«Bien sûr, monsieur», antwortete ich in meinem Schulfranzösisch.
27. Juni 2014
3
Moustaki gab einen Grunzlaut von sich und nuschelte etwas, das sich anhörte wie «bonjour, bonjour». Er trug schwarze Gummistiefel und einen dunkelblauen Overall. Seine Hände zeugten von harter Arbeit, das zerfurchte Gesicht von vielen Jahren unter der Sonne Frankreichs. Und erst jetzt bemerkte ich, dass sein linkes Ohrläppchen verstümmelt war, was mich unweigerlich an den Formel-1-Rennfahrer Niki Lauda erinnerte. Wir schauten uns eine Weile stumm an, ehe er mich fragte, ob ich eine ruhige Nacht verbracht hätte.
26. Juni 2014
2
Ich grabschte nach den feuchtwarmen Socken im Fussbereich des Schlafsacks. Das niedrige Zelt verlangte nach unbeholfenen Verrenkungen, sei es, um sich anzuziehen oder nach irgendwelchen Utensilien zu greifen, die über Nacht auf unerklärliche Weise unter die Liegematte gerieten. Kaum war ich soweit, die Behausung zu verlassen, hörte ich nahende Schritte. Und als ich den Kopf aus der Apsis streckte, blickte ich in die wässrigen Augen eines Bärtigen. Sein graues Kraushaar erinnerte mich an Georges Moustaki. Verdutzt stammelte ich ein «bonjour monsieur».
24. Juni 2014
1
Das Meckern von Ziegen kam näher. Helles Glockengebimmle frühmorgens. Ich drehte mich im Schlafsack auf die andere Seite und versuchte, noch ein Stündchen zu schlafen, ehe die Reise durch die Weiten Frankreichs ihre Fortsetzung nahm. Über die sanften Wellen des Pays de la Lande schallten fünf lange Stundenschläge der Kirche von Saint-Antoine-sur-Lienne. Vom Innenzelt lösten sich ab und zu Kondenswassertropfen, die auf der Schlafsackhülle stumm zerplatzten. Ich fühlte mich schmuddelig. Ob ich mein Ziel erreichen würde? Schlummerschlaf übermannte das Zweifeln und ich wurde hinübergeleitet in eine wohligen Traum, dessen Handlung mich erst wieder los liess, als die Sonne das Zeltklima unerträglich machte.
19. Juni 2014
Überforderung im Untergrund
Nach unserer Wanderung von heute über den Chli und Gross Aubrig trafen wir auf der Rückfahrt im vor ein paar Tagen in Betrieb genommenen zweiten unterirdischen Bahnhof von Zürich ein. Nebst der goldfarbenen Decke fiel mir die totale Sterilität der Stätte auf. Es hing der Duft von frischen Betonwänden im Raum. Wände und Böden schienen sauberer als jede PC-Tastatur. Mit einer der zahlreichen Rolltreppen liess ich mich eine Etage höher bringen. Und was sich bereits bei den Gleisen unten manifestierte, setzte sich weiter oben fort: die totale Orientierungslosigkeit. Überall neue Ladenketten. Geschleckte Geschäfte mit Produkten, die man auch anderswo kaufen könnte, zu Preisen, welche die exklusive Passantenlage widerspiegeln. Der Grossbahnhof Zürich hat hier eine Parallelwelt geschaffen, in der ich hoffnungslos überfordert war. Irgendwann fand ich dann doch ein Schild, das mich zum Geleise 15 und somit zum oberirdischen Bahnhof wies. Ich tauchte bei den Prellböcken auf, wo mich abendliches Sonnenlicht empfing.
14. Juni 2014
Schokoladenhölle
Paul Lascaux: Schokoladenhölle Gmeiner, Messkirch, 2013 |
BE: Stadt Bern: Tierpark Dälhölzli, Wylergut, Lorrainebrücke, Felsenau; Weiler Wart bei Schwarzenburg, Jakobsweg via Torenöli hinunter an die Sense, Oberthal im Emmental FR: Magdalena Einsiedelei bei Düdingen oberhalb des Schiffenensees
Unter dem Label Schauplätze präsentiere ich in lockerer Folge Schweizer Belletristik mit Schauplätzen, die sich zu fussgängerischen Vororterkundungen eignen.
9. Juni 2014
Berge, die es nie gab und mehr
Simon Garfield: Karten!, Konrad TheissVerlag, Darmstadt, 2014 |
7. Juni 2014
Der Vater eines Mörders
Alfred Andersch: Der Vater eines Mörders, Diogenes, Zürich, 1980 |
Ich habe das Glück gehabt, die Jubiläumsausgabe (50 Jahre Diogenes Verlag) zu
lesen. Diese kleinen Hardcover-Bücher sind wahre bibliophile Zückerchen
und saugäbig zum Mitnehmen auf Wanderungen. Allfällige weitere
Exemplare dieser Reihe nehme ich gerne entgegen (nur mit Buchumschlag!).
Es fehlen mir noch:
Paulo Coelho: Der Dämon und Fräulein Prym, Friedrich Dürrenmatt: Labyrinth/Turmbau • Stoffe, Patricia Highsmith: Der süsse Wahn, John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, Donna Leon: Venezianisches Finale, Ingrid Noll: Der Hahn ist tot, Bernhard Schlink: Der Vorleser, Georges Simenon: Der Mann, der den Zügen nachsah, Urs Widmer: Der Geliebte der Mutter
D: Wittelsbacher Gymnasium in München
3. Juni 2014
Im Café und auf der Strasse
Hansjörg Schneider: Im Café und auf der Strasse, Ammann, Zürich, 2002, vergriffen |
Begleitet vom erzählenden Flaneur spaziert man durch die Städte und freut sich an glänzenden Kieselsteinen, einem lesenden Mädchen am Weiher, an Beduinen und einem Londoner Gentleman. Leise Sehnsüchte nach dem Süden, nach Weite und dem tiefblauen Meer Menorcas werden spürbar, und man erlebt die erste kurze Liebe an einem verregneten Sommerabend mit. Zwei Schulfreunde tauchen wieder auf, der eine Fremdenlegionär und der andere Jazzmusiker im Paris der Studentenunruhen. Ihnen allen ist eins gemeinsam: Sie sind so echt und lebendig, dass man meint, ihren Atem zu spüren. (Klappentext)
AG: Zofingen, Aarau BS: Stadt Basel F: Elsasss (Sundgau), Paris GB: London
2. Juni 2014
Wie wahr, wie wahr
Es sind nicht die Langweiler, sondern die Unternehmungslustigen, die nach fünfzig plötzlich arbeitslos dasitzen.
Hansjörg Schneider, Nilpferde unter dem Haus
1. Juni 2014
Das Geburtsverhör
Linda Stibler: Das Geburtsverhör, efef Verlag, Bern/Wettingen, 2006 |
BL: Nusshof, Wintersingen (Hauptschauplätze), Frenkendorf, Sissach, Liestal BS: Stadt Basel
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