18. März 2014

Das Raunen des Flusses

Oscar Peer: Das Raunen des Flusses,
Limmat, Zürich, 2007
Der Erzähler kehrt im Herbst seines Lebens zurück zum verlassenen Haus am Inn, an die Orte seiner Kindheit im Unterengadin. Er findet Spuren und Erinnerungen an Menschen, an Landschaften und Gerüche. Das tägliche Leben taucht vor ihm auf, die Schule, Streit und Versöhnungen. Wichtige Menschen sind wieder da, der Vater, Eisenbahner und unersättlicher Leser, die Mutter, passionierte Briefeschreiberin, die Freunde, Lehrer, das harte Leben und die manchmal eigenwilligen Grossväter.

Der Autor vermeidet die lineare Chronologie. Konzentriert um Orte, Themen und Personen, setzt sich die Jugendgeschichte Stück um Stück zusammen. Erinnerung und Imaginäres wechseln sich ab. In der Tradition einer eindrücklichen oralen Erzählkultur, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde, erzeugt Oscar Peer eine einzigartige Stimmung vom Alltagsleben im Engadin der Dreissiger und Vierzigerjahre.

«Jemand hat gesagt, es sei nicht gut, an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren. Vielleicht hatte er recht. Ein Wiedersehen, man weiss es, kann enttäuschen, weil unterdessen so vieles geändert hat, die Gegend aussen und die Gegend innen. Die Kindheit, die noch ein Versprechen war, liegt schon weit zurück, eine verdämmernde Traumwelt; und was nachher kam – ein Leben mehr oder weniger fragwürdig, eine Kette von Widersprüchen, Niederlagen und Versäumnissen, fragmentarisch wie alles. Hat man sich überhaupt gekannt? Weiss man, wer man gewesen ist und wer man hätte sein können?»
(Klappentext)

Oscar Peer, am 23. April 1928 geboren und im Unterengadin aufgewachsen, gehört zu den bedeutendsten rätoromanischen Autoren der Gegenwart. Eigentlich mit einer Lehre als Maschinenschlosser angefangen, drängt ihn sein Weg nach deren Abbruch zum Lehrerberuf. Nach dem Lehrerseminar in Chur beginnt er ein Studium der Romanistik, das er mit einer Dissertation zum surselvischen Schriftsteller Gian Fontana 1958 beendet. Auch danach widmet sich Oscar Peer dem Rumantsch. Mit dem «Dicziunari rumantsch, ladin-tudais-ch» ist ein Basiswerk für die romanische Sprache entstanden. Viele Jahre unterrichtet er an Mittelschulen und lässt daneben sein literarisches Werk weiter und weiter wachsen. Oscar Peer verstarb am 22. Dezember 2013 in Chur.

GR: Lavin und Umgebung, Unterengadin

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