26. Dezember 2012

Launen der Natur

Derzeit lese ich ein Buch über die Geschichte der Juragewässerkorrektionen. «überflutet – überlebt – überlistet» ist es betitelt. Geschrieben hat es der 1966 geborene Matthias Nast. Gerne hätte ich heute dem Jahrtausendwerk einen fussgängerischen Besuch abgestattet. Geplant war eine Wanderung ab Biel entlang dem Nidau–Büren-Kanal nach Meienried, wo die Alte Aare von Aarberg her kommend in den Kanal mündet. Von hier wäre ich dem ehemaligen Aarelauf – das Häftli halb umrundend – nach Büren gefolgt. Doch die Launen meiner Gesundheit erlauben mir die Durchführung des Vorhabens nicht. Umgeben von einer Pulmex-Duftwolke werde ich mich also weiter in Nasts Werk vertiefen und die Wanderung zu einem späteren Zeitpunkt ausführen.

Matthias Nast: überflutet – überlebt – überlistet
Die Geschichte der Juragewässerkorrektionen
Herausgeber: Verein Schlossmuseum Nidau, 2006

All jenen, die sich für die Entstehung des heutigen Seelandes interessieren, sei das Buch sehr zur Lektüre empfohlen. Der Bieler Journalist und Filmemacher, Mario Cortesi, bringt es auf den Punkt:

Endlich hat es jemand gewagt, ein umfassendes, objektives und spannendes Werk über die Juragewässerkorrektionen zu schreiben! Die sorgfältig recherchierte Geschichte liest sich trotz der komplexen Materie leicht, zeigt auf, wie wichtig diese mutigen, nicht unumstrittenen Natureingriffe waren, die heute kaum mehr durchführbar wären. Diese weit zurückliegenden Momente sind hervorragend bebildert, mit Grafiken und Kartenausschnitten auch für Laien gut erklärt. Ein ausgezeichnetes Instrument für Menschen, die aus der Vergangenheit unserer Region für die Zukunft lernen wollen.

4. Dezember 2012

Mein Wintervorrat

Was tun im Winter, wenn das Tageslicht kurz und die dunkle Zeit lang? Lesen mitunter! Also habe ich diesen Herbst ein paar Wanderbücher gebunkert, die mir nun die Winterabende verkürzen sollen. Und weil ich mir den einen oder anderen Lesetipp auch aus Wanderblogs geholt habe, gebe ich meinen Wintervorrat hier gerne meiner Leserschaft weiter. Alle Texte stammen von den Verlagswebsites. Spätere kritische Würdigungen bleiben daher ausdrücklich vorbehalten.

R. Frei, D. de Roulet, W. Sieber, B.Bruggmann
Gallus-Wege
Zu Fuss von Bangor nach St. Gallen

Vier erfahrene Weitwanderer lassen sich zum Gallusjubiläum der Stadt St. Gallen von der Peregrinatio inspirieren und machen sich auf zu einer Stafettenwanderung von Bangor in Nordirland auf den Klosterplatz in St. Gallen. Appenzeller Verlag, Herisau, 2012
Oliver Schulz
Indien zu Fuss
Eine Reise auf dem 78. Längengrad

Oliver Schulz folgte der Route englischer Wissenschaftler, die im 19. Jahrhundert das Land vermassen, von der tropischen Südspitze bis hinauf in den Himalaja. Abseits der Touristenpfade durchquert er idyllische Landschaften und in die Breite wuchernde Städte, von Maoisten kontrollierte Dschungelgebiete und futuristische Hightech-Viertel. Er erzählt vom oft bizarren Zusammentreffen östlicher und westlicher Denkweisen. DVA Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2011


Cheryl Strayed
Wild
From Lost to Found on the Pacific Crest Trail

A powerful, blazingly honest memoir: the story of an eleven-hundred-mile solo hike that broke down a young woman reeling from catastrophe – and built her back up again. At twenty-two, Cheryl Strayed thought she'd lost everything when her mother died young of cancer. Her family scattered in their grief, her marriage was soon destroyed, and slowly her life spun out of control. Four years after her mother's death, with nothing more to lose, Strayed made the most impulsive decision of her life: to hike the Pacific Crest Trail from the Mojave Desert through California and Oregon to Washington State – and to do it alone. She had no experience as a long-distance hiker indeed, she'd never gone backpacking before her first night on the trail. Vintage Books, New York, 2012


Thomas Knubben
Hölderlin. Eine Winterreise

Anfang Dezember 1801 machte sich Friedrich Hölderlin von Nürtingen auf nach Bordeaux. Ihn trieb »die Herzens- und die Nahrungsnot«. In Frankreich hoffte er endlich die Existenz aufbauen zu können, die ihm zu Hause versagt geblieben war. Die Winterreise sollte zum Wendepunkt in seinem Leben und Schreiben werden: Das Vorhaben lässt sich gut an. Er wird freundlich empfangen und wohnt »fast zu herrlich«. Doch schon nach wenigen Wochen lässt er sich wieder einen Pass ausstellen und kehrt zurück. Sein Zustand ist trostlos. Die Freunde in Stuttgart erkennen ihn schier nicht wieder. Er ist vollkommen erschöpft und erregt zugleich, »leichenblaß, abgemagert, von hohlem wildem Auge, langem Haar und Bart, und gekleidet wie ein Bettler«. Was bloß war geschehen?

Anfang Dezember 2007 folgt Thomas Knubben der Route Hölderlins. Von Nürtingen aus wandert er über die Alb, über den Schwarzwald, über Straßburg, Lyon, die Auvergne nach Bordeaux. Er unternimmt eine poetische Wanderung. Er will wissen, ob auf diese Weise Neues zu erfahren ist über Hölderlins »fatale Reise«. Und ob es gelingen kann, den in den Dichterolymp Entschwundenen, zu seinen Lebzeiten durchaus politischen Poeten wieder ein Stück weit zurückzuholen in den Erfahrungshorizont der Gegenwart, ihn begreifbar zu machen in seiner alltäglichen poetischen Potenz.
»Erwandert«, entstanden ist so ein Buch, das zwischen der Winterreise Hölderlins und der eigenen Winterwanderung oszilliert, dabei auch die Kulturgeschichte der vielen anderen Winterreisen von Wilhelm Müller und Franz Schubert über Johann Georg Seume bis hin zu Werner Herzog und Richard Long einbezieht und so ein faszinierendes Panorama der Welterfahrung im Gehen schafft. Klöpfer & Meyer, Tübingen, 2012

1. Dezember 2012

Vor dem Vergnügen das Vergnügen

Winterwanderung
Trubschachen–Hohstullen–Langnau

Um von Trubschachen nach Langnau zu gelangen, gäbe es bedeutend kürzere Wege. Man liesse sich jedoch, würde man sie begehen, das erstaunliche Restaurant Bäregghöhe und weitere «Emmentalità» entgehen.

Trubschachen–Hohstullen–Langnau: die Route

Der Gasthof Bäregghöhe und der Weg dorthin nennt sich das Vergnügen vor dem Vergnügen. Jenes danach ist die Runde um den abseitig gelegenen Wittenbachgraben. Vom Bahnhof Trubschachen auf ausgeschilderter Route Richtung Bäregg, dem ersten Zwischenziel. Gegenüber der Kirche, an der Dorfstrasse 7 ein auffälliges Gebäude im Laubsägelistil: das in dritter Generation geführte Schuhaus Jakob. Ein wahrer Hingucker, auf den ennet der Trueb bereits der nächste folgt: der 1356 erstmals urkundlich erwähnte Gasthof Bären und angeblich älteste Bären der Schweiz. Die gigantische Frontfassade weist 31 Fenster und die Ründe stilvolle Malereien auf.

Schuhhaus Jakob in Trubschachen (BE)

Bären Trubschachen, 1356 erstmals urkundlich erwähnt

Links des Gebäudes hoch zu einer Wegverzweigung. Weiterhin auf die Bäregg zuhaltend zum Rand des Hasenleewaldes. Der angenehme Fussweg führt in der Steilflanke stets ansteigend und durch mehrere Gräben zu einem Strässchen am oberen Waldende. Diesem westwärts entlang bis zum Gasthaus Bäregghöhe.

Der Aufstieg zur Bäregg beim Schulhaus von Trubschachen

Ein schmaler Pfad führt durch die Steilflanke des Hasenleewaldes

Das Haus hoch über der Ilfis entspricht ganz und gar nicht dem Klischee eines behäbigen Emmentaler Landgasthofes. Dies ist weiter nicht tragisch, denn was das Wirtepaar Thomas Linder und Marianne Kühni seit über zehn Jahren im gut 100jährigen, einst als Kurhausbetrieb konzipierten Hause zelebrieren, ist vom Feinsten. Das Jugendstilambiente lädt zum Träumen und die Menükarte zum längeren Verweilen ein. Fazit: Die Einkehr ist ein Muss!

Chambre séparée im Restaurant Bäregghöhe mit Blick in die verhügelte Landschaft

Kulinarik ...

... und Interieur lassen im einstigen Kurhaus Bäregghöhe kaum Wünsche offen

Die Fortsetzung zur Fouzhöchi beginnt oberhalb der Wirtschaft und ist bis Hohstullen–Oltneren durchgehend markiert. Sollte die Bäregghöhe geschlossen haben (Mo, Di), kann am Rande des Fouzwaldes (Punkt 984) bei Tisch und Bank gerastet werden.
Auf breitem, meist bewaldetem Bergrücken nordwärts, vorbei an den Hoflichtungen von Oberst Rigenen und Bach in den Bachwald, wo sich beim Punkt 992 ein gedeckter, halboffener Blockhausbau zur Rast anbietet.

Oberst Rigenen

Nach einem weiteren Kilometer wird die stattliche Hofsiedlung Hohstullen erreicht. 500 Meter weiter nördlich wähle man den linken Weg Richtung Gugernülli, dem man bis Olternen, dem hintersten Hof im Wittenbachgraben folgt.

Hohstullen

Hier wird die offizielle Wanderroute verlassen und auf einem Fahrsträsschen zum unteren Hof von Olternen abgestiegen. Hier rechts haltend auf dem Strässchen weiter in eine mitunter waldige Partie, durch drei Gräben und über zwei Eggen bis zum ersten Gebäude des Stierenboden, einem freistehenden Spycher. Nördlich davon auf schwach erkennbarem Karrweg am Fusse eines steilen Hanges bis zum Waldrand. Hier nun nicht rechts den Weg hoch, sondern in gerader Fortsetzung in den Wald, wo ein ­schmaler Pfad schlecht erkennbar in einen Graben führt. Der einstige Karrweg ist an mehreren Stellen abgerutscht. Man halte daher die Augen offen und geniesse die Wildheit des Geländes. Rund 10 Minuten dauert der Spuk. Nach Erreichen des Waldrandes diesem entlang zur Fahrstrasse absteigen, wo ein gedeckter Rastplatz wartet. Die eher abenteuerliche Route kann auch umgangen werden, indem vom Stierenboden jenes Strässchen weiterverfolgt wird, welches 40 Höhenmeter tiefer den Wald durchquert und beim erwähnten Rastplatz auf die beschriebene Route trifft.
300 Meter nach dem Rastplatz wird der Hof Grindlen erreicht und damit die ausgeschilderte Route nach Langnau. Abstieg nach Chammershusschür am Schnittpunkt von Gohl- und Wittenbachgraben. Für 300 Meter folgt der Weg der Talstrasse, bevor es rechts über die Gohl und anschliessend kurz steil, später über Stufen zum Hinderen Gibel geht. Durch Wohnquartiere, vorbei an der katholischen und reformierten Kirche sowie am legendären Bären wird über die Marktstrasse das Zentrum von Langnau erreicht, wo der Bahnhof nicht mehr weit ist.

300-Meter-Abschnitt auf der Gohlgrabenstrasse

Beim Hof Gibel kurz vor Langnau

Reformierte Kirche von Langnau

Charakter: Lange Wanderung auf zum Teil nicht gut erkennbaren Wegen. Nicht durchgehend markiert. Distanz: 15.0 km Aufstieg: 600 m Abstieg: 660 m Dauer: 4½ Std. Karten: 1168 Langnau i.E., 244T Escholzmatt Einkehren: Bären Trubschachen, Telefon 034 495 51 ­­08, Ruhetag Mi ab 14 h, Do; Gasthaus Bäregghöhe, Ruhetag Mo, Di, Telefon 034 495 70 00, www.baeregghoehe.ch Hin: mit der Bahn bis Trubschachen Zurück: mit der Bahn ab Langnau i.E.