Diverse Autoren: Trockenmauern, Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz, Steffisburg, 1996 |
Trockenmauern sind heute noch ein fester Bestandteil des Landschaftsbildes der Schweiz. Doch viele dieser ökologisch wertvollen Lebensräume von Tieren und Pflanzen sind bedroht. So gibt es zum Beispiel im Jura oder in der Bündner Herrschaft Hunderte Kilometer von Trockenmauern, die in einem schlechten Zustand sind. Wenn niemand Hand anlegt und für ihren Unterhalt sorgt, werden sie zerfallen – langsam, aber sicher.
Über viele Jahrhunderte und bis zum Ende der Fünfzigerjahre gehörte der Unterhalt der Trockenmauern zu den regelmässigen Arbeiten der Bauern. Sie nützten die ruhigen Monate mit wenig Feldarbeit dazu, die Mauern rund um ihre Felder und Weiden zu pflegen oder neu zu bauen. Doch mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft – und der durch die Industrialisierung bedingten Abwanderung vieler Arbeitskräfte in den Industrie- und den Dienstleistungsbereich – ist diese jahrhundertealte Tradition inzwischen beinahe völlig verschwunden. Die meisten Landwirte sind heute schon allein aus Zeit- und aus Personalmangel nicht mehr in der Lage, die Trockenmauern selber zu unterhalten. Zu diesem Problem kommen auch finanzielle Gründe hinzu: Moderne Zäune sind schneller – und damit bedeutend billiger – errichtet als Trockenmauern.
Diese Entwicklung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Deshalb hat die «Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz» (SUS) beschlossen, sich für den Wiederaufbau und den Unterhalt der Trockenmauern zu engagieren. Denn diese stummen Zeugen vergangener Handwerkskunst, diese «Chinesischen Mauern Europas», in denen unzählige Kleinlebewesen ein Zuhause finden, gefallen uns. Sie zu erhalten, ist eine Aufgabe der Allgemeinheit, eine Aufgabe des Natur- und Landschaftsschutzes geworden.
Die Suche nach einem Spezialisten, der uns in die Geheimnisse der Bautechnik einführen könnte, hat uns quer durch Europa geführt. Denn in der Schweiz gibt es nur noch wenige Fachleute, die eine Trockenmauer nach allen Regeln der Kunst bauen können. In Schottland, wo diese Handwerkskunst noch eine gepflegte Tradition ist, stiessen wir schliesslich auf Richard Tufnell. Der hervorragende Trockenmaurer und humorvolle Lehrer hat uns nicht nur sein Wissen vermittelt und uns gezielt im Bau von Trockenmauern ausgebildet. Dank seiner Unterstützung und auf der Basis seines Manuals «Building and Repairing Dry Stone Walls» ist auch das vorliegende Buch entstanden. Es soll das notwendige Fachwissen weitergeben, damit ein altes, beinahe vergessenes Handwerk wieder auflebt und auch für die Zukunft erhalten bleibt. Und zudem hoffen wir, dass auch Sie –liebe Leserin, lieber Leser – durch die Lektüre die Lust am selbständigen, fachgerechten Bau von Trockenmauern entdecken. (Aus dem Vorwort von Marianne Hassenstein, damalige Geschäftsführerin SUS und Frank Rumpe, damaliger Projektleiter Trockenmauern SUS)
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