13. September 2014

Muggensturm, Hühnerstall und Pooalp

Werner Bucher, Jolanda Fäh:
Urwaldhus, Tierhag, Ochsenhütte & Co. –
Die schönsten Ostschweizer Beizen
und die (Wander-) Wege zu ihnen,
orte-Verlag, Oberegg, 330 Seiten,
6. ergänzte und aktualisierte Auflage, 2009


Sie sind Horte des temporären Glücks, Oasen der Gemütlichkeit, Schauplatzgeber für Kriminalromane und begehrenswerte Wanderziele: die Wirtschaften und Wirtschäftchen, die Beizen und Besenbeizen, die Gasthöfe und Restaurants ausserhalb der Ballungszentren. Der im appenzellischen Oberegg beheimatete orte Verlag hat unter der Ägide des Verleger-Schriftstellers Werner Bucher und – nomen est omen – seines Zeichens damals selber Wirt, vor Jahren einen Beizenführer publiziert, der soeben in einer 6., aktualisierten und ergänzten Auflage erschienen ist. Geografisch beschränkt sich das als wahre Fundgrube zu bezeichnende Werk auf die Ostschweiz.

103 Beizen sind im Detail beschrieben, weitere 136 sind namentlich erwähnt und mit mehr oder weniger Informationen versehen. Unter den insgesamt 239 Etablissements befinden sich ein paar wenige, welche in den vergangenen Jahren leider das Zeitliche segnen mussten. Die Texte sind jedoch belassen worden. «Aus Gründen der Nostalgie», wie Werner Bucher, Jolanda Fäh und weitere am Führer beteiligte Autoren vermerken. Wer nun meint, mit diesem Buch das ultimative In-Lokal im Sinne eines zum «Red Devil’s Pub» umfunktionierten Bären irgendwo draussen auf dem Lande zu entdecken, wird arg enttäuscht. «Schickimicki wird stets links liegen gelassen», ist nicht nur im Vorwort zu lesen, der nachfolgende Inhalt bestätigt diese kompromisslose Haltung Seite für Seite. Von kuriosen Geschichten und Anekdötchen rund um die Wirtshäuser ist die Rede. Von legendären Beizern, umwerfenden Spezialitäten, kreativen Köchen, verschrobenen und verstorbenen Wirtinnen sowie von landschaftlichen Glanzlichtern. Das Buch langweilt nicht mit endlosen Zahlen, Fakten und Bewertungssternchen, das Buch erzählt vielmehr vom Reiz der Beiz, von der mit Patina reich befrachteten Gaststube, der exquisiten Lage, die oft nur zu Fuss erreicht werden kann. Manchmal wundert sich der Leser über sonderbare Öffnungszeiten, originelle Gastgeber, wie etwa den «Chapf-Köbi» von der Bergwirtschaft «Zum Chapf» bei Urnäsch. Oder man schmunzelt über bauliche Raffinessen, wie den von einem Mühlerad angetriebenen Grill in der Wirtschaft «Guhwilmühle» im zürcherischen Hofstetten ob Elgg. Alleine die kuriosen Namen gewisser Restaurants machen neugierig: Muggensturm, Hühnerstall, Biene, Pooalp, Roter Öpfel, Schwämmli etc. So erfährt man unter anderem auch, dass das Berggasthaus Lavadarsch oberhalb Azmoos rein gar nichts mit dem Allerwertesten gemein hat.

Der Führer ist in verschiedene Regionen gegliedert. Jede Region wird in einem einleitenden Kapitel mit stimmigen Sätzen kurz und knapp charakterisiert. Etwas gar rudimentär skizzierte Krokis sollen helfen, die Ziele der Gelüste ein wenig besser finden zu können. Dass die Welt östlich und nördlich und südlich von Winterthur nicht aufhört, sei mit «Urwaldhus, Tierhag, Ochsenhütte & Co.» einmal mehr auf beeindruckende Weise bewiesen.

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