16. Januar 2021

Traumpfade

Bruce Chatwin: Traumpfade, Fischer
Taschenbucherlag, Frankfurt, 2006
«Traumpfade», «Songlines»: das sind nach dem Glauben der australischen Ureinwohner die labyrinthischen Linien und gedachten Wege, an denen entlang die legendären Ahnen der Traumzeit über den Kontinent wanderten und «singend alles benannten, was ihre Wege kreuzte – Vögel, Tiere, Pflanzen, Felsen, Wasserlöcher – und so die Welt ins Dasein sangen». Bis zum heutigen Tag dürfen die Traumpfade nicht überschritten werden. So ist der Konflikt zwischen zwei Welten und zwei Kulturen unausweichlich, wenn beispielsweise eine Erdölfirma oder eine Eisenbahngesellschaft ihre Landvermesser ausschickt. Denn wer könnte dem Vermesser klarmachen, dass «ein rötlicher Sandsteinbrocken die Leber eines mit dem Speer erlegten Känguruhs» ist? Deshalb hat es sich Arkady, Sohn eines vor den Nazis nach Australien ausgewanderten Kosaken, zur Aufgabe gemacht, Karten über die heiligen Stätten der Aborigines anzulegen, um allzu große Verletzungen der Traumpfade durch die Streckenführung der Eisenbahn zu verhindern.

An Arkadys Seite geht Chatwin den «Fußspuren der Ahnen» nach in seinem Reisebuch, das Abenteuergeschichte, Ideenroman, Satire auf den Fortschrittswahn, geistige Autobiographie und romantische Komödie zugleich ist. Auf ihren Streifzügen zu Fuss und im Jeep begegnen sie einer Reihe hochinteressanter Menschen, kauzigen Typen, Idealisten, Eigenbrötlern, Philosophen von schwarzer und weisser Hautfarbe – Heiligen und weniger Heiligen. (Inhaltsangabe zum Buch)

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