Zu Fuss von Berlin zum Nordkap, 3325 km in 150 Tagen. Anfangs ist das nur eine spinnerte Idee, aber sie lässt Philipp Fuge nicht mehr los. Ohne so recht an sich zu glauben, fängt er an zu planen und zu organisieren – Auszeit auf der Arbeit, nächtelanges Brüten über Landkarten, das Reisebudget zusammensparen und vieles mehr. Am 13. März 2016 ist es endlich so weit. Bei frostigem Vorfrühlingswetter bricht er auf, mit 25 kg auf dem Rücken. Schon kurz hinter Berlin kommen die ersten Zweifel – Kälte, Hunger, Erschöpfung, Einsamkeit. Doch Schritt für Schritt wird er sich seiner Sache sicherer. Ob Sonne, Regen, Sturm, Nebel, Hagel oder Gewitter, Morgen für Morgen schultert er den Rucksack und geht weiter zum nächsten Schlafplatz – meistens das eigene Zelt, hin und wieder ein Unterstand oder eine kleine Hütte, selten mal ein Hostel und in klaren Nächten direkt unterm Sternenhimmel. Ein Leben nur mit dem Allernötigsten und ganz langsam. Oft ist er selbst erstaunt, dass ihm nichts fehlt. Im Gegenteil, er fühlt sich unendlich reich. Er nimmt uns mit auf eine Reise voller farbenprächtiger Sonnenuntergänge, tiefblauer Seen, rauschender Wälder, karger Hochebenen und schroffer Gebirgslandschaft. Er kraxelt über Blockfelder, schlägt sich mit Heerscharen von Mücken herum, überquert eiskalte Flüsse und wandert durch tiefen Schnee. Mit jedem Tag fühlt er sich draussen in der Natur ein bisschen mehr zu Hause. Er schildert sein demütiges Staunen angesichts der Herrlichkeit der Schöpfung. Doch er schwärmt nicht nur, er kritisiert auch – sich selbst und uns alle für unseren energiehungrigen, profitorientierten und zerstörerischen Lebensstil, mit dem wir uns und künftigen Generationen ein Überleben auf diesem Planeten immer schwerer machen. Wiederholt kommt er auf die vielfältigen und verworrenen Probleme unserer Zeit zu sprechen, nicht schulmeisterlich, sondern selbst ratlos. Aber eines hat er gelernt auf seiner Reise: Nicht den Mut verlieren, denn jeder Schritt zählt! (Inhaltsangabe zum Buch)
Moors Fazit: Philipp Fuges Bericht lässt einem vom ersten bis zum letzten Satz nicht mehr los. So unermüdlich wie Fuge die unglaublich lange Strecke von 3325 Kilometern bewältigt hat, so unermüdlich schreibt er über jeden Tag seines Abenteuers. Die bildhafte Sprache des 35-jährigen Arztes aus Berlin kommt ohne grosse Effekthascherei aus. Und genau dies macht den Text stark. Fuge ist kein Mann der lauten Worte, dennoch hat er einiges zu sagen, das uns zum Nachdenken und Handeln anregen sollte, ja muss. Seine jeweils kurzen Einschübe über das Wesen und Wirken des Menschen auf unserem Planeten sind glaubhaft und nachvollziehbar. Hier ist einer Zugange, der es ernst meint und auch danach handelt. Hinzu kommt die wirklich phänomenale Leistung, lückenloss zu Fuss – die Fährfahrt nach Schweden ausgenommen – und mit allem, was ein campender Nordlandwanderer zum Leben und Überleben benötigt, von Berlin durch ganz Schweden, einen kleinen Teil Finnlands und die schier endlose Weite von Norwegens Norden zu gehen. Chapeau! Und was mir ganz am Ende seiner Wanderung besonders gut gefallen hat: Der Mann war sich nicht zu schade, nebst dem «falschen» Nordkap auch noch das echte zu erwandern: die Landzunge mit dem zungenbrechenden Namen Knivskjelloden.
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