord.

Flexibel, automatisiert und elektrisch

Die selbstfahrenden Fahrzeuge werden auf Abruf verfügbar sein: Die Kundinnen und Kunden buchen die Fahrt per App. Fahren zur gleichen Zeit andere Nutzerinnen eine ähnliche Strecke, wird das System die Fahrten zudem zusammenlegen können (Ride-Pooling). Diese Fahrgemeinschaften verbessern die Auslastung der Fahrzeuge. So entsteht ein flexibles, bedarfsgerechtes Angebot, das die Mobilität noch effizienter, nachhaltiger und kundenfreundlicher macht. Jedes Fahrzeug bietet Platz für bis zu vier Fahrgäste und genügend Stauraum für Gepäck. Die gesamte Flotte ist elektrisch betrieben.

PostAuto bringt automatisiertes Fahren auf die Strassen der Ostschweiz

Mit «AmiGo» lanciert PostAuto erstmals ein automatisiertes Angebot, das künftig als reguläres Mobilitätsangebot und als Teil des öffentlichen Verkehrs betrieben werden soll.

«Wir bringen die Mobilität der Zukunft in die Ostschweiz – flexibel, digital und ganz nach den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden. Sie profitieren von einem Angebot, das sich ihrem Alltag anpasst und neue Mobilität erlebbar macht. Mein besonderer Dank gilt unseren starken Partnern: Ohne ihre engagierte Unterstützung wäre dieses innovative On-Demand-Angebot nicht möglich. Gemeinsam gestalten wir die Zukunft des öffentlichen Verkehrs.

Stefan Regli, Leiter Mobilitäts-Services und Mitglied der Konzernleitung der Schweizerischen Post

Mit starken Partnern den öV der Zukunft gestalten

Mit an Bord als Projektpartner sind die Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und Thurgau, das Bundesamt für Verkehr (BAV), das Bundesamt für Strassen (ASTRA) sowie der Touring Club Schweiz (TCS).

«Das automatisierte Fahren ist keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität im Aufbau. Jetzt gilt es, Erfahrungen mit führerlosen Fahrzeugen zu sammeln. Pilotprojekte wie AmiGo zeigen, wie die Schweiz automatisierte Fahrzeuge verantwortungsvoll einsetzt – für eine sichere, effiziente und zugängliche Mobilität für alle.

Jürg Röthlisberger, Direktor des ASTRA

Die Ostschweizer Kantone nutzen die Gelegenheit, die Versorgung ihrer Bevölkerung mit Mobilität entscheidend zu verbessern.

«Mit AmiGo setzen die Ostschweizer Kantone ein starkes Zeichen für eine zukunftsorientierte Mobilität und eine innovative Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs.

Regierungspräsident Beat Tinner, Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements des Kantons St. Gallen stellvertretend für die Ostschweizer Kantone

Auch Jürg Wittwer, Generaldirektor des TCS ist überzeugt, dass flexible, automatisierte Mobilitätsangebote künftig eine wichtige Rolle spielen werden:

«In den nächsten Jahren werden wir grosse Umwälzungen im Bereich der Mobilität erleben, insbesondere im öffentlichen Verkehr. Die Routenvielfalt und Mobilitätsformen werden sich erheblich verändern, und der TCS wird diese Entwicklungen begleiten.

Jürg Wittwer, Generaldirektor des TCS

Mit dem chinesischen Technologiepartner Apollo Go ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich des automatisierten Fahrens mit an Bord.

«Wir freuen uns, dass sich PostAuto für Apollo Go als Technologiepartner entschieden hat. Weltweit betreiben wir bereits heute erfolgreich mehr als tausend automatisierte Fahrzeuge mit 14 Mio. kumulierten Fahrten. Diese Erfahrung bringen wir in unser erstes Projekt in Europa ein und wir hoffen, dass wir unsere Partnerschaft mit PostAuto künftig weiter stärken und ausbauen können.

Liang Zhang, Geschäftsführer EMEA, Baidu Apollo

Start im Dezember 2025

Ab Dezember 2025 werden die ersten Fahrzeuge für Kartografierungsfahrten in der Region unterwegs sein – noch ohne Kundschaft und mit Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern an Bord. Die Datenverarbeitung wird in Einklang mit dem Schweizer Datenschutzgesetz und der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung der EU) erfolgen.

Ab dem ersten Halbjahr 2026 sind erste Testfahrten mit einer ausgewählten Nutzergruppe geplant – weiterhin mit Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern an Bord. Sofern alle Sicherheits- und Qualitätsanforderungen erfüllt sind, werden im Verlauf des Jahres 2026 erste Fahrten ohne Sicherheitsfahrerinnen und Sicherheitsfahrern durchgeführt.

Der reguläre Betrieb wird voraussichtlich im ersten Quartal 2027 aufgenommen. Mit künftig 25 Fahrzeugen ist «AmiGo» zum jetzigen Zeitpunkt das grösste geplante Angebot mit automatisierten Fahrzeugen im europäischen Raum.

Vor der Lancierung des Testbetriebs werden in der Region Informationsveranstaltungen für die Bevölkerung stattfinden. Hierzu wird zu einem späteren Zeitpunkt informiert.

27. Oktober 2025

Fifty Shades of Herbst


Vor ein paar Tagen gönnte ich mir die lange Reise ins hinterste Onsernonetal. Was ich hier antraf, haute mich beinahe um: eine Farbenorgie sondergleichen. Ein Herbstidyll, als gäbe es keinen Frühling mehr. Und ein – im Gegensatz zur Alpennordseite – Bombenwetter. Sturmtief Benjamin machte sich lediglich mit einem frischen Lüftchen bemerkbar, das indes im Verlaufe des ersten Tages gänzlich abflaute.

Um 17 Uhr erreichte ich meinen bereits im Schatten liegenden Biwakplatz, von dem aus ich das ganze Onsernone bis hin zum Lago Maggiore überblickte. Es zeichnete sich eine kalte Nacht ab, die es dann auch wurde. Am anderen Morgen war der Boden steinhart gefroren, auf dem etwas höher gelegenen See hatte sich am Ufer entlang eine dünne Eisschicht gebildet. Doch die golden gefärbten Lärchen, das rostbraune Gras, gepaart mit einer umwerfenden Aussicht auf die nahen und fernen Gipfel der Tessiner Alpen liessen mich die Kälte vergessen. Meine Kamera lief heiss, die Fotomotive schrien mich förmlich an. Fifty Shades of Herbst. Ich war hin und weg.

Eine umfassende Bildstrecke der Wanderung von Vocaglia nach Comologno, hinauf zum Laghetto dei Saléi und hinab nach Spruga gibt es hier.

24. Oktober 2025

Die blaue Linie

Daniel de Roulet: Die blaue Linie,
Limmat, Zürich, 1996
Die blaue Linie auf den Strassen New Yorks markiert den Weg durch die fünf Stadtteile, die die 25.000 Marathonläufer durchqueren, bevor sie nach 26 Meilen beim Central Park das Ziel erreichen.

Max, der im Widerspruch zwischen erfolgreichem Architekten heute und politischem Aktivisten damals lebt, hat sich eine Zeit unter vier Stunden vorgenommen. Während des Rennens wird Vergangenes wieder gegenwärtig – sein Lauf durch die Nacht von K. nach Olten, nachdem der Pavillon auf dem AKW-Gelände gesprengt worden war, eine Frau, die sich ihm während des Laufes unvermittelt in Erinnerung ruft, die Flucht Gustave Courbets in die Schweiz, weil er in der Pariser Commune die Vendôme-Säule umgestürzt haben soll.

In diesem Roman zwischen Fiktion und literarischer Aneignung schildert Daniel de Roulet die Biographie einer Generation. (Klappentext)

AG: Kaiseraugst, Aargauer Jura BL: Baselbieter Jura SO: Solothurner Jura, Olten USA: New York City

Georgio Bellini, der gewalttätige Politaktivist, als logische Inspiration für den Schriftsteller de Roulet
Am 18. Februar 1979, kurz nach der Ablehnung der Atomschutzinitiative, zerstörte der aus Bellinzona stammende Giorgio Bellini (1945–2024) eigenen Angaben zufolge zusammen mit anderen Aktivisten mit einem Sprengstoffanschlag den Informationspavillon des geplanten Kernkraftwerks Kaiseraugst. Zwischen 1974 und 1984 beging er ebenfalls eigenen Angaben zufolge mit Komplizen der Gruppierung «Do it yourself» über 40 weitere Anschläge u.a. auf die Kernkraftwerke Leibstadt und Gösgen, bei denen Sachschaden im Umfang von mehreren Millionen Franken entstand, sowie einen Raubüberfall. Bellini sagte vor seinem Tod, der Anschlag in Kaiseraugst sei weniger wegen der ökologischen Fragestellungen erfolgt, sondern er habe als Marxist gegen Machtkonzentration gekämpft. Die Taten blieben unaufgeklärt. 2021, lange nach der Verjährung der Taten, bekannte Bellini sich gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» zu ihnen.

So wie Bellini machte auch der Autor Daniel de Roulet, selber Architekt und zweifacher Teilnehmer am New York Marathon, eine politisch motivierte Tat nach Ablauf der Verjährungsfrist publik. Im März 2006 erschien sein literarischer Bericht Ein Sonntag in den Bergen*, in dem er sich zum bis zu diesem Zeitpunkt unaufgeklärten Brandanschlag auf das auf dem Gipfelplateau der Rodomonts (1878 m) gelegene Chalet von Axel Springer, oberhalb von Rougemont bei Gstaad, am 5. Januar 1975 bekennt. De Roulet begründet seine Tat damit, dass er damals geglaubt habe, Springer sei ein Nazi gewesen, was damals viele geglaubt haben, z.B. auch der spätere Springer-Biograf Michael Jürgs) Der Tenor der Buchbesprechungen war in der Schweiz mehrheitlich negativ, in Frankreich ausgesprochen positiv, ebenso mehrheitlich in Deutschland. Bemängelt wurde insbesondere die Naivität des jungen de Roulet, der aus «Liebe» ein Chalet anzündete, und dass er sich zuerst über die Verjährung der Tat versicherte, bevor er seinen Bericht veröffentlichte. Allerdings war die Tat schon lange vorher verjährt.

*Das Buch ist aktuell in meinem Antiquariat unter der Rubrik Lebensgeschichten erhältlich.

21. Oktober 2025

Die sieben Weisen von Bern

Paul Lascaux: Die sieben Weisen von
Bern, Gmeiner, Messkirch, 2018
Eine Frau namens «Venus» wird tot im Berner Rosengarten aufgefunden. Kurz darauf wird ein Mann, der sich «Saturn» nannte, von der Polizei erschossen. «Venus» und «Saturn» – ist in Bern astrologische Magie im Spiel? Die Staatsanwaltschaft erkennt die Aussergewöhnlichkeit der Fälle und bittet die Detektei Müller & Himmel um ihre Mitarbeit. Diese findet Spuren, die bis ins 18. Jahrhundert führen, als Casanova in Bern weilte. Doch was hat der grösste Verführer der Menschheit mit den Verbrechen von heute zu tun? (Klappentext)

BE: Stadt Bern, Jegenstorf (Schloss)

18. Oktober 2025

Die seltsame Magd und der Besenbinder

Jeremias Gotthelf: Elsi die seltsame Magd;
Der Besenbinder von Rychiswyl, Reclam
Stuttgart, 1981
Gekauft habe ich das dünne Reclam-Büchlein am 4. Mai.1984, gelesen jedoch erst in den vergangenen Tagen. Die Reclams eignen sich nach wie vor als beste ultraleichte Mitnehmer, wenn es zu Fuss auf Wanderschaft geht, wäre da nicht die kleine Schrift, die bei ungünstigen Lichtverhältnissen und alternden Augen zunehmend schwieriger zu entziffern ist. Nun aber zum Inhalt der zwei Novellen aus der Feder von Jeremias Gotthelf, als da sind:

Elsi, die seltsame Magd
Die Müllerstochter Elsi verlässt nach dem Tod ihrer lieben Mutter das Vaterhaus und wird von einem Bauern als Magd aufgenommen. Alle ausser dem Bauern meinen, Elsi könne keine Magd sein. Sie beweist das Gegenteil. Durch ihre umsichtige, selbständige Arbeit in Haus und Hof gewinnt das grosse, stark gebaute, schöne Mädchen die Achtung und dann die Zuneigung der zunächst voreingenommenen Bäuerin. Junge Burschen weist Elsi zurück, besonders wenn diese das Mädchen auf den Tanzboden führen wollen. Das hat einen Grund. Elsis Vater hatte das beträchtliche Vermögen in Gasthäusern verjubelt und die ganze Familie ins Unglück gestürzt.

Der junge Bauer Christen lässt sich von der Schönen nicht so schnell abweisen. Elsi ist zu stolz. In ein Gasthaus zu einem Vergnügen geht sie nicht mit Christen, denn sie müsste währenddessen immer an ihren leichtsinnigen Vater denken. Christen bemüht sich trotzdem unbeirrt weiter um das schöne Mädchen. Als ihm Elsi gar nicht entgegenkommen will, wird er zornig und stachelt ihre Eifersucht an. Christen nimmt sich ein willigeres Mädchen. Die Bäuerin versteht Elsi nicht. Sie will das Mädchen unbedingt mit Christen, dem Sohn wohlhabender Eltern, verkuppeln.

Als die Franzosen ins Land ziehen, wird es für den Kanonier Christen ernst. Erneut wendet er sich an Elsi mit der Bitte, sie solle ihm versprechen, seine Frau zu werden. Weil das stolze Mädchen sich ihrer Familie so schämt, weist sie ihn wieder ab. Als dann Christen eingerückt ist, bereut sie ihr Verhalten und bangt um sein Leben. In dieser Not verrät sie der Bäuerin das Geheimnis ihrer Herkunft. Die Bäuerin hat von dem leichtsinnigen Müller, diesem fröhlichen Zecher, schon gehört. Das mit dem Vater sei alles halb so schlimm, meint die Bäuerin. Die beiden Frauen sind schliesslich einer Meinung – Christen muss im Feld unterrichtet werden: Elsi will nun endlich die Seine werden. Das Mädchen macht sich auf den Weg …

BE: Heimiswil, Burgdorf, Fraubrunnen (Schlachtfeld)

Der Besenbinder von Rychiswyl
Besenbinder Hansli führt ein äusserst bescheidenes Leben. Er ist arm und sparsam – ohne jedoch geizig zu sein. Er liebt seine Arbeit und die Bäume, die ihm das Reisig für seine Besen liefern. So wird er zum Künstler seines Fachs, anerkannt und geschätzt. Das bescheidene Glück wächst noch durch eine glückliche Heirat … und weil er den Reichtum nicht gesucht hat, wird er zuletzt doch zum wohlhabenden Mann: Seine Schwester setzt ihn als Erben ein, was ihm ermöglicht, Bauer zu werden.

BE: Stadt Bern, Thun

15. Oktober 2025

Strassenbaukunst zum Anfassen

Die alte Averser Strasse überquert unterhalb von Cresta den Averser Rhein.


Als ich 1982 eigenständig zu wandern begann, kümmerte ich mich noch wenig um das Dies- und Jenseits meines Weges. Vielmehr stand die Besteigung eines Gipfels, die Überschreitung eines Passes oder einfach nur die Leistung im Vordergrund. Doch bald schon reichte mir das reine Wandern von A nach B nicht mehr. Ich wollte mehr über die per pedes durchmessene Gegend wissen. Da kamen mir Wanderführer mit Titeln wie «Wandert in der Schweiz solang es sie noch gibt» (Jürg Frischknecht, Limmat Verlag, 1987) oder «Unterwegs auf Walserpfaden» (Kurt Wanner, Walservereinigung Graubünden, 1989) oder «Wanderungen auf historischen Wegen» (Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz, Ott Verlag, 1990) gerade recht. Ich saugte den Inhalt dieser Bücher geradezu auf wie ein trockener Schwamm das Wasser.

In der Folge begann ich mich also mehr und mehr für geografische, historische, politische und kulturelle Themen zu interessieren, die sich mir als freischaffender Fussgänger en route darboten. Das reine Wandern als sinnfreie Aktivität begann mehr und mehr zu bröckeln und wich einer Betätigung mit unermesslichem Inhalt. Kurz: Der Fussgang wurde zum Vehikel, mein Heimatland vertieft zu erkunden und erforschen, aber auch kennen und lieben zu lernen. Und da ich von meiner Jugend her fotografisch tätig bin, hat sich eine Symbiose ergeben, die bis in die heutigen Tage andauert und vor 16 Jahren gar die Gründung meines eigenen Verlages bewirkte: die Edition Wanderwerk.

Wer sich also zu Fuss und mit einer tüchtigen Portion Chuzpe auf den Weg macht, dem oder der eröffnen sich auf Schritt auf Tritt kleinere und grössere Wunder, über die man sich mal mehr, mal weniger wundert. Überaus gestaunt habe ich in den vergangenen Tagen im bündnerischen Hochtal Avers, als ich mich endlich der alten Averser Strasse und somit einem historischen Verkehrsweg widmen konnte. Diese führt vom unteren Ende der Rofflaschlucht (1111 m) bei Andeer in 28 km hoch nach Juf (2126 m), der europaweit höchstgelegenen, dauerhaft bewohnten Siedlung. Der Bau dieser Strasse dauerte von 1890–1900. In den 1950er-Jahren wurde der alte Weg indes von einer komplett neu errichteten Strasse abgelöst. Diese hat in etlichen Abschnitten die alte Strasse ziemlich achtlos überprägt. 

Einige Passagen waren jedoch glücklicherweise erhalten geblieben. Kulturgeschichtlich interessierte Leute um den engagierten Forstingenieur Oskar Hugentobler aus Andeer und den Einheimischen Bruno Loi und Valentin Luzi aus dem Avers initiierten die Gründung des Vereins «Alte Averser-Strasse» zur Rettung des historischen Wegs und die Erschliessung einer durchgehenden Verbindung mit einem Wanderweg. Anno 2000 wurde der Verein alte Averser Strasse gegründet, womit die selbstauferlegte Arbeit beginnen konnte. Was daraus geworden ist habe ich neulich hautnah erleben und fotografieren dürfen. Hierbei beging ich den Abschnitt von Cresta, dem Hauptort des Avers, bis zur Abzweigung in die Val digl Uors, etwas oberhalb von Innerferrera. Und einmal mehr zeigte sich, dass die Bauingenieure und -arbeiter von damals ein unglaubliches Geschick an den Tag legten, was die Planung und Ausführung eines solchen Verkehrswegprojektes – und somit der Lebensader einer ganzen Talschaft – anbelangt.

Eine Bildstrecke zu dieser sehens- und begehenswerten historischen Strasse befindet sich hier.

12. Oktober 2025

Analog vs. digital



So sehr ich digitale Karten liebe: Wenn ich zu Fuss unterwegs bin, ziehe ich jeweils die analoge topografische Karte vor. Einerseits bietet sie mir die bessere Übersicht, andererseits zwingt sie mich, ehrliche Kartenlesearbeit zu verrichten und ermöglicht es mir zudem, mich besser mit der Landschaft zu verschmelzen. Zudem ist die Papierkarte weder auf Internet- noch auf GPS-Empfang angewiesen. Kurz: In Sachen Orientierung bin ich voll und ganz auf mich und die Karte gestellt. Dies ist mit ein Grund, weshalb ich mich draussen bewege: die temporäre Flucht vor der technologisierten Welt, hin zum Einfachen, Wesentlichen.

Daher war ich neulich freudig überrascht, als sich mir beim Besuch der Ausstellung zur sehenswerten reformierten Kirche St. Martin von Zillis ein spezielles Bild darbot. Der Boden eines Teils der Ausstellung ist mit einer stark vergrösserten Landkarte im Massstab 1:25.000 belegt, auf der sich im Schams buchstäblich herumwandern und so die kur zuvor zurückgelegte Strecke im Zeitraffer noch einmal Revue passieren lässt.

9. Oktober 2025

Nordermoor

Arnaldur Indridason: Nordermoor, Bastei-
Lübbe, Bergisch Gladbach, 2003
Was zunächst aussieht wie ein typisch isländischer Mord – schäbig, sinnlos und schlampig ausgeführt –, erweist sich als überaus schwieriger Fall für Erlendur von der Kripo Reykjavik. Wer ist der tote alte Mann in der Souterrainwohnung in Nordermoor? Warum hinterlässt der Mörder eine Nachricht bei seinem Opfer, die niemand versteht? – Während schwere Islandtiefs sich über der Insel im Nordatlantik austoben, wird eine weitere Leiche gefunden … (Klappentext)

IS: Reykjavik und Umgebung, Keflavik

6. Oktober 2025

Ingenieure der Kartenkunst

Lorenz Hurni, Martin Raubal, Thomas Eichenberger, Christian Häberling, René Sieber:
Ingenieure der Kartenkunst, ETH Zürich, Institut für Kartografie und Geoinformation, Zürich, 2025


Das Institut für Kartografie und Geoinformation der ETH Zürich feierte Anfang September sein 100-Jahre-Jubiläum mit einem Symposium für Fachleute. Eine Festschrift gibt vertiefte Einblicke in 170 Jahre Kartografie an der Hochschule und richtet sich auch an Laien, die sich für Kartenkunst und gut erzählte Geschichte(n) interessieren.

Ob Google Maps, eine Wanderkarte oder ein Weltatlas: Wir nutzen diese Werke im Alltag, um uns zu orientieren oder zu informieren. Dass Karten aber auch eine politische Komponente haben, rief uns jüngst die von einem Staatspräsidenten angeordnete Namensänderung des «Golfs von Mexiko» in «Golf von Amerika» in Erinnerung.

Der Schweizer Weltatlas, dem viele von uns im Schulunterricht zum ersten Mal begegnet sind, beschreibt die Karte als Resultat eines Interpretations-, Klassierungs- und Abstraktionsprozesses. Daraus geht bereits hervor, dass eine Karte immer auf subjektiven Entscheiden basiert.

Erfrischend subjektiv ist auch die Festschrift «Ingenieure der Kartenkunst» abgefasst, die das Institut für Kartografie und Geoinformation der ETH Zürich anlässlich seines 100-jährigen Bestehens herausgegeben hat. Hauptautor Lorenz Hurni, der aktuelle Professor für Kartografie an der ETH Zürich, und seine Mitautoren scheuen sich nicht vor Einordnungen und klaren Aussagen, was das Werk lebendig und lesenswert macht.

Geprägt ist das Werk durch die Feststellung, dass die Kartografie an der ETH immer wieder von einer Marginalisierung bedroht war. Entsprechendes Gewicht erhält die Institutsgründung, auch wenn diese hauptsächlich auf Pinsel und Farbe beruhte. Doch dazu später.

Das Gewicht, das die Autoren dem Institut beimessen, kommt in den beiden Untertiteln der Festschrift zum Ausdruck, die eigentlich zwei Jubiläen antönen. «100 Jahre Institut für Kartografie und Geoinformation» bezieht sich auf das «richtige» Jubiläum, umfasst aber nur vier der bisher sechs ETH-Professoren am Institut. Der zweite Untertitel «170 Jahre Kartografie an der ETH Zürich» macht deutlich, dass das Werk die ganze Zeit seit der Gründung der Hochschule abdeckt.

Die Geschichte der Kartografie ist ein wichtiger Teil der Geschichte der ETH Zürich. So erfährt man viel über die Gründung des Polytechnikums im Jahre 1855 und seine Funktionsweise über die ganzen Jahre. Die Festschrift liefert – immer mit dem Fokus auf die Kartografie und Geoinformation – generelle Einsichten darüber, wie Professoren berufen wurden (und werden), wie die Hochschule in den verschiedenen Epochen organisiert war und welche Faktoren zu Anpassungen von Lehrinhalten führen.

Details zu Berufungen, zur Ausstattung von Professuren, der Suche nach Drittmitteln, aber auch zu Rivalitäten unter den Wissenschaftlern machen die Lektüre kurzweilig. Zudem bietet die Festschrift Informationen über die Herkunft und Interessen der Professoren. Nicht nur im Text, sondern auch in Form von Karten, Zeichnungen und Fotos. Quelle: ETH-News

Das wunderbare Werk kann auf der Website der ETH-Bibliothek auch kostenlos als PDF heruntergeladen werden.