19. Dezember 2024

Reise durch die Schweiz

Diverse Autoren: Reise durch die Schweiz,
Manesse, Zürich, 1991
Gereist wurde schon immer, und dies zu ganz verschiedenen Zwecken. Man unternahm Entdeckungsfahrten im Interesse des Handels, Wallfahrten friedlicher und kriegerischer Natur, wissenschaftliche Expeditionen auf Kosten des Staates. Recht früh begab man sich auf Reisen, um sich Allgemeinbildung anzueignen. Die «Grand Tour» für Söhne der englischen Oberschicht war sprichwörtlich und hatte Tradition. Der Schritt zum Reisen aus reinem Vergnügen, die Lustreise für breitere Kreise war ein kleiner, und der Sinn für fremde Naturschönheiten, insbesondere für die Gebirgswelt, entwickelte sich rasch.

1777 wurde eine ganz neue Gattung Buch angeboten: Reiseführer. Der erste überhaupt hiess «Handbuch für Reisende durch die Schweiz». Die verbesserte Ausgabe, «Anleitung, auf die nützlichste und genussvollste Art in der Schweiz zu reisen» von JG. Ebel, gehörte auch zu James Fenimore Coopers Reisegepäck. Er lobt in seinem Bericht «Sketches of Switzerland» (1836) mehrmals Ebels Büchlein. Cooper, der mit einem der fingierten Briefe in unserem Band vertreten ist, berichtet getreulich, was er auf seiner Schweizer Reise sah. Eine Generation später macht sich sein Landsmann Mark Twain bereits mit entlarvender Schärfe über den Touristenrummel lustig.

Wohl sind ältere Berichte reisender Literaten überliefert. Humanisten, Barockdichter haben das Mittelland beschrieben und bei Passüberquerungen vor allem von Schrecknissen und Ungemach berichtet. Aber die erste ästhetische Würdigung des Hochgebirges stammt von Albrecht von Haller. Durch sein Gedicht angeregt, begann der Touristenandrang in die schweizerischen Alpen und die Schweiz überhaupt. Eine bedeutende Reiseliteratur, nicht nur wissenschaftlicher Art, ist entstanden: Reisebeschreibungen im eigentlichen Sinn, Bemerkenswertes, Merkwürdiges, Begeistertes und Kritisches, Stimmungsbilder sind in die Weltliteratur eingegangen von Dichtern über die Schweiz, die den einen als Reiseziel, den an dem als Durchgangsland einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.
(Klappentext)

8. Dezember 2024

Der grosse Durst

Dominik Bernet: Der grosse Durst,
Cosmos, Muri b. Bern, 2009
Der Vater ein Superman? Ein Slapstickstar? Ein Westernheld? Wenn der Vater meist alles andere als er selbst ist, kann ihn der Sohn umso leichter so gestalten, wie er ihn in seinen Lieblingsfilmen zu sehen glaubt. Schliesslich hat ein Neunjähriger noch wenig Ahnung davon, was ein Alkoholiker ist. Und seine Familie setzt alles daran, dass das so bleibt. Wenigstens vorerst.

«Der grosse Durst» ist die Geschichte eines folgenreichen Missverständnisses. Ein Sohn erzählt von seinem etwas anderen Verhältnis zum alkoholkranken Vater. Seine manchmal irritierend wohlwollende Sicht auf eine hoffnungslose Verfallsgeschichte nimmt oft grotesk-komische Züge an. Sein Optimismus aber ist unerschütterlich. Er kann nicht anders, als die Exzesse seines Vaters als sorgfältig geplante Kapitel einer noch geheimen Erfolgsgeschichte zu verstehen. Wie sonst sollen es die beiden je zu einem Happy End bringen?
(Klappentext)

BS: Stadt Basel

3. Dezember 2024

Der heilige Eddy

Jakob Arjouni: Der heilige Eddy,
Diogenes, Zürich, 2009
Der heilige Eddy handelt vom mysteriösen Verschwinden eines Berliner Grossunternehmers und High-Society-Stars, von Klatschjournalisten, einer Stadt ausser Rand und Band, einem Volkshelden wider Willen und vom wunderbarsten Duft der Welt. Ein Roman, so verrückt wie unsere Welt, mit dem Charme, Witz und Tempo einer Billy-Wilder-Komödie! (Klappentext)

D: Berlin

26. November 2024

Das Leben ist gut

Alex Capus: Das Leben ist gut, Hanser,
München, 2016
Max ist seit fünfundzwanzig Jahren mit Tina verheiratet, sie ist die Liebe seines Lebens. Er betreibt eine kleine Bar, tagsüber bringt er das Altglas weg, repariert das Mobiliar – oder begibt sich auf die Suche nach einem ausgestopften Stierkopf, der unbedingt über dem Tresen hängen soll. Max liebt sein Leben, so wie es ist, seine Familie, seine Freunde. Das wird ihm einmal mehr bewusst, als Tina zum ersten Mal in ihrer gemeinsamen Ehe beruflich ohne ihn unterwegs ist. «Das Leben ist gut» verteidigt mit scharfem und versöhnlichen Blick, das, was im Alltag schnell übersehen wird. Es ist ein Roman über das Menschsein – vor allem aber eine Hymne an die Liebe. (Klappentext)

CH: Olten (Hauptschauplatz) F: Paris D: Mannheim

22. November 2024

Der Geisterfahrer

Franz Hohler: Der Geisterfahrer,
Luchterhand, München, 2013
Franz Hohler ist keineswegs nur ein Meister der pointierten Kurzprosa, er ist auch der Meister der grossen Form, ein herausragender Autor von längeren Erzählungen. Dies hat er von Anfang an mit legendären Erzählungssammlungen unter Beweis gestellt: mit Bänden wie «Der Rand von Ostermundigen» oder «Die Rückeroberung», «Die Torte» und «Der Stein». Jeder dieser Erzählbände hat stets von neuem die Herzen eines grossen Lesepublikums erobert und dies mit gutem Grund. Denn immer gelingt Franz Hohler etwas ganz Besonderes: Er lässt unsere Wirklichkeit entgleisen und verschafft so der Phantasie den Platz, den sie zweifellos verdient und den wir ihr viel zu selten einzuräumen bereit sind. In dem vorliegenden Band können erstmals sämtliche langen Erzählungen des Autors in der Reihenfolge ihrer ursprünglichen Veröffentlichung gelesen werden: Das ist ein einzigartiges Lesevergnügen, und es bringt uns den Erzähler Franz Hohler näher, als wir ihm je gekommen sind. Das macht diesen Band zu einem imposanten Zeugnis höchster Erzählkunst aus über vierzig Jahren Schweizer Literatur. Mit diesem Band beginnt eine Ausgabe der Werke Franz Hohlers in lockerer zeitlicher Folge.
(Klappentext)

19. November 2024

Überleben in Extremsituationen

John Geiger: Überleben in Extremsituationen,
Piper München, 2009
Totgeglaubte Polarfahrer, Segler in Seenot, verunglückte Bergsteiger, die wie durch ein Wunder überlebten. Die einen nennen es Wille Gottes, die anderen Schicksal. Doch seit Ernest Shackleton berichten Überlebende immer wieder von einer fast physisch spürbaren Präsenz in Extremsituationen, die ihnen den Ausweg aus der Gefahr «diktierte». Jahrelang hat John Geiger dieses Phänomen erforscht und präsentiert in seinen fesselnden Berichten überraschende und weitreichende Einsichten. (Klappentext)

30. Oktober 2024

Susanna

Alex Capus: Susanna, Hanser, München,
2022
Alte Gewissheiten gelten nicht mehr, neue sind noch nicht zu haben. In New York wird die Brooklyn Bridge eröffnet, Edisons Glühbirnen erleuchten die Stadt. Mittendrin Susanna, eine Malerin aus Basel, die mit ihrer Mutter nach Amerika ausgewandert ist. Während Maschinen die Welt erobern, kämpfen im Westen die Ureinwohner ums Überleben. Falsche Propheten versprechen das Paradies, die Kavallerie steht mit entsicherten Gewehren bereit. Mit ihrem Sohn reist Susanna ins Dakota-Territorium. Sie will zu Sitting Bull, um ihn zu warnen. Ein Portrait, das sie von ihm malt, hängt heute im State Museum North Dakotas. Das ergreifende Abenteuer einer eigenwilligen und wagemutigen Frau, voller Schönheit und Mitgefühl erzählt.
(Klappentext)

24. Oktober 2024

Burgistein–Heidelberg zu Fuss: «Nordwärts» ist da!

René P. Moor: Nordwärts – Zu Fuss von Burgistein nach Heidelberg, Edition Wanderwerk,
Burgistein 2024


Mich treibt seit Jahrzehnten schon ein Traum um: Vom Wohnort am Rand der Berner Alpen zu Fuss bis ans Nordkap. Weil mir in meinem mitunter hektischen Berufsalltag keine längeren Auszeiten vergönnt sind, machte ich mich 2016 vorerst tageweise und ab 2018 wochenweise mit dem Zelt auf die Socken und strebte unermüdlich in Richtung Norden. Doch die Corona-Pandemie machte dem Vorhaben während vier Jahren einen Strich durch die Rechnung, ehe ich 2023 den Faden wieder aufnahm. In insgesamt 28 Etappen schaffte ich es durch die halbe Schweiz, den Schwarzwald und den Kraichgau bis an den Südrand des Odenwaldes in die ehemalige kurpfälzische Residenzstadt Heidelberg. Im soeben erschienenen Buch erzähle ich von meinen Erlebnissen und Eindrücken, die ich mit 160 Farbfotografien ergänzend dokumentiere. Der Text-/Bildband ist ab sofort hier in der Edition Wanderwerk erhältlich.

17. Oktober 2024

26 Kantone 26 Wanderungen – 23 bis 26

Es ist vollbracht! Die letzten vier Wanderungen meines Jahresprojektes sind Geschichte. Hierbei beging ich die Kantone Obwalden, Appenzell Innerrhoden, Uri und Basel-Landschaft. Zum Projekt: Für 2024 habe ich mir vorgenommen, jeden Kanton mindestens ein Mal fussgängerisch zu beehren. Anfang 2025 ist die Herausgabe eines Text-Bildbandes geplant, der die 26 Wanderungen dokumentiert.

Strenge Bergwanderroute in Obwalden: Melchtal – Hohmad – Sachseln

Sanftes Auf und Ab im Innerrhodischen: Jakobsbad – Hannebuebes – Weissbad

Tolle Bergwanderung im Schächental (UR): Unterschächen – Wannelen – Unterschächen

Happige Runde im Waldenburgertal (BL): Waldenburg – Spittel – Oberdorf


 Route km Datum 
AG  Seon – Lütisbuech – Brunegg 15,5  27.1.24
AI   Jakobsbad – Hannebuebes – Weissbad  11,4  10.9.24
AR   Herisau – Ober Waldstatt – Urnäsch 14,3 19.1.24
BE   Riedtwil – Rütschelen – Langenthal 17,0 3.1.24
BL   Waldenburg – Spittel – Oberdorf  15,0  17.10.24
BS   Basel SBB – Claramatte – Basel SBB 14,2  25.5.24
FR   St. Silvester – Chrüzflue – Plasselb 11,4  18.7.24
GE   Chancy – Champlong – La Plaine 14,2  3.2.24
GL   Mühlehorn – Ober Mürtschenalp – Glarus  19,8  26./27.7.24
GR   Preda – Furschela da Tschitta – Tinizong  18,3 11./12.8.24 
JU   Buix – La Tenie – Chevenez 19,2 9.3.24
LU   Gelfingen – Ballwil – Emmenbrücke 26,7 6./7.4.24
NE   Les Sagnettes – St-Sulpice – Les Verrières 14,0 12.01.24
NW   Emmetten – Bärenfallen – Dallenwil 21,0  10./11.5.24
OW   Melchtal – Hohmad – Sachseln  13,2  7.9.24
SG   Seebensäge – Stockberg – Nesslau  12,3 14.7.24 
SH  Siblingerhöhe – Langer Randen – Schaffhausen 16,7 29.3.24
SO  Olten – Rumpelhöchi – Hägendorf 10,4 16.1.24
SZ  Arth-Goldau – Gätterlipass – Gersau  11,0  28.6.24
TG  Diessenhofen – Rodebärg – Eschenz 16,1  5.5.24
TI   Rodi – Dalpe – Faido 12,3  16.4.24
UR   Unterschächen – Wannelen – Äsch – Unterschächen  12,6  20.9.24
VD   Col-de-Bretaye – La Taveyanne – Gryon 15,9  1.6.24
VS   Arbaz – Chandolin – Ardon 17,9 19.2.24
ZG   Sihlbrugg – Edlibach – Oberägeri 13,9 1.1.24
ZH   Zürich HB – Küsnacht – Meilen 16,8 17.2.24

14. Oktober 2024

Ausser sich

Ursula Fricker: Ausser sich, Rotpunktverlag,
Zürich, 2012
Sommer in Berlin - und eigentlich wären Katja und Sebastian viel lieber im Bett geblieben an diesem Samstagmorgen. Endlich wieder einmal ausschlafen, endlich wieder einmal in den Tag hinein leben. Aber das Wochenende ist, wie so vieles im Leben des Architektenpaares, verplant, und sie machen sich auf den Weg, Freunde in Mecklenburg zu besuchen. Während der Fahrt passiert es: Sebastian erleidet einen Schlaganfall.

Ein Helikopter bringt ihn ins Krankenhaus, und der Intensivmedizin gelingt es, Sebastian am Leben zu halten. Bald aber wird klar, dass er schwer geistig behindert bleiben wird.

Katja hofft zunächst, Sebastian mit ihrer Nähe, mit ihrer Liebe zurück ins Leben holen zu können. Aber erkennt er sie überhaupt noch? Wo sind die Bilder der Erinnerung, die Pläne für die Zukunft, Wünsche und Träume? Ist das noch Sebastian?

Das Buch erzählt Katjas einsame Auseinandersetzung mit den Grenzen ethisch-moralischer Grundsätze, folgt ihrem Weg hin zu einer endgültigen Entscheidung. Es ist die Geschichte einer starken Liebe.
(Klappentext)

10. Oktober 2024

Der freischaffende Fussgänger bei der Arbeit – Teil 1


Als freischaffender Fussgänger werde ich immer mal wieder zu meinem Beruf beglückwünscht. Das freut mich jeweils, selbst wenn dieser «Beruf» eher einer Berufung und somit brotloser Kunst gleichkommt. Dennoch bleibt die Frage: Was macht eigentlich ein Freischaffender Fussgänger? Weshalb nennt er sich so? Und: Steckt nicht vielleicht doch ein «Geschäftsmodell» dahinter?
Fragen über Fragen, dich ich mir manchmal auch selber stelle, obschon ich nunmehr seit weit über 40 Jahren freischaffend und fussgängerisch unterwegs bin. Zeit also, ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen: Der freischaffende Fussgänger bei der Arbeit – Teil 1.

Wer sich sein Leben aus tiefster Überzeugung dem Fussgängertum und insbesondere dem Wandern verschrieben hat, kommt unweigerlich auf Gedanken, Ideen, Visionen, Verrücktheiten und dergleichen mehr. Mein Wanderleben ist geprägt von Projekten. Von unzähligen Projekten. Seitdem ich seit 2009 meine fussängerischen Unternehmungen öffentlich verschriftliche und zu diesem Zweck einen eigenen Verlag gegründet habe, die Edition Wanderwerk, befruchten sich der Fussgänger und der Verleger gegenseitig. Doch nicht jede Wanderung, nicht jeder Schritt wird publizistisch ausgeschlachtet. Das wäre auf Dauer langweilig.

Als Freischaffender steht es mir – nomen est omen – frei, zu tun und zu lassen, was und wie ich beliebe. So ist es unter anderem auch mit zwei meiner langjährigen Wander-/Outdoor-Projekten: 1. habe ich mir zur Aufgabe gemacht, in jedem der 26 Kantone einmal im Zelt zu übernachten, verbunden mit einer mindestens zwei Tage dauernden Wanderung. 2. möchte ich den geografischen Mittelpunkt eines jeden Kantons im Rahmen einer Wanderung besucht haben. Am vergangenen Wochenende habe ich diese zwei Vorhaben kombiniert und bin vom Appenzell innerrhodischen Sammelplatz via Haslen AI, in dessen Nähe sich interessanterweise der geografische Mittelpunkt von Appenzell Ausserrhoden befindet (!), der mir in meiner Sammlung noch fehlte, nach St. Gallen gewandert. Weil der Kanton Appenzell Innerrhoden hinsichtlich Biwaknacht als letzter noch ausstehend war, habe ich am Abend des ersten Wandertags mein Zelt an einem versteckten Ort in einem der unzähligen Tobel aufgeschlagen und daselbst eine geruhsame, wenn auch kühle Nacht verbracht.

Der langen Schreibe kurzer Sinn: Ein weiteres Projekt im Rahmen meiner «freiberuflichen» Tätigkeit konnte somit abgeschlossen werden, einmal mehr in erholsamem Tempo und atemberaubender Umgebung, die mir als leidenschaftlicher Fotograf ein Landschaftskino sondergleichen bot.

Freischaffender Fussgänger: Vom BBT nicht anerkannt und dennoch die Arbeit wert! – Fortsetzung folgt.

17. September 2024

Die Rote

Alfred Andersch: Die Rote, Diogenes,
Zürich, 1974
«Die Rote» von Alfred Andersch erzählt die Geschichte von Franziska Lukas, einer Dolmetscherin, die sich von ihrem Ehemann und ihrem Liebhaber befreit. Auf einer Dienstreise nach Mailand verlässt sie spontan ihren Mann und reist nach Venedig, wo sie versucht, ein neues Leben zu beginnen. Dort trifft sie auf Patrick O'Malley, einen homosexuellen Iren, der von seiner Vergangenheit als Doppelspion belastet ist und einen ehemaligen Gestapo-Offizier zur Rechenschaft ziehen will. Franziska wird in seine Pläne verwickelt und muss sich entscheiden, ob sie sich auf seine gefährlichen Vorhaben einlässt oder ihren eigenen Weg findet. Der Roman beleuchtet Themen wie Freiheit, Selbstbestimmung und die Suche nach einem erfüllten Leben.

I: Mailand, Venedig

13. September 2024

Widmer wundert sich weiter

Thomas Widmer: Neue Schweizer Wunder,
Echtzeit Verlag, Basel, 2024, 232 Seiten
Es ist nie zu spät für eine Rezension, insbesondere wenn es um eine weitere Perle aus dem Schaffen des unermüdlichen Thomas Widmers geht. Im vergangenen Mai legte er nämlich das Folgebändchen zu «Schweizer Wunder» vor: «Neue Schweizer Wunder». Wie der längst zum Wanderpapst avancierte Exil-Appenzell-Ausserrhödler im Vorwort betont, geht es ihm auch diesmal nicht um esoterischen oder schwärmerischen Firlefanz, sondern um Merkwürdigkeiten aus Natur, Geografie, Geschichte und Gegenwart, die ihm auf seinen Wanderungen immer wieder begegnen. Wunderbares und Wundervolles eben. Widmers Chuzpe ist es zu verdanken, dass er dem unterwegs Angetroffenen jeweils auf den Grund zu pflegen geht, hier recherchiert und da nachforscht, denn nicht selten offenbaren sich erst so die eigentlichen «Wunder». Insgesamt deren 103 sind es diesmal geworden.

Einmal mehr hat der Autor versucht, eine ausgewogene geografische Mischung zu schaffen. Speziell gut sichtbar wird dies in der mitgelieferten Schweizerkarte, die – kleiner Marketingtrick – auch die Wunderstandorte des ersten Bandes zeigen. Wer also zuerst den zweiten Band kauft, wird so mit einem Schlag visuell auf den ersten neugierig gemacht. Eigentlich müssten nun an dieser Stelle ein paar Beispiele aus dem neuen Buch erwähnt werden. Doch der Rezensent lässt dies bewusst bleiben, nicht, weil er das Buch nicht gelesen hat (bewahre, bewahre!),  diese Besprechung muss schlicht und einfach reichen, um die Leserschaft «gwundrig» genug gemacht zu haben. 

Fazit: Thomas Widmers «Neue Schweizer Wunder» sind, wie alle seine Werke, superb getextet und süffig zu lesen. Wo Widmer drauf steht ist auch Widmer drin. Wen wundert's?

6. September 2024

Die Reise ans Meer

Otto Steiger: Die Reise ans Meer, eco-verlag,
Zürich, 1986
Mit diesem Roman schuf Otto Steiger eine Ästhetik der Reise, die, als Quintessenz seiner existenziellen Botschaft, das Gleichnis von der Reise und der Sesshaftigkeit im Geist verdichtet.

Die schelmenhafte Romanfigur reist auf dem goldenen Traum von Glück und Freiheit über alle Grenzen hinweg, die die Fesseln des Gewohnten in die Seelen stanzt. Die Reise öffnet ihm die zauberhafte Gefährlichkeit des lebenden Seins, Stunden vor dem Wahn sowie bizarre Abenteuer: eine Weile lässt er sich mit einer Schaustellertruppe ein, spielt dort, wo seine «Mignon» arbeitet, den Clown; wird dann Grossunternehmer in Gartenzwergen, verschenkt das Ganze seiner ihn verfolgenden Konkurrenz – doch solches Benehmen ist verdächtig: von der Strasse weg wird er verhaftet und zur Beobachtung ins Tollhaus gesteckt. Dort springt er im Gespräch mit dem Psychiater mit der Leichtfüssigkeit eines Merlin über den schwermütigen Irrwitz unserer Zeit: Aberglaube an die Allmacht des Wissens; Schlagwortmentalität; Hochkonjunktur als aberwitziger Leerlauf; Meinung der Mehrheit als Kriterium für Wirklichkeit und Wahrheit … (Klappentext)

3. September 2024

Eiger – Die vertikale Arena

Daniel Anker: Eiger – Die vertikale Arena,
AS Verlag, Zürich, 1998
Der Eiger ist der berühmteste Berg in den Alpen. Seine berüchtigte Nordwand ist nicht nur eingefleischten Bergsteigern bekannt als Schauplatz ungezählter Bergtragödien und -triumphe. 60 Jahre nach der Erstbesteigung zieht diese Bergmonographie Bilanz über die bisherigen Ereignisse in der Wand.

Wie eine Arena aus Fels und Eis thront die 1800 m hohe Nordwand des Eigers über den Alpwiesen und Berggasthäusern von der Kleinen Scheidegg und von Alpigeln oberhalb Grindelwalds. Eine Arena, wie geschaffen für spannende Auf- und Abtritte. Bequem können Schaulustige mit dem Feldstecher das Geschehen in der Wand von den Restaurantterrassen aus verfolgen, derweil sie am Aperitif nippen. Der Eiger ist der öffentliche Berg schlechthin. Die Erstbesteigung des markanten, weitherum sichtbaren Gipfels erfolgte 1858 durch einen irischen Gelegenheitsbergsteiger und zwei Berner Oberländer Bergführern über die Westflanke, die heutige, immer noch als ziemlich schwierig eingestufte Normalroute. Der für «unmöglich» gehaltene Nordost- oder Mittellegigrat wurde 1885 erstmals im Abstieg und 1921 vom Japaner Yuko Maki und drei Berner Oberländern im Aufstieg erklettert. Die ganz grosse Herausforderung wartete aber noch die als «Wand der Wände» bezeichnete Eigernordwand. Bevor der Durchstieg den Deutschen Andreas Heckmair und Ludwig Vörg sowie den Österreichern Heinrich Harrer und Fritz Kasparek im Sommer 1938 glückte, kamen acht Alpinisten ums Leben. Das tragische Ende von Toni Kurz, er starb 1936 im Seil hängend, vor den Augen der Rettungsmannschaft, die ihn nicht bergen konnte, ist einer bekanntesten Unfälle der Alpinismusgeschichte. Seither rissen Triumphe und Tragödien am Eiger nicht ab: Die Nordwand forderte über 50 Tote; sie wird auf ihrer ganzen Breite von 21 verschiedenen, teils extrem schwierigen Routen durchzogen. Die AS-Bergmonografie «Eiger» begeistert alle: Jene, die gerne selbst in der Wand klettern würden, ebenso jene, die dem Treiben lieber mit dem Fernglas vom sicheren Boden aus zuschauen.
(Inhaltsangabe zum Buch)

30. August 2024

Für immer jung und schön

Barbara Traber: Für immer jung und schön,
Zytglogge, Oberhofen, 2014
Die Gedenktafel «Für Olga Picabia-Mohler und Francis Picabia» findet sich noch heute beim Bahnhof Rubigen. Eines Tages stösst die Autorin darauf und beginnt – fasziniert von diesem aussergewöhnlichen Paar – zu recherchieren.

Am 1. Dezember 1925 besteigt die 20-jährige Olga Mohler, Tochter des Bahnhofvorstands, in Rubigen den Zug. Das Dorf im Berner Aaretal ist ihr zu eng geworden. Sie träumt von einem abenteuerlichen Leben – und nimmt eine Stelle als Kindermädchen an der mondänen Côte d'Azur an. Dort landet sie im «Château de Mai» von Francis Picabia und seiner Lebensgefährtin Germaine Everling. Die naive Schweizerin mit den blonden Zöpfen weiss nicht, dass Picabia ein berühmter Maler des Dadaismus ist, und von Kunst versteht sie vorerst gar nichts. Noch weniger ahnt sie, dass sie eines Tages die neue Muse, Geliebte und spätere Ehefrau von Picabia sein wird und sich im Künstlermilieu von Paris mit ­Picasso, Cocteau & Co. zu bewegen weiss. Bevor sie ihr Lebensglück findet, muss sie jedoch in einer schwierigen Ménage à trois ausharren und wie im Märchen Hindernisse überwinden. «Welche Frau hat schon so aufregende Jahre erlebt», wird sie später sagen.

Olga bleibt bis zum Tod des Künstlers 1953 an seiner Seite und überlebt ihn um fast ein halbes Jahrhundert. Damit Picabia nicht vergessen wird und sein Werk in gute Hände kommt, gründet sie eine Stiftung, das ­Comité Picabia, und sie legt ein Album an, mit Bildern des Künstlers und Erinnerungen an ihn.

Weshalb schaffte es ausgerechnet die Kindergärtnerin aus Rubigen, den 26 Jahre älteren, schwierigen, charismatischen Künstler an sich zu binden und ihm Halt zu geben?

Mit spürbarer Begeisterung und Respekt für die mutige Bernerin, die bis ins hohe Alter mit ihrem legendären Peugeot von Frankreich nach Rubigen fuhr, lässt uns Barbara Traber am Leben von Olga Picabia-Mohler teilhaben. Olga stirbt 2002 mit 97 Jahren einsam in Paris; ihre Urne wird auf den Friedhof Münsingen überführt und gerät dort in Vergessenheit. Auf Porträts jedoch ist sie von ihrem berühmten Mann, ihrer grossen Liebe, verewigt worden: für immer jung und schön.
(Inhaltsangabe zum Buch)

Hinweis: Dieses Buch gibt es auch in meinem Antiquariat zu kaufen. Siehe http://www.wanderwerk.ch/antiquariat/antiquariat.htm#lebensgeschichten

27. August 2024

Enkel für Anfänger

Reinhart Lempp: Enkel für Anfänger,
Diogenes, Zürich, 1989
Dies ist ein Büchlein für Grosseltern, die von Enkeln träumen oder sich vor Enkeln fürchten. Es ist aber auch ein Buch für Eltern, die es ihren Eltern schenken oder selber lesen können, um dann besser mit ihren Eltern, die jetzt Grosseltern sind, zu Rande zu kommen.
(Inhaltsangabe zum Buch)

24. August 2024

Engadin

Peter Donatsch: Engadin, AS-Verlag,
Zürich, 1999
Das Engadin. Hohe Berg, eine Ebene und Seen. Das besondere Licht, Segantinis, die mystischen Visionen Nietzsches, die·Hotelpaläste der Badrutt. Champagnerklima um Naturreservat. Verehrt, verklärt, verbaut. Aber es gibt auch ein anderes Engadin, abseit von St. Moritz, den Oberengadiner Seen, dem Morteratsch-Gletscher und dem Nationalpark, wo weder Segantini noch Giacometti malten. Dort liegen das Val S-charl mit den uralten Arvenwald Tanmngur und das Schloss Tarasp mit seiner kuriositätenreichen Geschichte, dort leben noch die alten Bräuche wie Schlitteda und Hom Strom. Kontraste, wohin man blickt. Sie prägen das AS-Regionenporträt, im Bild wie im Text.

Der Journalist Werner Catrina schreibt über das Spannungsfeld zwischen High-Society-Treffpunkt und Naturpark, über das verstädterte St. Moritz und die abgelegenen Täler im Unterengadin. Über Geschichte und Geschichten rund um den Tourismus in diesem berühmtesten aller berühmten Hochtäler.

Ein neues «Bild der Alpen» zeichnet der rätoromanische Schriftsteller CIo Duri Bezzola. Als überraschender, witziger, nachdenklich stimmender und äusserst lesenswerter Essay. Der Text ist ein sprechender Beweis dafür, dass das Engadin erst recht einen Besuch wert ist, wenn man darauf verzichten kann, überall «Typisches» zu sehen. Das heisst aber nicht, dass die Besonderheiten und Eigentümlichkeiten des Tales nicht von Bedeutung wären: Tiefgründiges, wie etwa das Thema «Heimat», erhält auch seinen Raum. Die Fernsehjournalistin Susanna Fanzun und die Bergbäuerin und Lyrikerin Rut Plouda erzählen von den Menschen und ihrer Beziehung zur Landschaft, von Weggezogenen und Daheimgebliebenen, von Weggebliebenen und Heimbekehrten

Und immer wieder taucht der rote Faden auf: die Rhätische Bahn als AlItagsbahn, als Sonntagsbahn, als Attraktion und als allgegenwärtiges Transportmittel. Der Verkehrsspezialist Peter Krebs versteht die Rhätische Bahn nicht nur als technisches Werk, sondern vor allem auch als kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Faktor im Bergland Graubünden.

Das AS-Regionenporträt gibt ein aktuelles Bild des Engadins wieder, welches sieh vor Widersprüchlichem nicht scheut. Es zeigt die Sonnenseiten der Region, blendet aber die Schattenseiten nicht aus. Dazu tragen auch die feinfühligen Porträts von Persönlichkeiten aus dem Tal bei, die im Buch eingestreut sind – und natürlich die Fotografien von Peter Donatsch, welche die Bündner Bilderbuchlandschaft aus überraschenden, unbekannten Blickwinkeln präsentieren. (
Klappentext)

Hinweis: Dieses Buch gibt es auch in meinem Buchantiquariat zu kaufen.

21. August 2024

Themenwechsel … ,

John Mitchell, Jem Godfrey, Nathan King (Level 42) und Craig Blundell sind Frost*


… interessiere ich mich doch unter anderem auch für Musik aller Art, so z.B. für die britische Prog-Rockgruppe FROST*, die hierzulande leider viel zu wenig Beachtung findet, denn … 

… die Progressive Rocker freuen sich, die Veröffentlichung ihres brandneuen Doppel-Konzeptalbums «Life In The Wires» anzukündigen, das am 18. Oktober 2024 bei InsideOutMusic erscheinen wird. «Jede Prog-Band, die etwas auf sich hält, sollte eigentlich ein Doppelalbum machen, oder?», meint Frost*-Frontmann Jem Godfrey. «Wir hatten schon immer die Idee, so etwas zu machen. Also habe ich mich letzten Sommer hingesetzt und gedacht, naja, ich muss mich einfach mal hinsetzen und es machen.»

«Es ist eigentlich eine Fortsetzung von ‹Day and Age›», erklärt Godfrey, «der erste Track auf dem neuen Album beginnt mit dem Ende des letzten Tracks von jenem Album ‹Repeat to Fade›, wo das Rauschen auftaucht und eine Stimme sagt ‹Can you hear me?›. Ich erinnere mich, dass ich das bei ‹Day and Age› als möglichen Aufhänger für die Zukunft eingebaut habe; eine Figur irgendwo da draußen im Land von Day and Age, die versucht, gehört zu werden. Was will er sagen? Kann ihn jemand hören? ‹Day and Age› baut die Welt auf, in der diese Figur lebt, und ‹Life In The Wires› erzählt ihre Geschichte».

Die Geschichte dreht sich um die Hauptfigur Naio, ein zielloses Kind, das einer bedeutungslosen Zukunft in einer von künstlicher Intelligenz gesteuerten Welt entgegengeht. Er hört einen alten DJ, der über das alte AM-Radio spricht, das ihm seine Mutter einst geschenkt hat, und beschliesst, die Quelle des Signals aufzuspüren und «Livewire» zu finden, um herauszufinden, ob es da draußen eine bessere Zukunft gibt. Das Allsehende Auge ist jedoch wenig beeindruckt von diesem Versuch des unabhängigen Denkens und wehrt sich. Schon bald wird Naio von einem empörten Mob quer durchs Land verfolgt, um die Heimat von «Livewire» und seine Freiheit zu finden. 

Bei der Erschaffung dieser Parallelwelt hilft die klassische Frost*-Besetzung mit Gitarrist John Mitchell, Bassist Nathan King und dem zurückkehrenden Schlagzeuger Craig Blundell.

Fans des meisterhaften Debütalbums «Milliontown» (2006) werden es geniessen, dass die Band den Stil wieder aufgreift, der das Debütalbum zu einem der erfolgreichsten Prog-Rock-Alben der letzten 20 Jahre gemacht hat – eine Tatsache, die Godfrey nicht entgangen ist, als er das neue Album schrieb. 

«Bei ‹Day and Age› haben wir es sehr genau genommen: Wir machen keine Soli, wir machen clevere Arrangements. Und wir haben diese Disziplin genossen, aber dieses Mal dachte ich, es wäre gut, in diesem Fall etwas zurückzurudern. Ausserdem wollte ich mit diesem Album eine kleine Anspielung auf ‹Milliontown› machen, denn es ist schon fast 20 Jahre her, als ‹Milliontown› herauskam, und ich bin immer noch stolz darauf. Der 15-minütige Titeltrack enthält ein paar dieser Milliontown-Momente, die zu wiederholen mir großen Spass gemacht hatben.»

«Life In The Wires» wird als limitierte 2CD, Gatefold 180g 2LP und als digitales Album erhältlich sein, wobei sich die drei Formate leicht unterscheiden, um das Album interessanter zu machen. Die Artwork des Albums stammt von Carl Glover, der auch das Cover von «Day And Age» entworfen hat.

Und hier noch der Link zur Website der Band, die durchaus als sogenannte «Supergroup» bezeichnet werden darf: https://frost.life/

18. August 2024

Das Geheimnis der Söhne

Christine Brand: Das Geheimnis der
Söhne, Landverlag, Trubschachen, 2010
Die Geschichte des betagten Häftlings Valentin Mannhart lässt die TV-Reporterin Milla Nova nicht mehr los. Als sie eintaucht in die Vergangenheit, stösst sie auf einen Luzerner Politiker, der im Wald erschossen wurde. Auf einen Emmentaler Richter, der in seinem Schaukelstuhl einen unnatürlichen Tod starb. Auf einen ermordeten Hotelpagen im Berner Oberland und einen Rentner, der im Garten einer Zürcher Seniorenresidenz getötet wurde. Warum hat Mannhart die vier Männer scheinbar wahllos umgebracht? Ist es wirklich möglich, dass er seine Taten vergessen hat? Und was haben die Morde mit einer Hinrichtung aus dem Jahr 1934 zu tun? Was für Milla Nova zunächst nach einer quotenträchtigen Story über einen verwahrten Vierfachmörder aussieht, entwickelt sich mehr und mehr zum Albtraum für die TV-Reporterin. Denn je näher sie dem Geheimnis der Söhne kommt, desto mehr wird Milla Nova selbst zur Gejagten. Und muss für ihre Neugierde einen hohen Preis bezahlen.
(Klappentext)

BE: Stadt Bern LU: Stadt Luzern ZH: Stadt Zürich

Hinweis: Dieser äusserst lesenswerte Krimi gibt es auch in meinem Buchantiquariat zu kaufen.