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Manuel Andrack: Du must wandern,
Kiepenheuer & Witsch, 2005 (vergriffen)
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«Warum wird Manuel Andrack in Böhmen beim Wandern von einem Fährmann übergesetzt, und was zum Teufel hat es mit der WDG (Wanderdurchschnittsgeschwindigkeit) auf sich? Darf man Mountainbiker im Wald grüssen, und sind Wanderstöcke peinlich? Kommt nach der New Economy und der Neuen Mitte nun das Neue Wandern? Wanderer brauchen Glück. Denn häufig genug ziehen sich manche der ausgewiesenen Wege an viel befahrenen Bundesstrassen entlang. Hat man dann endlich den rettenden Forstweg erreicht, wird man von riesigen Holztransportern überholt, so dass nur noch der Sprung in den nächsten Graben Schlimmeres verhindert. Was aber immer noch besser ist, als Auge in Auge mit einem aggressiven Riesenhund ohne Herrchen mitten im Waldzu stehen. Manuel Andrack kennt das alles. Seit fast zehn Jahren wandert er in der Eifel, dem Harz oder durch die Sächsische und Böhmische Schweiz. Von seinen persönlichen Lieblingswanderwegen erzählt er in
Du musst wandern. Dabei wandert er mit Freunden, seinen Kindern und seinen Eltern, aber am liebsten wandert er allein und lange. Oft ist Manuel Andrack den ganzen Tag unterwegs, geht bis zu 40 Kilometer. Er wandert nach dem Abstieg des 1. FC Köln (mit jedem Schritt wurde der Schmerz weniger) und findet Trost beim großen Wanderer Johann Wolfgang von Goethe: ‚Was ich nicht erlernt habe, das habe ich erwandert.»
Das schreibt der Verlag Kiepenheuer & Witsch zum Buch von Manuel Andrack. Kennern der deutschen Fernsehszene ist Andrack offenbar ein Begriff im Zusammenhang mit der Harald Schmidt Show. Nun, der Moor kennt weder besagte Show noch den hier zitierten Autor. Wie dem auch sei: Manuel Andrack hat ein sehr unterhaltsames Buch über seine Wanderleidenschaft geschrieben, persönlich, männlich und manchmal mit einer, für meinen Geschmack, typisch flachlandtyrolerischen Wandernaivität. Was nicht heissen soll, dass die Sache stümperhaft daher kommt. Das Buch zeigt vielmehr die wanderkulturellen Unterschiede zwischen uns Alpenbewohnern und den Mittelgebirglern auf. Und dies macht das Taschenbuch auf seine Art sympatisch. Mehr noch. Andrack hat eine Philosophie drauf, die es durchaus zu respektieren gilt. Er hasst beispielsweise Rundwanderungen, und er unternimmt seine Wanderungen ausschliesslich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Muss er ja auch, denn (damit ist er mit dem Rezensenten blutsverwandt) er verfügt nicht einmal über einen Führerschein. Einzig beim Thema Schweizer Messer schneidet der 1965 geborene «Reinhold Messner des deutschen Mittelgebirges» nicht gut ab. Erstens behauptet er, dass diese Dinger «hammerteuer» und zweitens nur etwas für Jungs seien, die «später Physik studieren und bunte Pullover mit Muster anhaben». Das sind groteske Scheinargumente, Herr Andrack, und schaden der Schweizer Schmiedezunft aufs Schändlichste! Schliesslich liegt es an Ihnen und nicht am Schweizer Messer, dass Sie dieses unvermeidliche Wanderwerkzeug schon zweimal «verschlampt» haben! Nichts desto Trotz: Der sympatische Wandersmann aus Köln hat ein nicht immer ganz ernst zu nehmendes, amüsantes Buch übers Wandern geschrieben. Bleibt also nur noch zu vermelden: «Du musst lesen!»