Am 18. Juni 2017 kommt es im bern-jurassischen Moutier zum geo-politischen Showdown. Das Stimmvolk wird über die zukünftige Kantonszugehörigkeit ihres Städtchens entscheiden. Dies entnehme ich zwei verschiedenen Werbeplakaten am Bahnhof von Moutier während des Wartens auf das Postauto nach Choindez. Ich halte Ausschau nach weiteren Insignien, die auf den seit Jahren schwelenden Interessenszwist hindeuten. Auf die Schnelle entdecke ich drei Jurawappen. Zwei an Gebäudefassaden in Bahnhofnähe, eines an einem Felsen hoch über der Stadt. Das Wappen wird ergänzt mit dem Zusatz «Oui». Da harre ich gespannt der Dinge, die da kommen sollen. Es bleibt zu hoffen, dass beide Lager kühlen Kopf behalten und sich die Bilder aus den 1970er-Jahren nicht wiederholen.
Nach bloss sechs Minuten Fahrt setzt mich der Bus in Choindez ab. Hier war ich zuletzt am 17.10.1985 wandernd zugegen. Choindez ist so etwas wie der Inbegriff an hässlicher Industrie-Location. Nicht so heute. Über der Klus wölbt sich ein tiefblauer Himmel. Die Strasse ist kaum befahren, und aus den Fabrikgebäuden der vonRoll Casting ist lediglich das Summen irgendwelcher Aggregate zu hören. An gestapelten Röhren vorbei schlage ich mich über kaum mehr begangene Passerellen zum längst von den Regionalzügen nicht mehr bedienten Bahnhof durch. Die Fortsetzung der Wanderung erfolgt auf der gegenüberliegenden Seite der Geleise, die ich verbotenerweise überqueren muss.
Ein lauschiger Pfad führt mich aus der Klus in die Höhe bis unterhalb des Dorfes Vellerat, das den Kantonswechsel bereits hinter sich hat. 1996 – 18 Jahre nach der Gründung des Kantons Jura – verabschiedeten sich die «Poulats» (Name der Einwohner) von den Bernern. Die alte Ortstafel hängt seither über dem Eingang des Hôtel-Restaurant de la Gare in Moutier, eine Stätte, die seit Jahrzehnten als Hochburg der Pro Jurassier gilt. Am 11. Juni 2017 entscheidet sich übrigens an der Urne, ob die Gemeinden Vellerat (70 Einwohner), Courrendlin, Châtillon, Rossemaison und Rebeuvelier zu einer einzigen Gemeinde fusionieren.
Als ich in erhöhter Lage die Klus von Moutier verlasse, liegt mir das ganze Delsberger Becken zu Füssen, dessen westlichem Teil ich in der Folge meine pedestrischen Bemühungen widme. Hierbei gelange ich unter anderem durch die Gemeinden Châtillon, Rossemaison, Develier und Boécourt. Sie alle begehe ich zum ersten Mal. Gleichzeitig bilden sie die letzten, im Kanton Jura zu beschreitenden Kommunen. Für mich ist also der Jura durch, es sei denn Moutier wird dereinst jurassisch ...
Alle Gemeinden im Kanton Jura bewandert: ein letzter Blick zurück von Glovelier Richtung Osten. |
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