30. Dezember 2013

Sehr viel Emmental

War ich vor ein paar Tagen in den Buchsibergen unterwegs, so zog es mich drei Tage später ins leibhaftige Emmental. Ramsei–Egg–Neuegg–Rüegsbach–Hasle-Rüegsau lautete die Route. Und es war alles sehr sehr sehr. Sehr sonnig, sehr schneeig, sehr aussichtsreich, sehr wohltuend, sehr emmentalisch, sehr gotthelfisch, sehr einsam, sehr hell, sehr von mystisch wabernden Nebelbänken umgeben und in Hasle-Rüegsau sehr sehr verkehrsreich mit sehr viel Lärm. Wie fotogen die ganze Strecke war, zeigen 26 Bilder hier.

Nicht sehr, aber viele Wegweiser in Waldhaus (BE).

27. Dezember 2013

Schattwand

Urs Augstburger: Schattwand
dtv, München, 2001
Unverhofft erbt der Grossstädter Severin Somm ein Haus in Gspona, einem Bergdorf mit Einwohnern, die Gspona noch nie verlassen haben. Mit dem Haus erbt Somm auch dessen Bewohnerin: die schöne, aber verschlossene Lucrezia Camenzind, die lebenslanges Wohnrecht dort genießt. Somm ist guter Dinge, als er in Gspona ankommt. Doch nach kurzer Zeit findet er in seinem Haus einen zugemauerten Raum, in dem sich geheimnisvolle Zeichnungen und Truhen mit Kinderkleidung befinden. Während Severin Somm nach und nach das Geheimnis der früheren Bewohner lüftet und sich Lucrezia nähert, beginnt der Berg zu beben ... (Klappentext)

GR: Fiktive Region Avers und Hinterrhein

26. Dezember 2013

Wildost in Deutschlands Mitte

Fred Sellin: Wenn der Vater mit dem
Sohn,
Piper, München, 2009
1400 Kilometer zu Fuss entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze: Fred Sellin erzählt von seiner siebenwöchigen Wanderung mit Sohn Robin – einer Wanderung durch unbekanntes Heimatland. Vorbei an verfallenden Grenzbauten, ehemaligen Stasi-Agentenschleusen, verwunschenen Klosteranlagen, düsteren Burgruinen und entvölkerten Orten, durch idyllische Täler und auf überwucherten Wegen erleben die beiden deutsche Mentalitäten und Landschaften. Ihre Reise wird ein großes spontanes Abenteuer zu zweit, bei dem Vater und Sohn sich immer wieder gegenseitig überraschen und neu kennenlernen. (Klappentext)

Sellin, der in der DDR aufwuchs, berichtet auch aus jener Zeit; von Einzelschicksalen, vom totalitären Regime, von den für westliche Begriffe unglaublichen Freiheitseinschränkungen, von Enteignungen etc. Und immer wieder tauchen haarsträubende Geschichten über Menschen auf, die es in ihrer Heimat nicht mehr aushielten, in die BRD flüchten wollten und hierbei von den Grenzern abgeknallt wurden:

Der Baumaschinist [Heinz-Josef Grosse] aus dem nahen Dorf Thalwenden hatte über Jahre immer wieder als Zivilist im Grenzstreifen gearbeitet. Er galt als zuverlässiger Staatsbürger, wurde zwar stets bewacht, aber gelegentlich nicht so streng wie andere. Am 29. März 1982 baggerte er einen Graben aus, in dem Kabel zu dem neu errichteten Beobachtungsturm verlegt werden sollten. Als ihn seine zwei Bewacher am Nachmittag kurz allein liessen, fuhr er mit seinem Vorderlader zum Grenzzaun, kletterte auf die Baggerschaufel, sprang hinüber und lief den Hang hinauf. In dem Moment kehrten die beiden Grenzer zurück. Aus fünfzig Meter Entfernung feuerten sie neun Geschosse auf den Vierunddreissigjährigen. Grosse verblutete. Die Todesschützen wurden, wie in solchen Fällen üblich, vom Kommandeur des Grenzregiments belobigt, erhielten hundertfünzig Mark Prämie und Sonderurlaub.

23. Dezember 2013

Ein Leerschlag macht noch keine Sintflut

Die Prognose für den 28.12.2013 aus heutiger Sicht.
Zwei Stunden später war der Fehler korrigiert.
Am kommenden Samstag will ich im Neuenburger Jura wandern gehen. Die Wetterprognosen versprechen nicht gerade das, was man als postweihnächtlicher Winterwanderer gerne hätte. Von Föhn in den Alpen ist die Rede und von 12 Grad Celsius. Der mit unglaublicher Regelmässigkeit eintretende Wärmeeinbruch zum Jahresende. Klimaerwärmung hin oder her, egal ob das Jahr zu feucht, zu warm, zu kalt oder zu trocken war, dieser Wärmeeinbruch kommt mit einer zeitlichen Präzision daher, als ob Herr Bucheli einen Pakt mit dem lieben Petrus geschlossen hätte. Oder umgekehrt.

Bloss, das Übertreiben dürften die Wettermacher bei Meteo Schweiz getrost unterlassen. Dass am Samstag aus Westen gleich mehrere Regen aufkommen sollen stimmt mich mehr als nur pessimistisch. Wobei: Die genaue Betrachtung der Sachlage zeigt einmal mehr die Perfidie der deutschen Sprache. Ein Leerschlag zuviel und schon wird aus aufkommendem Regen ein beängstigender Plural, aus «aufkommender Regen» also «aufkommen der Regen». Die ungewollte Absicht des schreibenden Frosches beruhigt doch schon mal gewaltig und macht aus dem Pessimisten einen verhaltenen Optimisten. Im Übrigen bin ich sehr froh, dass das Deutsche nach wie vor die Gross- und Kleinschreibung kennt. Man stelle sich einmal vor, wenn sich vor lauter regen regens sich die regen nicht mehr regen.

22. Dezember 2013

Oberwasser

Jörg Maurer: Oberwasser
S. Fischer, Frankfurt, 2012
Empfehlenswert ist die handliche und
haptisch gut anzufühlende Ausgabe
aus der Taschenbibliothekreihe

Nachts in einem idyllischen alpenländischen Kurort: Dunkle Gestalten schleppen eine leblose Person zur Höllentalklamm. Kommissar Jennerwein erhält einen heiklen Auftrag. Er muss einen verschwundenen BKA-Ermittler finden, aber niemand darf wissen, dass er nach ihm sucht. Während er mit seinem bewährten Team offiziell einem Wilderer nachstellt, forscht er in Gumpen und Schluchten nach dem Vermissten. Derweil erzählen die Einheimischen düstere Legenden von Flössern, die einst das Wildwasser in eine Höhle sog, ein neugieriger Numismatiker entdeckt kryptische Zeichen auf einer alten Goldmünze, und ein Scharfschütze lauert am Bergbach. Kommissar Jennerwein gerät beinahe ins Strudeln … (Klappentext)

Jörg Maurer tischt uns eine originelle Kriminalgeschichte auf, die mich puncto fiktionaler Raffinesse zeitweise an Alfred Hitchcocks Fünf-Freunde-Jugend-Krimis «Die drei ???» erinnerte. Die geschickt arrangierten Handlungsstränge erhalten erst gegen das Ende des Romans einen zusammenhängenden Sinn, was die Lektüre zu einem unterhaltsamen, vorwärtstreibenden Unterfangen werden lässt. Ferner gibt uns Maurer – er stammt selber aus Garmisch-Partenkirchen, dem Hauptschauplatz – einen unverblümt ulkigen Einblick in das Wesen des alpenländischen Bayerntums. Gleichzeitig dient «Oberwasser» als die perfekte Vor- oder Nachbereitungslektüre für einen Urlaubsaufenthalt im glücklicherweise inskünftig olympiafreien Alpenkurort.

«Oberwasser» ist Maurers vierter Alpenkrimi. Der sechste, unter dem Titel «Felsenfest», hat am 10. März 2014 um 20 Uhr im Gasteig/Carl-Orff-Saal an der Rosenheimer Strasse 5 in 81667 München Premiere. Jörg Maurer wird daselbst anwesend sein und eine musikkabarettistische Lesung halten. Tickets unter www.muenchenticket.de

D: Garmisch-Partenkirchen*, Werdenfelser Land*, Höllentalklamm*, Kramerspitze, Murnau, Murnauer Moos, Schröttelkopf Alm, Wettersteinwand, Spitzner-Alm, Zugspitze, Frankfurt a.M. Riessersee, , Ostfelderkopf, Hupfleitenjoch E: Malaga I: Torbole (Gardasee) Marokko: Fès

*Hauptschauplätze 

21. Dezember 2013

Den Vögeln zum Frass

Ulrich Knellwolf: Den Vögeln zum Frass,
Nagel & Kimche, Zürich, 1999,
als Taschenbuch bei Fischer,
Frankfurt, 2004
Bei einem Hamburger Antiquar taucht überraschend das Tagebuch des Reisläufers Franz Anton von Haggenegg auf. Da es voller pikanter Familiengeheimnisse ist, reist der Bankier Hans Haggenegg, Nachfahre in direkter Linie, überstürzt in die Elbestadt, um es zu ersteigern. Dort muss er feststellen, dass an dem Dokument noch andere, höchst dubiose Käufer interessiert sind. Nach dem ersten Mord steht fest: In dem Tagebuch steht mehr drin als nur ein paar historische Aufzeichnungen. Die Jagd kann beginnen. (Klappentext)

Die verworrene Geschichte Knellwolfs zählt unzählige Schauplätze auf, weshalb sich die temporeiche Erzählung schwerlich in seiner ganzen geografischen Breite nachwandern lässt. Ich erwähne sie hier dennoch, weil sich Fiktion und Historie wunderbar ergänzen. Wer indes einmal auf dem Jakobsweg von Einsiedeln her kommend über die Haggenegg am Kleinen Mythen vorbei nach Schwyz hinunter gewasauchimmer ist, wird der Lektüre auch schauplatzmässig einiges abgewinnen können.

SO: Stadt Solothurn SZ: Haggenegg, Schwyz (u.a. Pfarrkirche, Friedhof) ZH: Stadt Zürich (u.a. Kunsthaus), Zürich Flughafen F: Ivry, Paris D: Weimar, Jena, Berlin, Hamburg, Friedrichskoog RUS: Studjanka, Beresina, Zarskoje Sjelo

18. Dezember 2013

Nachschlag zur AOC Thunersee

Gerne komme ich noch einmal auf meinen Beitrag über den Rebbau am Thunersee zurück und reiche allfälligen Interessenten vier Buchpublikationen nach, die sich dem Thema widmen.

Albert Schaufelberger:
Thuner Reben – Thuner Wein
Ott Verlag, Thun, 1986


Alfred Stettler:
Der Weinbau in Spiez am Thunersee
Fischer, Münsingen, undatiert!
PS. Stettler ist der Spiezer Ortschronist ...

Klaus Schilling/Rebbaugenossenschaft Spiez: Der Spiezer – Eine Reise durch das Rebenjahr
Weber Verlag, Gwatt-Thun, 1998
PS. Klaus Schilling war während mehrerer Jahre Spiezer Rebbaumeister.

Klaus Schilling/Rebbaugenossenschaft Spiez: 75 Jahre Rebbaugenossenschaft Spiez
Weber Verlag, Gwatt-Thun, 2003

17. Dezember 2013

Schizogorsk

Walter Vogt: Schizogorsk,
Arche, Zürich, 1977
Nach Seldwyla, Güllen, Jammers und wie die erfundenen Schweizer Städte und Dörfer alle heissen, bringt Walter Vogt «Schizogorsk» ins Spiel. Schizogorsk heisst das Dorf selbstverständlich nicht: Schizogorsk ist der Deck- und Codename für einen Ort, der im Mittelpunkt einer kombinierten Geheimaktion von Generalstab und Staatsschutz steht. Der Autor macht keinen Hehl daraus, dass seinem Ich-Erzähler der klassische Privatdetektiv des amerikanischen Kriminalromans Pate gestanden hat, er lässt sich jedoch nirgends auf die Aktivitäten eines Amateurkriminalisten ein, er bleibt vielmehr bei seinem Leisten, der Psychiatrie.
 Die spannungsreiche Geschichte der Geheimaktion spielt übrigens keineswegs von Anfang an in Schizogorsk, sie fängt offen und unverblümt in Bern und Umgebung an. Trotzdem steht schliesslich Schizogorsk für die gesamte Soziallandschaft der Schweiz. (Klappentext)

BE: Stadt Bern, Guggisberg und Umgebung (Hauptschauplätze) FR: Plaffeien

13. Dezember 2013

Die Gehmannfrage

Was ist eigentlich mit all den Walkmen aus den 80er-Jahren und den darauffolgenden CD-Walkplayern geworden, frage ich mich angesichts der heute ungleich grossen Flut an MP3-Playern, integriert in Milliarden von Walkphones. 

Ob es da Walkman-Friedhöfe gibt, von denen die Welt nichts weiss? Und ach, wo liegen all die Kompaktkassetten herum, die wir damals mit der Schweizer Radio Hitparade bespielten, mit Udo Jürgens, Heino, Peter Alexander, den Sweet, Slades, Bay City Rollers und später die Schallplatten von Genesis, Deep Purple, Nazareth, Jethro Tull und – oh du Nachhineinschreck – Uriah Heep raubkopierten. Wo sind sie nur, wo bloss wo?

12. Dezember 2013

Benz

Hans Schmitter: Benz
Franke, Bern, 1960
2012 neu aufgelegt von der
Kulturkommission Thierachern
In dem 1960 erstmals erschienenen Jugendbuch schildert der 1913 in Bern geborene Lehrer Hans Schmitter die Geschichte eines Jungen, der allerlei Alltägliches aber auch Abenteuerliches erlebt. Die seit Jahren vergriffene Erzählung spielt im Gebiet des ehemaligen Kanderlaufs, namentlich in der Ebene zwischen Uttigen und Thierachern respektive auf der riesigen Baustelle am Strättlighügel zwischen Gwatt und Einigen. Aus Anlass des 300-Jahr-Jubiläums der Kanderumleitung wurde «Benz» im vergangenen Jahr in einer Auflage von lediglich 700 Exemplaren neu aufgelegt. Am 12. Dezember 1713 durchfloss das Kanderwasser erstmals den 250 Meter langen Durchstich. Die Umleitung des Flusses in den Thunersee und die damit verbundene Reduktion der Hochwassergefahr für die Dörfer Allmendingen, Thierachern und Uetendorf stellte für damalige Verhältnisse ein Jahrhundertwerk dar. Dass die Region Thun auch heute noch die Weitsichtigkeit der damaligen Entscheidungsträger zu schätzen weiss, beweist der 2012 ins Leben gerufene Verein 300 Jahre Kanderdurchstich.

In bildhafter Sprache werden in «Benz» nicht nur die Sorgen und Nöte der
Unsesshaften und Besitzlosen zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem Regime der Gnädigen Herren in Bern geschildert. Sondern auch der harte Alltag der Tunnelarbeiter und Sträflinge, der sogenannten Schallenwerker also. Den Charakter einer Arbeitskraft, jener des jugendlichen Benz Gander, schält Hans Schmitter dabei besonders heraus. Wie er nach einem neuerlichen Unwetter mit Mutter, Schwester und Grossvater die versumpfte Ebene, und damit das Betteln und herumlungern an der Zollbrücke vor den Toren Thuns sowie das schäbige Mietshaus hinter sich lassen muss, und im kargen Fischerleben bei Verwandten am See landet. Um schliesslich für ein tägliches Brot als Schmiedebub auf der Baustelle einzusteigen, wobei Benz‘ Arbeitsbedingungen hier noch zu den besseren zählen. Und er erst noch einen Beruf erlernt.

BE: Thierachern, Zollhaus (Allmend), Uetendorf, Thun, Einigen, Strättligturm, Kanderdurchstich, Thunersee, Thuner Allmend (Hauptschauplätze), Stadt Bern


10. Dezember 2013

Jenseits der Couch

Esther Pauchard: Jenseits der Couch,
Nydegg Verlag, Bern, 2010
Eine Frau wird in die Psychiatrie eingewiesen, die Diagnose lautet Schizophrenie. Sind ihre Beschuldigungen gegen ihren Ehemann ernst zu nehmen? Wahn oder Wirklichkeit? Kassandra Bergen, erfahrene Assistenzärztin in der psychiatrischen Klinik Eschenberg, hat schon manches erlebt. Aber dieser Fall ist anders. Das Schicksal ihrer Patientin lässt sie nicht mehr los.Was als Nachforschung aus medizinischem Interesse beginnt, nimmt bald einen unheilvollen Verlauf. Und nichts ist mehr, wie es zu sein schien. (Verlags-Website)

BE: Psychiatrische Klinik Münsingen (Hauptschauplatz), Münsingen, Aaretal, Thun (u.a. Restaurant Altes Waisenhaus, Restaurant Beau Rivage, Spital, Kantonspolizei, Bonstettenpark, Schadaupark, Aarequai Thun–Hünibach, Thunersee), Stadt Bern (Bahnhof, Ryfflihof, Neuengasse, Altstadt), Biglen, Grosshöchstetten

9. Dezember 2013

Wenn Literaten wandern

Diverse Autoren: «Einen schweren Schuh
hatte ich gewählt …»,
Dörlemann
Verlag, Zürich, 2013
Seit 1996 findet jeweils sommers in Leukerbad das Internationale Literaturfestival statt. Ins Leben gerufen wurde der Anlass von dem aus Leukerbad stammenden Verleger Rico Bilger (Bilger Verlag). Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der halben Welt haben in all den Jahren den Weg in den Schoss der Gemmi gefunden . John von Düffel war hier, Chika Unigwe, Yoko Tawada, Monika Sznajderman, Jakob Arjouni†, Arnon Grünberg, Helga Glantschnig, Amira Hass, Chirikure Chirikure. Alle waren sie da. Aus Deutschland, Österreich, den USA, Nigeria, Israel, Mexiko, Neuseeland, Tunesien, Weissrussland, Russland, Syrien, Polen, Bulgarien etc. Und natürlich auch aus der Schweiz: Alex Capus, Hugo Loetscher†, Franz Hohler, Urs Mannhart, Paul Nizon, Petra Ivanov, Silvio Huonder, Peter Bichsel, Daniel de Roulet, Rolf Dobelli, Rolf Lappert, Hansjörg Schneider, Peter Stamm und wie sie alle heissen.

Nun ist es ja mittlerweile eine nette Tugend der Schreibzunft geworden, dem Wandertum zu fröhnen und daraus literarischen Mehrwehrt zu schöpfen. Genau dies haben die ehemaligen Leukerbader Literaturfestivalteilnehmer  Arno Camenisch, Gerhard Falkner, Nora Gomringer, Sabine Gruber, Judith Hermann, Rolf Hermann, Douna Loup, Tanya Malyarchuk, Urs Mannhart, Francesco Micieli, Christine Pfammatter, Angelika Reitzer, Michail Schischkin, Monique Schwitter, Christoph Simon, Marie-Jeanne Urech und Peter Weber im Rahmen eines Buchprojektes getan.

Unter dem antiquiert anmutenden Titel «Einen schweren Schuh hatte ich gewählt …» führen die Autorinnen und Autoren die Leserschaft in 19 Wanderungen durch die nahe und weite Umgebung von Leukerbad. Zum Wasserfall, auf und um das Torrenthorn herum, über den Restipass ins Lötschental, auf den Gemmipass, dreimal über die Albinenleitern, nach Brentschen, in die Nasenlöcher des Bietschtals, von Varen hoch ins Murmiltangil, von Leuk nach Sierre und nach Ausserberg, in den Illgraben und letztlich dreimal in den Pfynwald.

Besonders gut in Erinnerung geblieben ist mir der Text Gerhard Falkners. In sprachgewaltigem Pathos, kritisch-wachem Geist und witzig-skurrilen Formulierungen hebt sich der Autor von den anderen Elaboraten glasklar ab. Eine Entdeckung war indes auch der Russe Michail Schischkin. Ansonsten empfand ich das Gebotene als mittelmässige Fabulierkunst. Dass nicht alles gefiel, liegt erfahrungsgemäss in der Natur einer Anthologie.

Das Glanzstück aus gestalterischer Sicht ist indes der Umschlag! Dieser besteht aus einer gefalteten 50'000er-Karte sowie den Ausschnitten zu den einzelnen, im Buch eher dürftig beschriebenen Routen. Im Berndeutschen kennen wir für derartiges Machwerk die schönen Begriffe «tschent» und «gäbig».

Für mich der Buchumschlag des Jahres. Und wer sich am Torrenthorn im Schneesturm verirrt, hat gleich noch den Zunder dabei.





8. Dezember 2013

Angst, Haas und Wellness

Petra Ivanov:
Angst, Haas und Wellness,
Appenzeller Verlag, Herisau, 2010
Martin Angst und Vera Haas wollen in Bad Zurzach bei Wellness und gutem Essen ihre Bezie-hung klären. Da wird die 52jährige Verena Zimmermann in ihrem Wohnzimmer ermordet. Neben der Leiche liegt bewusstlos ihr Bruder Paul, eine blutverschmierte Holzplastik der Heiligen Verena in der Hand. Obschon alle Türen und Fenster von innen verschlossen sind, behauptet Paul, nichts mit dem Tod seiner Schwester zu tun zu haben. Nun soll Kriminal-techniker Martin prüfen, ob trotzdem jemand ins Haus eindringen konnte. Unterstützung findet er bei der attraktiven Polizistin Kay; bald drehen sich seine Gedanken nur noch um sie. Die ehrgeizige Vera macht derweilen den Jugendfreund von Verena Zimmermann ausfindig. Gelingt es dem Duo Angst-Haas, den Mord aufzuklären? Können die beiden ihre Beziehung kitten? (Klappentext)

AG: Bad Zurzach (Hauptschauplatz), Achenberg

7. Dezember 2013

So tickt die Suchmaschine

Als Blogger beim Google-Dienst Blogger steht es mir frei, von Google geschaltete Werbung anzeigen zu lassen. Täte ich dies, könnte ich nebenher ein wenig Geld verdienen. Allerdings nur, wenn die Leser meines Blogs entsprechend oft die Werbebanner anklicken. Welche Werbung Google schaltet, hängt zum einen vom Inhalt der Posts ab, zum andern beruht die Sache auf dem Zufallsprinzip. Unter Umständen erscheinen also Anzeigen, mit welchen ich als Blogger lieber nicht in Verbindung gebracht werden möchte. Dies ist mitunter ein Grund, weshalb ich auf diesen möglichen Nebenverdienst verzichte. 

Anders handhabt es Wanderfreund Widmer. Er hat sich vor längerer Zeit für die Google-Anzeigen-Maschinerie entschieden. Um zu verdeutlichen, welche Formen sie manchmal annimmt, sei folgendes Beispiel zitiert: 


Mit der Publikation dieses Posts erschien gleichzeitig eine Anzeige des Haarprodukteherstellers Garnier. Das macht durchaus Sinn, nicht wahr. Lustig ist nur, dass seit dem 3. November die Garnier-Werbung immer noch erscheint, wie Widmers Post von heute beweist. Es bleibt indes zu hoffen, dass sich das Banner nicht in einer Endlosschlaufe befindet. Eine Promotion für den Haarfärbe-Trend 2013 scheint mir zum aktuellen Zeitpunk definitiv nicht mehr en vogue. 



5. Dezember 2013

Verrat in Zürich West

Sabina Altermatt: Verrat in Zürich West
Orte, Oberegg, 2005
Alternative Jugendliche, eine junge Polizistin mit spanischem Namen, ein bärbeissiger Kommissar, aufgeheizte, junge Polizeibeamte, eine WG mit den üblichen sinnlosen und hin und wieder sinnvollen Diskussionen, eine Bündnerin, die um ihre Schwester trauert und hungrig nach Liebe sucht. Sie gehören zum Personal des ersten Kriminalromans von Sabina Altermatt. Und die Autorin versteht es, Spannung zu erzeugen und in prägnanten Sätzen die Story gekonnt voranzutreiben. Klappentext

ZH: Zürich Stadt, Oerlikon, Zürichsee (Hauptschauplätze) GR: Versam Station, Ems-Chemie Ems, Sumvitg, Crestasee bei Flims

4. Dezember 2013

Dann und wann

Kaum waren die drei Könige
Dann schon Ostern
Dann die Taube
Das war Pfingsten
Dann Maria
Ab in den Himmel
Allerheiligen
Und dann der Advent
Eins, zwei, drei
Die Zeit rennt

Wenn die vierte Kerze brennt
Dann ist Weihnacht
Oh Dannenbaum, oh Dannenbaum
Wann ist Ostern?

Dann

3. Dezember 2013

Nationalsport?

Wir trafen uns in Wynigen, dem Dorf inmitten emmentalisch anmutender Hügel. Mein Lektor und ich. Vergangenen Sonntag. Von der inzwischen als alte Bahnlinie zu benennendem Strang zwischen Mattstetten und Rothrist durch schneeweisse Felder und laublose Wälder. Ich hätte – oh unverhoffte Sonne – die Sonnenbrille einpacken sollen. Erkenntnis des Tages: Im Dreieck Emmental–Oberaargau–Berner Mittelland werden mehr Könige gemacht als anderswo. Der jüngste stammt aus dem nahen Alchenstorf. Matthias Sempach schwang am letzten Eidgenössischen im ebefalls nahen Burgdorf obenaus. Im Bären Ersigen, wo wir gediegen tafelten – Rehgeschnetzeltes mit Spätzli und Rosenkohlgratin –, hing Sempachs Dankesschreiben an die Wirtsleute.

Der Schwingerkönig 2013, Matthias Sempach (blaues Hemd), dankt dem Bärenwirt von Ersigen. Mein Lektor und ich waren uns einig: Das Bild der beiden Schwinger – der Unterlegene ist Christian Stucki – weist eine gewisse homoerotische Komponente auf. Tja.


Es bedankten sich auch ein Daniel von Känel, Schlägerkönig am Eidgednössischen Hornusserfest 2012 in Lyss sowie ein Sandro G., bester Schläger am heurigen Interkantonalen Hornusserfest in Selzach. Sein Dankesschreiben an den spendablen Bärenwirt zeugt von bodenständiger Ehrlichkeit und Authentizität:

Ich möchte mich noch recht Herzlich bei Ihnen Bedanken für die wunderschöne Glocke wo ich in Selzach gewonnen habe. Ich habe sehr Freude daran. Es ist für mich eine grosse Ehre, diese Glocke von Ihnen zu haben.

Sempach und von Känel sind bloss die jüngsten Beispiele dieser königlichen Umgebung. In früheren Jahren machte der Oberböse Adrian Käser Alchenstorf bereits zum Nabel des Schwingeruniversums. Bezieht man die weitere Geografie mit ein, so sei auch auf Silvio Rüfenacht aus Hettiswil bei Hindelbank hingewiesen. Sein Sieg an einem Eidgenössischen datiert aus dem Jahre 1992.

Henu. Was mich am ganzen Hype des sogenannten Nationalsports stutzig macht, ist die Tatsache, dass die Tessiner, Romands und Rätoromanen weitgehend nichts mit der Sache gemein haben. Am ehesten vielleicht noch die Romands. Das schwingerische Nationalgefühl ist also primär ein deutschschweizerisches. So gesehen existiert die Schweiz einmal mehr nicht. Da vermögen auch die Eidgenössischen Schwingfeste in Vevey, Lausanne, Fribourg, Neuenburg, Sion, La Chaux-de-Fonds, Nyon und 2016 in Estavayer-le-Lac nichts Entscheidendes daran zu ändern.

Hat ein Herz für Schwinger und Hornusser: der weitherum bekannte Bären in Ersigen (BE).

2. Dezember 2013

Sieht so eine Schlachtbank aus?



Dieses rustikale Exemplar sah ich im schwyzerischen Oberiberg. Es steht die Frage im Raum, wer mit diesen drei Frauennamen gemeint ist. Die drei Metzgerstöchter, die drei Bänklispenderinnen oder gar drei zur Schlachtbank geführte Kühe, welche hernach in veredelter Form in der Metzgerei wieder auftauchten?

30. November 2013

Rosas Blut

Peter Hänni: Rosas Blut,
EMH Schweizerischer Ärzteverlag,
Basel, 2008
Als Luca Clemente, Chirurg an der Berner Aareklinik, mitten in einer OP ans Telefon gerufen wird, ahnt er bereits, dass etwas passiert sein muss. Was er jedoch nicht ahnt, ist, dass dieses Gespräch sein bisheriges Leben komplett verändern wird. «Nur Carlo, Gott sei Dank!», ist das Erste, was ihm durch den Kopf geht, als sein Vater ihm mitteilt, Onkel Carlo sei in Italien an einem Herzversagen gestorben. Schon am nächsten Tag reisen Vater und Sohn zur Beerdigung ins süditalienische Montella. Doch kaum dort angekommen, beginnt die ländliche Dorfidylle zu bröckeln – und Luca sieht sich plötzlich in einen rätselhaften Mordfall verstrickt.  Jede Menge Geld unbekannter Herkunft, eine Mauer aus Schweigen und scheinbar makellose Alibis lassen die Ermittlungen zunächst ins Leere laufen. Erst als ein lange gehütetes Familiengeheimnis nach und nach ans Licht kommt, spitzt sich die Situation – nicht nur für Luca – dramatisch zu. Die Ereignisse fordern weitere Opfer, und die Zeit wird allmählich knapp. (Klappentext)

BE: Hauptschauplatz: Stad Bern (Spitalgasse 2, Institut für Rechtsmedizin an der Bühlstrasse, Polizeikaserne am Waisenhausplatz, Rathaus Parking, Gerechtigkeitsgasse 29, Marktgasse 28, Laubeggstrasse, Rosengarten, Hotel Bellevue), Deisswil, Ostermundigen, Hahnenmoospass, Flughafen Bern-Belpmoos SG: Flughafen Altenrhein SO: Stadt Solothurn ZH: Stadt Zürich (General-Guisan-Quai 12), Zürich Flughafen, Herrliberg I: Hauptschauplatz: Montella (Provinz Avellino); Guardiaregia, Flughafen Capodichino Napoli

29. November 2013

Tor süssi wi as kari

Internationale Vereinigung für Walsertum:
Wir Walser – eine Anthologie, Brig, 2012
Es war der Aufsteller des Tages. Eine Walliser Arbeitskollegin übergab mir das nebenan abgebildete Buch. Ein 324 Seiten dicker Band mit Geschichten, Bildern und Gedichten in einer unglaublichen Fülle an Walseridiomen. Auf die Frage, wann sie denn das Buch zurückhaben möchte, meinte sie schlicht, dass sie es mir schenke. Ich war baff.

Als Liebhaber der Walsergegenden und der Wege, die sie miteinander verbinden, freute mich diese unverhoffte Gabe gewaltig, denn der Inhalt birgt linguistische Schätze, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss, wobei vielmehr die Ohren auf ihre Rechnung kommen. Der 2012 aus Anlass des 50-Jahr-Jubiläums der Internationalen Vereinigung für Walsertum erschienenen Anthologie ist nämlich eine CD beigelegt. Die 129 nicht immer einfach zu lesenden Texte werden von deren Schöpferinnen und Schöpfern vorgetragen. Und weil auch hier nicht immer alles verständlich ist, liefert das grandiose Buch gleich noch die jeweilige deutsche Übersetzung mit. Als kleines Beispiel diene nachfolgendes Gedicht von Irene Alby Tregsch aus Eischeme (Issime) im Aostatal (I).

Dar Winn

Dar winn
Tor stoarchi wi a winn
Tor süssi wi as kari
Wüschpilljit tur d'liarchien grampi
As gsanh
Das schméckjt van liartschonu un schwitzini
Das chlöpft wi aksch in grünn rinni
Das zéllt van süttig chuchini
Van strawini bétti
Van moarvlljigi héntschini
Mit wüerter das lljitzenen
Wi triéni
Im volle moane.
Der Wind

Der Wind
Manchmal stark wie ein Wind
Manchmal süss wie ein Streicheln
Bläst zwischen den Ästen der Lärchen
Ein Gesang
Der nach Harz und Schweiss schmeckt
Der schlägt wie eine Axt in grüne Rinden
Der erzählt von heissen Suppen
Von Betten aus Stroh
Von steifen Händchen
Mit Worten die glänzen
Wie Tränen
Im Vollmond.

27. November 2013

Mord in Stein am Rhein

Jon Durschei: Mord in Stein am Rhein,
orte verlag, Oberegg, 1998
Wie in früheren Durschei-Krimis wird in «Mord in Stein am Rhein» mit der Umgebung des Untersees eine Landschaft ins Wort umgesetzt, die durch ihre Harmonie Leserinnen und Lesern gefallen dürfte. Aber ausgerechnet in dieser Ambiance ereignet sich Schlimmes. Gäste eines in den Rebbergen gelegenen wunderhübschen Garni-Hotels sind darin verwickelt und ebenso Menschen, die unten im von Touristen überfluteten Bilderbuchstädtchen leben. So die legendäre Wirtin Rösli Schwarzenegger, der Kauz Jim, ein junger Galerist oder die Honoratioren von Stein. Gerüchte beschäftigen über Tage hin nahezu alle Bewohner. Dem Benediktinerpater Ambrosius jedenfalls ist es mehr als recht, als er in sein Kloster nach Disentis zurückfahren kann; sein Abt freilich ist darüber kaum entzückt. Wiederum hat sein Pater gegen den eigenen Willen ein übles Verbrechen entwirrt — statt sich in Stein am Rhein von einer Operation zu erholen. (Klappentext)

SH: Stein am Rhein und Umgebung

25. November 2013

Wir basteln uns einen Zensurbalken

Seit ein paar Tagen tickt in diesem Blog der Countdown bis zum Tag meiner voraussichtlichen Pensionierung am 31. August 2028. Leserin Ursula fand das «witzig», wie sie in einem Kommentar schrieb. Nicht so Leser HU. aus O. (AG):

«Es macht mir nicht mehr die gleiche Freude wie noch vor ein paar Tagen, bei Dir bzw. bei Deinem Blog kurz hereinzuschauen. Mir sticht diese täglich wechselnde Zahl ins Auge. Tage bis zur Fussball-WM? Nicht so wichtig. Tage bis zum (nächsten) Weltuntergang? Uninteressant. Tage bis zur Pensionierung? In der Hoffnung, dann (noch) mehr zu Fuss unterwegs zu sein? Hat das Wandern mehr Bedeutung als das, wofür man sich täglich einsetzt, versucht weiter zu kommen (weiter als zu Fuss)?

Die Tage zählen? Für mich geht etwas verloren, wenn ich die Tage zu zählen beginne. Freue ich mich auf etwas und zähle ich die Tage, nimmt die Freude ab. Zähle ich die Tage, bis eine unangenehme Zeit vorbei ist, gewinnt das Unangenehme an Bedeutung.

Zählen, rückwärts, Rück-wärts, Ziel Null. Ende. Neubeginn? Ist nicht das Unterwegssein das Schöne und Interessante, beim Wandern wie im täglichen Leben? Vielleicht verrätst Du mir, wie ich den Zähler auf meinem PC ausschalten kann.»

Tja, lieber HU, dein philosophischer Ansatz hat etwas. Allein, mein Beweggrund, den Zähler ticken zu lassen, fusst auf anderen Überlegungen. Einerseits hat das Ganze galgenhumoresken Charakter und ist in Zeiten, wo sowieso alles und jedes gemessen, bewertet und ausgewertet wird, als Provokation zu verstehen. Wer auf die Zahl klickt, gelangt übrigens auf eine Website, wo der Countdown in seiner vollen Pracht betrachtet werden kann. Man ergötze sich an den rückwärtsrasenden Tausendstelsekunden!

Andererseits hat bekanntlich alles seine Endlichkeit. Ob ich indes tatsächlich am 31. August 2028 pensioniert werde, steht auf einem anderen Blatt, ebenso, ob ich überhaupt meine Pension erlebe. Auch bin ich mir nicht sicher, ob diese Countdown-Website noch 15 Jahre läuft. Und ja, was geschieht eigentlich mit all den Blogs, wenn deren Bearbeiter ableben und niemand, ausser der Verstorbenen, über den Zugang verfügen? Alleine diese Fragen machen den Rückwärtszähler zu einem spannenden Unterfangen.

Auf einen Punkt sei zudem noch hingewiesen. Es lohnt sich, früh genug Gedanken über die Zeit «danach» zu machen. Dies führt mir der Zähler nun regelmässig vor Augen. Nur soviel vorneweg: Als Pensionist immer nur wandern zu gehen, dürfte mit der Zeit auch langweilig werden, abgesehen davon, dass der Faktor Gesundheit eine zentrale Rolle spielen wird.

Damit also kein falscher Eindruck entsteht: Ich lebe sehr wohl im Hier und Jetzt, was meine Bloggereien hoffentlich beweisen mögen. Überdies freue ich mich auf die kommenden 15, 14, 13, 12, 11, ... Jahre, sei es beruflich oder privat. Und insgeheim hoffe ich natürlich, dass im Versteckten die Tage ab dem 1. September 2028 in gleichem Masse hochgezählt werden, auf dass ich mit 80 noch rüstig durch die Lande streife.

Deine Frage nach dem Ausschalten des Countdowns kann ich wie folgt beantworten: Es gibt zwei Möglichkeiten, sich dieser Anzeige zu entziehen. 1. Du betrachtest den Blog auf einem Smartphone. Dort fehlt der Zähler gänzlich. Weil sich am PC die Sache freilich nicht ausschalten lässt, kann 2. das Problem  mit einer kleinen Bastelei  perfekt behoben werden.

Man messe Höhe und Breite der Anzeige, nehme ein Stück Karton und schneide dieses entsprechend zu. Anschliessend suche man nach einem Stück dünnen Faden und klebe diesen mittig auf den Karton. Die zu überdeckende Position kann nun vom oberen Bildschirmrand abgemessen und der Faden daselbst angeklebt werden. Vor dem Aufrufen von www.schrittler.blogspot.ch wird nun der Zensurbalken – er lässt sich nach eigenem Gusto bemalen – hinter dem Monitor hervorgeholt und solange hängen gelassen, bis der Blog verlassen wird. Ich rate dringend davon ab, die vorgeschlagene Lösung mittels Tipp-Ex zu umgehen.

Ein Stück Karton, Faden und zwei Klebestreifen: Fertig ist der Zensurbalken.

24. November 2013

Die Innovationskraft des Durschnitts



Bereits vor anderthalb Monaten fielen mir in Herzogenbuchsee (BE) die weissen Bänkli auf. Und nun, bei einem erneuten Besuch im Oberaargau, stiess ich auf weitere Sitzgelegenheiten in dieser doch eher ungewohnten Aufmachung. Man mag diesem Herzogenbuchsee eine gewisse schweizerische Durchschnittlichkeit nachsagen, doch was die Kolorierung der Bänke anbelangt, hat Buchsi die Nase vorn.


22. November 2013

Tanner

Urs Schaub: Tanner,
Pendo, Zürich, 2003, neu aufgelegt
bei Piper, München, 2005
Die Spur eines ungewöhnlichen Verbrechens führt den suspendierten Kommissar Simon Tanner von Marokko ins romantische Grenzland zur französischen Schweiz: die grausamen Morde an kleinen Mädchen. Mithilfe des dicken Kommissars Michel und des zwergenhaften Butlers Honoré, der bei der reichen und verdächtigen Familie Finidori arbeitet, wühlt Tanner die Provinzidylle schnell auf und gerät dabei selbst in Lebensgefahr ... Ein Kriminalroman von hinreissender Üppigkeit und seltener erzählerischer Kraft. (Klappentext)

FR: Courgeveaux, Greng, Muntelier, Murten (Hauptschauplätze) BE: Stadt Bern ZH: Flughafen Kloten, Stadt Zürich

18. November 2013

Der Regimentsarzt

James Schwarzenbach:
Der Regimentsarzt, Thomas-Verlag,
Zürich, 1965
Dieser Rückblick in Romanform auf die Anfänge des Kurortes St. Moritz stützt sich auf zeitgenössische Briefe und Aufzeichnungen, Gästebücher, Zeitungsnotizen und mündliche Überlieferungen. Der Verfasser hat es sich zur Pflicht gemacht, durch die Fülle der belegten Begebenheiten und Details den mutigen Pionieren der St. Moritzer Hotellerie, den Kurärzten, sowie den ersten Gästen des Kurhauses und des Engadiner-Kulms ein sinnvolles Denkmal zu setzen.

Die markante Persönlichkeit des zielstrebigen Johannes Badrutt, der die Pension Faller aus bescheidensten Anfängen zum international bekannten Kulm-Hotel entwickelte, fand ihre Ergänzung in der Patrizierfamilie der von Flugi, die ihre ganze Initiative in die Nutzung der seit dem grauen Altertum bekannten Mauritius-Quellen legten. Nicht zuletzt aber gewannen die St.-Moritz-Bäder ihren internationalen Ruf dank der bewährten Tätigkeit ihrer ersten Kurärzte Dr. Brügger und Dr. Berry.

Im Mittelpunkt des Romans steht die faszinierende Persönlichkeit des Kurarztes Dr. med. Peter Berry aus Chur, der als junger Leutnant den Sonderbundskrieg miterlebte, als Regimentsarzt in der Swiss-British-Legion während des Krimkrieges diente, dann von seinem Schwager Badrutt nach St. Moritz gerufen wurde, wo er sich nach mehrjähriger Praxis als Bezirksarzt in Splügen endgültig als Kurarzt des 1865 eröffneten Kurhauses etablierte. Sein malerisches Talent, seine Liebe für Musik und Dichtung vererbten sich auf seinen Sohn der neben Segantini zu den bedeutendsten Malern des Engadiner-Hochgebirges zählt und dessen reiches Leben in einem kommenden Bande erzählt werden soll. (Klappentext)

GR: St. Moritz (Hauptschauplatz), Alp Giop, Alp Ober Alpina, Oberengadin, Julierpass, Chur, Splügen, Rheinwald, Lürlibad, Fahrt von St. Moritz via Lenzerheide nach Chur

14. November 2013

Eiger, Mord & Jungfrau

Paul Wittwer: Eiger, Mord & Jungfrau,
Nydegg Verlag, Bern, 2004
Im azurblauen Wasser vor Nizza schwimmt eine Wasserleiche. Kurze Zeit später stirbt an der Côte d’Azur ein Assistenzarzt der renommierten Berner Parkklinik Eiger. Alles deutet auf einen Segelunfall hin. Frau Knecht, die Mutter des verstorbenen Arztes, glaubt nicht an einen Unfall. Sie vermutet einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen. Sie bittet den ehemaligen Studienfreund ihres Sohnes, Dr. Franco Weber, viel versprechender und ehrgeiziger Herzchirurg des Berner Inselspitals, um Rat und Unterstützung. Gemeinsam mit einem Freund stellt Weber Frau Knecht zuliebe ein paar halbherzige Nachforschungen an.

Statt klare Antworten auf einfache Fragen zu bekommen, stossen die beiden auf komplizierte Widersprüche und dunkle Flecken – auch auf blendend weissen Arztkitteln. Dr. Franco Weber legt sein Skalpell aus der Hand und riskiert Kopf und Kragen, um die Todesfälle zu klären. Dabei stösst der unerwartet auf übelste Machenschaften in der modernen Spitzenmedizin. (Klappentext)

BE: Stadt Bern (Altstadt, Bärenplatz, Bremgartenfriedhof, Elfenau, Inselspital, Kirchenfeld) GE: Stadt Genf (Bahnhof, Unispital) F: Südfrankreich

12. November 2013

Albin Indergand

Ernst Zahn: Albin Indergand,
Huber, Frauenfeld, 1901,
neu aufgelegt bei Ex Libris, Zürich
1981
Albin Indergand sieht sich gezwungen, seinen Vater, der den Wildhüter ermordet hat, zu verraten. Der Verfemung durch die Dorfbewohner aber kann er dadurch nicht entfliehen. Tapfer bebaut der Ausgestossene ein steiniges Gütchen hoch über dem Dorf, bis er nach einer Erdrutschkatastrophe als mutiger Helfer gebraucht wird. Als die Franzosen das Land überfallen, wird Albin, dem die Tochter des Dorfvorstehers zur Seite steht, zum Anführer. Von den heranrückenden übermächtigen Truppen geschlagen, verliert Albin erneut das Vertrauen seiner Landsleute. Erst nach dem Kriege gelingt es ihm mit stetigem Fleisse einen geachteten Platz in der Dorfgemeinschaft zu erarbeiten.

In dieser wundervoll in die Urner Bergwelt eingebetteten Geschichte eines Aussenseiters, der sich trotz vieler negativer Voraussetzungen durchzusetzen vermag, ist dem Urner Volksdichter der Typus des Bauern- und Heimatromans, der ihn weit über die Schweiz hinaus berühmt gemacht hat, am reinsten und schönsten gelungen. (Klappentext)

UR: Wassen und Umgebung, Altdorf, Erstfeld, Seedorf

10. November 2013

Der Steinbaum

Herbert Squindo: Der Steinbaum,
Edition Hans Erpf, Bern-München, 1993
Leben am Berghang: Den einen ist es die Idylle schlechthin, den andern aber wird alles abgefordert. Karges, schroffes Land – und so sind auch seine Besiedler: Zäh, kantig, zornig. In dieser «hängenden Welt» wird Alois gross und schnell erwachsen. Und er beginnt zu träumen: Er will hinaus, ins Fernblau. Einige Erwachsene, allen voran, sein Lehrer und ein Kunstmaler, öffnen ihm die Augen, und Alois bekommt eine Vorstellung von seinem eigenen Leben, das nicht nur von Schulden und von Mühsal bestimmt sein würde. Alois ein in sich gekehrter Junge, der nichts so liebt wie seine Bäume, seine Tiere, seine Berge, entdeckt die Weite der Welt.

In ganz eigener, der Landschaft, dem Wesen der Bergler entsprungener Sprache schildert der Autor das Schicksal des heranreifenden Alois, dessen Liebe zu seiner Natur, die Not am Berg und den Hader unter den Menschen, den drohenden und unaufahltsamen touristischen Forschritt; er führt uns eine Welt vor Augen, die er selber gesehen und in der er gelebt und gearbeitet hat. Seine Erzählung ist geprägt vom Verständnis für die Menschen im Oberland, besonders aber für Alois, der es anders haben will und der jetzt schon dasteht wie sein geliebter Steinbaum: hart, trotzig, sich dem «Schicksal» entgegenstemmend. (Klappentext)

BE: Hasliberg

8. November 2013

Kalter Abschied

Roger Strub: Kalter Abschied
Pendragon, Bielefeld, 2007
Ein Polizeichef, kurz vor der Pension, kann nicht verwinden, dass er einen Fall nie aufklären konnte. Nun bittet er die junge Kollegin Lena Bellmann um Hilfe. 1976 hatte man in Bern die Leiche einer ertrunkenen Frau gefunden. Bei ihr zu Hause fand die Polizei ihre beiden toten Kinder und einen Abschiedsbrief. Der Fall wurde als erledigt zu den Akten gelegt. Aber war die Tote wirklich die Mutter? (Klappentext)

BE: Stadt Bern (Kleine Schanze), Eichholz bei Bern LU: IMAX-Kino im Verkehrshaus Luzern USA: Manhattan, Elmsford, Miami, Apalachicola, St-George-Island, Tallahassee, New Orleans Bahamas: Elbow Cay, Abaco Island (Hauptschauplatz)

7. November 2013

Bankenfusion

Das Jahr neigt sich unaufhaltsam dem Ende entgegen. Zeit, sich mit den letzten gut zehn Monaten ein bisschen zu befassen, damit dies noch vor Weihnachten erledigt ist. Dazu gehört auch das Aufräumen. Ich liebe das: Nützes von Unnützem zu trennen, zusammen zu fügen, was zusammen gehört und ganz einfach Ordnung zu schaffen. Geistig und materiell.

Bei einer dieser Aktionen ist mir unten stehendes Bild durch die Hände geglitten. Erhalten habe ich es im Sommer von Bänklisammlerin Monika. Aufgestöbert hat sie es im aargauischen Bremgarten. Das Monstrum muss das Resultat einer Fusion zweier Eisenhandlungen sein, welche nach erfolglosem Geschäftsgang und den darauf folgenden Liquidationsverhandlungen Jean Tinguely damit beauftragten, aus der Konkursmasse für die Nachwelt etwas Brauchbares zu kreieren; nicht zuletzt dem langjährigen Geldgeber wegen, der Aargauer Kantonalbank (im Bildhintergrund), welche jedoch auf die Platzierung der Bank vor der Bank verzichtete. Die Bank passe nicht in das Erscheinungsbild der Bank, liess das Bank-Marketing verlauten. Die Bank steht nun am Rande eines kleinen Pärkleins gegenüber der Bank. Über Mittag lassen sich ab und zu zwei Jünglinge in Schale und Kravatte auf der Bank nieder, fingern aus fetttriefenden Tüten ihren Döner und schweigen sich eisern an.


6. November 2013

Teufel und Beelzebub

Werner Schmidli: Teufel und Beelzebub,
Cosmos, Bern-Muri, 2002
Gunten wird siebzig, das Herz mag nicht mehr recht. Dem Wein abzuschwören, wie es der Arzt will, kommt ihn hart an. Doch möchte er noch ein wenig leben, nur schon wegen Eugenie, der Witwe, die er im Car kennen lernt und mit der etwas werden kann. Altmeister Schmidli führt den Melancholiker Gunten vom Murtensee bereits zum vierten Mal vor: mit dessen Selbstzweifeln, der Angst vor dem Tode, der beharrlichen Hoffnung auf neue Anfänge. Und mit dem detektivisch genauen Blick auf die Menschen rundum. (Thomas Widmer, Facts)

BE: Ins  FR: Galmiz, Kerzers, Môtier, Mont Vully, Muntelier, Murten, Ried BS: Stadt Basel

4. November 2013

Die Rückfahrt

E.Y. Meyer: Die Rückfahrt
Suhrkamp, Frankfurt, 1973
Der junge Lehrer und Schriftsteller Albin Berger leidet an einer schweren seelischen Krise, die durch einen Autounfall ausgelöst worden ist. Symptome der Krise: Er erinnert sich nicht mehr an den Hergang des Unglücks, und seine Hand ist empfindungslos geworden, so dass er sich nicht mehr schreibend zu äussern vermag. Im Sanatorium «Sonnmatt» versucht er sich von seinem seelischen Leiden zu kurieren. Er muss lernen, sich in seiner alten Umgebung, in der Realität «des reichsten landes der Erde» wieder zurechtzufinden, indem er mit sich selbst ins reine kommt.

Er forscht in sich selbst, um zu sich zurückzufinden. Was er an wirklichem Geschehen aufzeichnet, ist somit vor allem Spiegelbild von Vorgängen in seinem Innern. Eine äussere Handlung gibt es kaum; sie löst sich immer wieder auf in lange Gespräche, in Erinnerungen an Gespräche, in Reflexionen und in rekonstruierte Gedankenmonologe, die ein Freund, bevor er tödlich verunglückte, gehalten hatte. In allen diesen Erinnerungen und Gespächen wird immer wieder die Frage nach dem richtigen Leben gestellt. Dabei wird unsere Gesellschaft in der die Suche nach dem richtigen Leben für alle unabwendbar geworden ist, anhand vieler minutiös geschilderter Details kritisch dargestellt.

«Die Rückfahrt» führt in die eigene Vergangenheit, und nachdem sich Berger von seiner seelischen Krise erholt hat, vermag er seine Vergangenheit schreibend zu bewältigen. Zugleich gilt seine tiefste Besorgnis der von Zerstörung bedrohten Welt und unserer von Reglementierungen immer stärker eingeschränkten persönlichen Freiheit. (Klappentext)

BE: Stadt Bern, Gabelspitz, Jerisberghof, Kiesen, Mühledorf, Saanen, Schloss Landshut, St. Johannsen, Sumiswald, Trachselwald, Tschugg LU: Dietschiberg, Stadt Luzern TI: Carona und Umgebung, Lugano

2. November 2013

Schattenberge oder Das gottverdammte Entlebuch

Jon Durschei: Schattenberge oder
Das gottverdammte Entlebuch,
orte-Verlag, Oberegg, 1996
Sechs Kriminalromane hat der Bündner Jon Durschei bereits veröffentlicht (alle im orte-Verlag). Mit «Schattenberge oder Das gottverdammte Entlebuch» erscheint sein erster «normaler» Roman. Aber Durschei wäre nicht Durschei, wenn er ohne Abstecher ins Kriminelle auskommen würde. «Ist alles fiktiv oder nicht?», muss sich allerdings der Leser, die Leserin immer wieder fragen. Und ob Gian Derungs, der Wanderer ins Unbekannte, tatsächlich jener Held sei, der er glaubt zu sein? Der Mode gewordene Begriff multipler Persönlichkeiten drängt sich jedenfalls bald auf. Die Spannung wird dadurch nicht geringer: Was soll die nahezu sinnlose Wanderung, was bringt der Tick, immer nach einem bestimmten Muster zu gehen, im Regen, im Nebel, im Sonnenschein, was ist mit dem Kunstmaler Stauffiger passiert? Landschaften werden zudem vor unsern Augen immer plastischer, hässliche Ortschaften bleiben hässliche Ortschaften und in den Kneipen und Wirtshäusern, die Derungs aufsucht, dominiert nicht nur Stumpenrauch, sondern auch Geschwätz, Intrigen, Neid und Begehren. Das Buch gibt nicht frei, bevor man weiss, wie alles endet. Und obwohl kein Pater Ambrosius (wie in den Kriminalromanen) die Lösung offeriert, werden die Rätsel allmählich gelöst; und im Schatten der Berge dürfte sich entscheiden, wie die Zukunft des Wanderers aussieht. (Inhaltsangabe im Buch)

AG: Sins LU: Inwil, Eschenbach, Rain, Hellbühl, Malters, Werthenstein, Entlebuch, Hasle, Schüpfheim, Heiligkreiz, Farneren ZG: Kloster Frauental ZH:  Stadt Zürich, Uetliberg, Stallikon, Affoltern a.A., Mettmenstetten

1. November 2013

Ungefähre Landschaft

Peter Stamm: Ungefähre Landschaft
Arche Verlag, Zürich-Hamburg,
2001, daselbst vergriffen jedoch im
Fischer Taschenbuchverlag
erhältlich.
Ein kleines norwegisches Dorf nördlich des Polarkreises. An diesem Rand der Welt lebt Kathrine. Sie ist achtundzwanzig, hat aus erster Ehe ein Kind und unterbricht nur selten das Einerlei ihrer Tage. Sie lernt Thomas kennen und heiratet ihn. Er ist das, was man eine gute Partie nennt, er gibt ihr Halt. «Sein Leben war ein Strich durch die ungefähre Landschaft ihres Lebens.» Doch dann macht Kathrine eine Entdeckung, die sie tief verletzt. (Klappentext)

Eine wunderbar erzählte Geschichte. Stamm wählte mit dem kleinen Fischerdorf Båtsfjord im höchsten Norden Norwegens einen speziellen Hauptschauplatz, der auf gekonnte Weise mit dem mondänen Paris kontrastiert. Wer die Melancholie Skandinaviens mag, ist mit diesem Roman bestens bedient, nicht zuletzt der aufwühlenden Handlung wegen.

N: Båtsfjord (Hauptschauplatz an der Nordküste), Tromsö, Bergen, Polarlys (Schiff der Hurtigroute), Narvik DK: Århus F: Paris, Boulogne

31. Oktober 2013

Die Hinterlassenschaft

Ein Zufall hatte Walter M. Diggelmann auf den Stoff seines Romans «Die Hinterlassenschaft» gestossen: Von einem Bekannten erfuhr er, wie man in der Zürichsee-Gemeinde Thalwil nach dem Ungarnaufstand mit der Familie des bekennenden Kommunisten und PdA-Mitglieds Konrad Farner umgesprungen war. Diggelmann ging der Geschichte von Boykott und Verfolgung nach und erkannte sehr bald, dass er es hier mit einem zwar krassen, aber gleichwohl typischen Beispiel dafür zu tun hatte, was politisch Andersdenkende in den Zeiten des Kalten Kriegs zu gewärtigen hatten.

Walter Matthias Diggelmann:
Die Hinterlassenschaft,
Edition 8, Zürich (ursprünglich bei
Piper, München, 1965)
Die Idee für den neuen Roman war geboren: In halb dokumentarischer, halb fiktiver Form sollte aufgezeigt werden, wie die Verfolgungsmuster liefen, wer die Hintermänner der Aktionen waren und aus welchem politischen Umfeld sie stammten. Die These, die antikommunistischen Brandstifter der Gegenwart seien weitgehend identisch mit den faschistischen Brandstiftern der dreissiger Jahre, mag gewagt erscheinen; ganz falsch ist sie nicht. Sie führte dazu, dass Diggelmann sich für seinen Roman einen deutschen Verlag suchen musste und dass er fortan selbst als einer jener Linken galt, die man von bürgerlicher Seite über Jahre hinweg mundtot zu machen versuchte.

Als «Die Hinterlassenschaft» 1965 erschien, machte das Buch Furore, weil es Zusammenhänge aufdeckte, die es nicht geben durfte. 20 Jahre nach Kriegsende setzte ein Schweizer Autor sich erstmals in erzählender Form mit der «unbewältigten Vergangenheit» des Landes auseinander und warf zugleich ein scharfes Licht auf eine Gegenwart, deren Aufarbeitung bis heute nicht abgeschlossen ist. Obwohl ein Roman, ist «Die Hinterlassenschaft» damit ihrerseits zu einem wichtigen Dokument schweizerischer Zeitgeschichte geworden, dessen erneute Lektüre spannende Einblicke in die ideologisch-politischen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts gewährt. Inhaltsangabe des Verlages

Ein Buch, das betreffend schweizerischer Asylpolitik aktueller ist denn je.

ZH: Stadt Zürich (Hauptschauplatz), namentlich Moussonstrasse, Erismannstrasse, Keltenstrasse; Zumikon, Thalwil, Zürcher Unterland

29. Oktober 2013

Fliehende Wasser

Ursula Fricker: Fliehende Wasser
Pendo, Zürich, 2004 (vergriffen)
Mit achtzehn verliebt sich Simon in den Verlobten einer Bekannten. Statt seiner Neigung nachzugeben, tut er, was von ihm erwartet wird: Heirat, zwei Kinder, Fabrikarbeit. Durch Zufall gerät er an die Schriften einer Lebensreformbewegung, die durch Verzicht totale Gesundheit verspricht. Kompromisslos muss die Familie die Regeln befolgen. Ida ist hin-und hergerissen zwischen Loyalität und Verrat. Bis sie Gott bittet, den Vater doch endlich fortzunehmen ...

Mit bewundernswerter Souveränität macht die Autorin das scheinbar Unverständliche verständlich. Die Subtilität ihrer Figurenzeichnung ist bestechend, die Enge der 50er Jahre mit Händen zu greifen. Mit ihrer klaren Sprache und einem konzessionslosen Blick erzählt Ursula Fricker die dramatische Geschichte so spannend, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. (Klappentext)

BE: Gstaad, Eggiwil JU: Bollement SG: Obertoggenburg SH: Stadt Schaffhausen (Hauptschauplatz), Buch, Rheinfall, Galgenbuck (Neuhausen), Rhein, Hoher Hengst bei Bargen (Randen) VD: Lausanne, Genfersee ZH: Stadt Zürich (alte Kaserne, Niederdorf, Rämistrasse), Pfannenstiel GB: Thurso (Schottland) I: Pisa

27. Oktober 2013

Schwelbrände

Walther Kauer: Schwelbrände
Benziger, Zürich + Köln, 1983,
neu aufgelegt bei Lenos, Basel
Zwei Vorfälle bringen das ruhige Leben des in die Jahre gekommenen Journalisten und Schriftstellers Bertrand Weller in der malerischen Kleinstadt Moosbrugg durcheinander: der Fund einer Leiche im See und zwei Kisten, die Bertrand unerwartet mit der Post erhält. In ihnen findet er, zusammen mit drei Flaschen Kirsch, einen Brief und einen Stapel Wachstuchhefte mit der Lebensgeschichte seines verstorbenen Grossvaters.

Die Durchsicht der handschriftlichen Notizen wird für Bertrand zu einer Reise in die Vergangenheit: Erinnerungen an die mysteriösen Umstände des Todes der Mutter, an die zweifelhaften Machenschaften des Vaters als Gewerkschaftssekretär und vor allem an den geliebten Grossvater werden wieder wach. Der Nachlass des alten Klassenkämpfers ist brisant. Können die Aufzeichnungen zur Klärung der Vorfälle um den Toten im See beitragen?

Das Vermächtnis stellt Bertrand, der geglaubt hatte, mit seiner politischen Vergangenheit abgeschlossen zu haben, vor eine schwere Entscheidung: Ist seine desillusionierte Abkehr von den linken Idealen seiner Jugendzeit gerechtfertigt? Wird er, statt wie damals nur Schwelbrände zu legen, diesmal ein richtiges Feuer entfachen?
(Klappentext)


BE: Bern, Zihlkanal bei Thielle FR: Murten, Murtensee

25. Oktober 2013

Rheinfall

Daniel Badraun: Rheinfall
Limmat Verlag, Zürich, 2009
Die erfolgreiche Schriftstellerin Marguerite Duval deckt unerschrocken Skandale auf, weist auf unlautere Geschäfte hin, bezieht Stellung. Und offenbar trifft sie immer wieder ins Schwarze: Ihre Bücher sind Bestseller, ihre Lesungen ausverkauft. Nur in Schaffhausen scheint es anders zu sein. Mit Morddrohungen will jemand verhindern, dass sie öffentlich auftritt. Ihr Geliebter und Manager Jean-Pierre Murat will sie schützen und beauftragt zwei Freunde, nach einer Doppelgängerin zu suchen. Margrittli Durrer ist schnell gefunden, die Ähnlichkeit frappant. Gleichzeitig jedoch gerät einiges durcheinander, und bei der Lesung im Stadttheater Schaffhausen kommt es zum Eklat mit überraschendem Ausgang. (Klappentext)

GR: St. Moritz, Silvaplana, Julierpass, Tiefencastel SH: Schaffhausen, Randen, Stein am Rhein, Rheinfall, Wangental, Hemishofen TG: Diessenhofen

23. Oktober 2013

Fussreise mit Adolf Dietrich

Beat Brechbühl,
Fussreise mit Adolf Dietrich,
Nagel & Kimche, Zürich, 1999

Der Schriftsteller Beat Brechbühl schreibt über Adolf Dietrich, den bedeutendsten «naiven» Maler der Schweiz. Vor dem Hintergrund einer Fussreise von Berlingen am Bodensee nach Frauenfeld an der Thur ist ein Buch der Nähe entstanden, eine Kopfreise durch Leben , Landschaft und Werk von Adolf Dietrich, eine Erzählung über Sehen und Malen, Sehen und Schreiben. (Klappentext)

TG: Berlingen, Taal, Burg, Rüegger, Steckborn, Homburg, Reckenwil, Dettighofen, Hungerbühl, Pfyn, Thurbrücke, Felben, Frauenfeld

Unter dem Label Schauplätze präsentiere ich in lockerer Folge Schweizer Belletristik mit Schauplätzen, die sich nach der Romanlektüre bestens zu fussgängerischen Vororterkundungen eignen.