4. Januar 2014

Zwei Spitzbergen-Krimis im Vergleich

Kleiner Nachtrag zur gestrigen Ankündigung meiner Hölloch-Expedition. Sie wurde abgesagt. Der dürftige Winter ist schuld daran. Schneemangel im Muotathal. Nicht, dass es für die Befahrung der Höhle Schnee bräuchte, das heisst, es braucht Schnee, bloss nicht in der Höhle sondern darüber. Statt Schnee kommt der Föhn und mit ihm die Schmelze und hintennach der Regen. Zusammengenommen ergibt dies zuviel Wasser in den Höhlengängen. Daher ist nix mit Robben und Kriechen und Klettern. Allein, aufgeschoben ist nich aufgehoben. Kommt Schnee, kommt Hölloch.

Um mich geistig auf das fehlende Tageslicht in der Höhle vorzubereiten, habe ich im Vorfeld zwei Kriminalromane gelesen, die beide auf Spitzbergen spielen. Der zu Norwegen zählende Archipel liegt soweit nördlich, dass in der Hauptstadt Longyearbyen vom 26. Oktober bis zum 16. Februar Polarnacht herrscht. Die Inselgruppe ist knapp zweieinhalbmal so gross wie die Schweiz und zählt rund 2700 Einwohner. Mit der Norwegerin Monica Kristensen und der Deutschen Karen Nieberg haben sich gleich zwei Frauen Spitzbergen als Schauplatz für ihre Romane ausgesucht. Aufgrund der geringen Anzahl an Siedlungen auf Svalbard, wie das Land auf Norwegisch genannt wird, ist es naheliegend, dass beide Handlungen zur Hauptsache in Longyearbyen spielen.

Karen Nieberg: Ins Eis,
Goldmann, München, 2013
Karen Nieberg: Ins Eis
Kristoffer Stolt starb während einer Wandertour einen einsamen Tod im fernen Spitzbergen. Die Polizei spricht von einem bedauernswerten Unfall. Doch seine Witwe Kirsten will nicht daran glauben, schliesslich war ihr Mann ein erfahrener Alpinist. Als ihr Schwiegervater, Oberhaupt der Bankiersfamilie Stolt, zu seinem Geburtstag nach Spitzbergen einlädt, kehrt Kirsten zurück an den Ort des Geschehens. Und dort, in den eisigen Weiten, offenbart sich ihr eine Wahrheit, die ihre schlimmsten Vermutungen in den Schatten stellt … (Klappentext)

N: Longyearbyen, Adventdalen, Tempelfjord, Tunabreen




Monica Kristensen: Suche
Monica Kristensen: Suche,
btb, München, 2012
Longyearbyen, die Hauptstadt von Spitzbergen: Im städtischen Kindergarten gehen seltsame Dinge vor sich. Immer wieder verschwinden Kinder von dort. Sie sind nicht lange fort. Die Erzieherinnen sind beunruhigt, nehmen es aber nicht wirklich ernst, dass die Kinder nicht erzählen wollen, wo sie gewesen sind. Eines Tages tritt dann das Gefürchtete ein: Ein kleines Mädchen verschwindet - und taucht nicht mehr auf. Eine hektische Suche beginnt. Die Spuren, die sie hinterliess, führen in die Grubenschächte, hinunter in die Tiefe stillgelegter Kohlengruben auf Spitzbergen. Und bald wird klar, dass sie nicht die Einzige ist, die in der überschaubaren Welt von Spitzbergen verloren ging ... (Klappentext)

N: Longyearbyen, Adventdalen

Währenddem Kristensens Geschichte in sehr kühler Sprache verfasst oder allenfalls wenig inspiriert übersetzt ist und überdies zu konstruiert wirkt, ist Niebergs Plot bedeutend authentischer und spannender. Der Text brilliert nicht durch sprachliche Höhenflüge, veranschaulicht jedoch durch die detailreiche Beschreibung einzelner Szenen die Aura Spitzbergens. In beiden Romanen spielt jeweils ein Kind eine wichtige Rolle. Auch hier punktet betreffend kindlicher Darstellungskraft Nieberg durch das Band weg. Von Monica Kristensen ist indes unter der Ägide eines anderen Übersetzers ein zweiter Spitzbergen-Krimi auf Deutsch erschienen. Gerne werde ich bei Gelegenheit die Probe aufs Exempel machen und der Norwegerin eine zweite Chance verpassen.

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