18. Februar 2014

Ein Abgesang auf den Schneeschuh

Sten Nadolny: Die Entdeckung der
Langsamkeit,
Piper, München, 1983
Als sich im Winter 1819/20 der englische Polarfahrer John Franklin in Kanadas Mitte auf die Suche nach der Nordwestpassage machte, war er auch mit Schneeschuhen unterwegs. Dies lese ich soeben in Sten Nadolnys Epos Die Entdeckung der Langsamkeit. Am 15. Januar verliess der Expeditionstrupp Cumberland House bei tiefem Schnee. Die nachfolgende Schilderung über das Gehen auf Schneeschuhen klingt in heutiger Zeit wie ein Abgesang auf ein Fortbewegungsmittel, dessen erfolgreiches Revival seit über 20 Jahren andauert.

Tage- und wochenlang ging es durch weitgestreckte Wälder aus Riesenbäumen, um deren Wipfel der Wind rauschte. Das hätte schön sein können, wären nicht die Schneeschuhe gewesen, eine Strafe für alles Schlimme, was man je getan haben mochte. Sie hingen an den Stiefeln wie mächtige Entenfüsse aus Holz und Geflecht, und aus ihrem Kilogewicht schienen Zentner zu werden, wenn Schnee und Eis sie verkrustet hatten. Für Schneeschuhe war der Mensch falsch entworfen: zwischen den Knöcheln hätte ein viel grösserer Abstand sein müssen! Schon nach wenigen Meilen blieb der Schmerz dauerhaft, denn es war immer derselbe Punkt, wo die Kante des Entenfusses zuschlug. «Seid langsamer!» mahnte John, «dann spart ihr Kraft.»

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