9. Dezember 2013

Wenn Literaten wandern

Diverse Autoren: «Einen schweren Schuh
hatte ich gewählt …»,
Dörlemann
Verlag, Zürich, 2013
Seit 1996 findet jeweils sommers in Leukerbad das Internationale Literaturfestival statt. Ins Leben gerufen wurde der Anlass von dem aus Leukerbad stammenden Verleger Rico Bilger (Bilger Verlag). Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der halben Welt haben in all den Jahren den Weg in den Schoss der Gemmi gefunden . John von Düffel war hier, Chika Unigwe, Yoko Tawada, Monika Sznajderman, Jakob Arjouni†, Arnon Grünberg, Helga Glantschnig, Amira Hass, Chirikure Chirikure. Alle waren sie da. Aus Deutschland, Österreich, den USA, Nigeria, Israel, Mexiko, Neuseeland, Tunesien, Weissrussland, Russland, Syrien, Polen, Bulgarien etc. Und natürlich auch aus der Schweiz: Alex Capus, Hugo Loetscher†, Franz Hohler, Urs Mannhart, Paul Nizon, Petra Ivanov, Silvio Huonder, Peter Bichsel, Daniel de Roulet, Rolf Dobelli, Rolf Lappert, Hansjörg Schneider, Peter Stamm und wie sie alle heissen.

Nun ist es ja mittlerweile eine nette Tugend der Schreibzunft geworden, dem Wandertum zu fröhnen und daraus literarischen Mehrwehrt zu schöpfen. Genau dies haben die ehemaligen Leukerbader Literaturfestivalteilnehmer  Arno Camenisch, Gerhard Falkner, Nora Gomringer, Sabine Gruber, Judith Hermann, Rolf Hermann, Douna Loup, Tanya Malyarchuk, Urs Mannhart, Francesco Micieli, Christine Pfammatter, Angelika Reitzer, Michail Schischkin, Monique Schwitter, Christoph Simon, Marie-Jeanne Urech und Peter Weber im Rahmen eines Buchprojektes getan.

Unter dem antiquiert anmutenden Titel «Einen schweren Schuh hatte ich gewählt …» führen die Autorinnen und Autoren die Leserschaft in 19 Wanderungen durch die nahe und weite Umgebung von Leukerbad. Zum Wasserfall, auf und um das Torrenthorn herum, über den Restipass ins Lötschental, auf den Gemmipass, dreimal über die Albinenleitern, nach Brentschen, in die Nasenlöcher des Bietschtals, von Varen hoch ins Murmiltangil, von Leuk nach Sierre und nach Ausserberg, in den Illgraben und letztlich dreimal in den Pfynwald.

Besonders gut in Erinnerung geblieben ist mir der Text Gerhard Falkners. In sprachgewaltigem Pathos, kritisch-wachem Geist und witzig-skurrilen Formulierungen hebt sich der Autor von den anderen Elaboraten glasklar ab. Eine Entdeckung war indes auch der Russe Michail Schischkin. Ansonsten empfand ich das Gebotene als mittelmässige Fabulierkunst. Dass nicht alles gefiel, liegt erfahrungsgemäss in der Natur einer Anthologie.

Das Glanzstück aus gestalterischer Sicht ist indes der Umschlag! Dieser besteht aus einer gefalteten 50'000er-Karte sowie den Ausschnitten zu den einzelnen, im Buch eher dürftig beschriebenen Routen. Im Berndeutschen kennen wir für derartiges Machwerk die schönen Begriffe «tschent» und «gäbig».

Für mich der Buchumschlag des Jahres. Und wer sich am Torrenthorn im Schneesturm verirrt, hat gleich noch den Zunder dabei.





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