13. September 2024

Widmer wundert sich weiter

Thomas Widmer: Neue Schweizer Wunder,
Echtzeit Verlag, Basel, 2024, 232 Seiten
Es ist nie zu spät für eine Rezension, insbesondere wenn es um eine weitere Perle aus dem Schaffen des unermüdlichen Thomas Widmers geht. Im vergangenen Mai legte er nämlich das Folgebändchen zu «Schweizer Wunder» vor: «Neue Schweizer Wunder». Wie der längst zum Wanderpapst avancierte Exil-Appenzell-Ausserrhödler im Vorwort betont, geht es ihm auch diesmal nicht um esoterischen oder schwärmerischen Firlefanz, sondern um Merkwürdigkeiten aus Natur, Geografie, Geschichte und Gegenwart, die ihm auf seinen Wanderungen immer wieder begegnen. Wunderbares und Wundervolles eben. Widmers Chuzpe ist es zu verdanken, dass er dem unterwegs Angetroffenen jeweils auf den Grund zu pflegen geht, hier recherchiert und da nachforscht, denn nicht selten offenbaren sich erst so die eigentlichen «Wunder». Insgesamt deren 103 sind es diesmal geworden.

Einmal mehr hat der Autor versucht, eine ausgewogene geografische Mischung zu schaffen. Speziell gut sichtbar wird dies in der mitgelieferten Schweizerkarte, die – kleiner Marketingtrick – auch die Wunderstandorte des ersten Bandes zeigen. Wer also zuerst den zweiten Band kauft, wird so mit einem Schlag visuell auf den ersten neugierig gemacht. Eigentlich müssten nun an dieser Stelle ein paar Beispiele aus dem neuen Buch erwähnt werden. Doch der Rezensent lässt dies bewusst bleiben, nicht, weil er das Buch nicht gelesen hat (bewahre, bewahre!),  diese Besprechung muss schlicht und einfach reichen, um die Leserschaft «gwundrig» genug gemacht zu haben. 

Fazit: Thomas Widmers «Neue Schweizer Wunder» sind, wie alle seine Werke, superb getextet und süffig zu lesen. Wo Widmer drauf steht ist auch Widmer drin. Wen wundert's?

6. September 2024

Die Reise ans Meer

Otto Steiger: Die Reise ans Meer, eco-verlag,
Zürich, 1986
Mit diesem Roman schuf Otto Steiger eine Ästhetik der Reise, die, als Quintessenz seiner existenziellen Botschaft, das Gleichnis von der Reise und der Sesshaftigkeit im Geist verdichtet.

Die schelmenhafte Romanfigur reist auf dem goldenen Traum von Glück und Freiheit über alle Grenzen hinweg, die die Fesseln des Gewohnten in die Seelen stanzt. Die Reise öffnet ihm die zauberhafte Gefährlichkeit des lebenden Seins, Stunden vor dem Wahn sowie bizarre Abenteuer: eine Weile lässt er sich mit einer Schaustellertruppe ein, spielt dort, wo seine «Mignon» arbeitet, den Clown; wird dann Grossunternehmer in Gartenzwergen, verschenkt das Ganze seiner ihn verfolgenden Konkurrenz – doch solches Benehmen ist verdächtig: von der Strasse weg wird er verhaftet und zur Beobachtung ins Tollhaus gesteckt. Dort springt er im Gespräch mit dem Psychiater mit der Leichtfüssigkeit eines Merlin über den schwermütigen Irrwitz unserer Zeit: Aberglaube an die Allmacht des Wissens; Schlagwortmentalität; Hochkonjunktur als aberwitziger Leerlauf; Meinung der Mehrheit als Kriterium für Wirklichkeit und Wahrheit … (Klappentext)

3. September 2024

Eiger – Die vertikale Arena

Daniel Anker: Eiger – Die vertikale Arena,
AS Verlag, Zürich, 1998
Der Eiger ist der berühmteste Berg in den Alpen. Seine berüchtigte Nordwand ist nicht nur eingefleischten Bergsteigern bekannt als Schauplatz ungezählter Bergtragödien und -triumphe. 60 Jahre nach der Erstbesteigung zieht diese Bergmonographie Bilanz über die bisherigen Ereignisse in der Wand.

Wie eine Arena aus Fels und Eis thront die 1800 m hohe Nordwand des Eigers über den Alpwiesen und Berggasthäusern von der Kleinen Scheidegg und von Alpigeln oberhalb Grindelwalds. Eine Arena, wie geschaffen für spannende Auf- und Abtritte. Bequem können Schaulustige mit dem Feldstecher das Geschehen in der Wand von den Restaurantterrassen aus verfolgen, derweil sie am Aperitif nippen. Der Eiger ist der öffentliche Berg schlechthin. Die Erstbesteigung des markanten, weitherum sichtbaren Gipfels erfolgte 1858 durch einen irischen Gelegenheitsbergsteiger und zwei Berner Oberländer Bergführern über die Westflanke, die heutige, immer noch als ziemlich schwierig eingestufte Normalroute. Der für «unmöglich» gehaltene Nordost- oder Mittellegigrat wurde 1885 erstmals im Abstieg und 1921 vom Japaner Yuko Maki und drei Berner Oberländern im Aufstieg erklettert. Die ganz grosse Herausforderung wartete aber noch die als «Wand der Wände» bezeichnete Eigernordwand. Bevor der Durchstieg den Deutschen Andreas Heckmair und Ludwig Vörg sowie den Österreichern Heinrich Harrer und Fritz Kasparek im Sommer 1938 glückte, kamen acht Alpinisten ums Leben. Das tragische Ende von Toni Kurz, er starb 1936 im Seil hängend, vor den Augen der Rettungsmannschaft, die ihn nicht bergen konnte, ist einer bekanntesten Unfälle der Alpinismusgeschichte. Seither rissen Triumphe und Tragödien am Eiger nicht ab: Die Nordwand forderte über 50 Tote; sie wird auf ihrer ganzen Breite von 21 verschiedenen, teils extrem schwierigen Routen durchzogen. Die AS-Bergmonografie «Eiger» begeistert alle: Jene, die gerne selbst in der Wand klettern würden, ebenso jene, die dem Treiben lieber mit dem Fernglas vom sicheren Boden aus zuschauen.
(Inhaltsangabe zum Buch)