5. April 2015

Grüningen als Entdeckung

Dauerregen gestern im Zürcher Oberland, wohin ich mein Wandergrüppli bestellte. Wir gingen von Hinwil nach Stäfa. Vorerst durch moorhaltiges Gelände, später über landwirtschaftlich geprägte Flächen und zuletzt entlang der Weinberge über dem Zürichsee. Hierbei lernte ich, dass die Gemeinde Stäfa die im Kanton Zürich flächenmässig grösste Rebbaufläche aufweist.

Zwischen Hinwil und Gossau (ZH) querte unsere Route die S-Bahn-Linie Wetzikon–Rüti (ZH).


Der Hingucker des Tages war eindeutig die Mini-Altstadt von Grüningen mit ehemaliger Burg und nachmaligem Schloss sowie der angebauten Kirche. Der in der Aabachschlaufe dreiseitig steil abfallende Nagelfluhsporn mit seinen gut zu verteidigenden steilen Abhängen bot sich als Standort einer Burg bestens an. Einzig gegen Osten hin musste der Zugang durch einen Graben geschützt werden. In welchem Jahr mit dem Bau der Burg begonnen wurde, ist nicht genau bekannt, der Zeitpunkt liegt um 1220. Im Einkünfte-Urbar des Klosters Einsiedeln taucht der Name Grüningen 1217–1222 auf. Da um diese Zeit die Grafen von Rapperswil als Kastvögte eingesetzt waren, wird heute angenommen, dass diese den Grundstein für die Burg Grüningen legten.

Um 1230 verlor das Kloster Einsiedeln seinen Grundbesitz in der Gegend an das Kloster St. Gallen, das die Gebiete vorerst dem Grafen von Kyburg verpfändete. Nach alten Urkunden sass 1243 ein kyburgischer Amtmann in Grüningen. 1253 übergab das Kloster St. Gallen die Vogteirechte über Grüningen mit seinen beiden Höfen Dürnten und Altorf dem Freiherr Lüthold VI. von Regensberg. Im gleichen Zeitraum ist die Entstehung des Städtchens vor der Burg erfolgt und der Stadtwerdungsprozess ist den Regensbergern zuzuordnen.

1370 erhielt Grüningen Stadtrechte und geriet 1408 mit der Errichtung der Landvogtei Grüningen unter die Herrschaft der Stadt Zürich. Die Vogtei umfasste beinahe den ganzen Südosten der Landschaft Zürich. Ausser Kyburg war Grüningen die einzige Landvogtei, die bis zum Untergang der alten Eidgenossenschaft 1798 im Besitze eines eigenen Blutgerichtes war. 1551 kam es zum ersten Städtchenbrand und 1610 zum Bau einer Kirche mit Bildung einer eigenen Pfarrei. 1685 brannte das Städtchen ein zweites Mal. 1802 erfolgte die Bildung der politischen Gemeinde Grüningen.

1903 fand die Eröffnung der meterspurigen Wetzikon-Meilen-Bahn (WMB) statt. Die als Überlandtram mit Güterverkehr konzipierte Bahn führte mitten durch die Grüninger Altstadt (siehe Foto).  Im Volksmund wurde die 22,5 km lange Strecke Wurst-mit-Brot-Bahn genannt. Die Bahn war lediglich 47 Jahre in Betrieb und wurde 1950 durch einen Busbetrieb ersetzt. Das malerische Altstädtchen erhielt 1976 den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes.

Schade, dass die Hauptstrasse, die Gässchen und Plätze für Autos zugänglich sind. Sie nehmen dem Flecken mindestens die Hälfte seines Charmes.

Ein Triebwagen der Überlandtrambahn Wetzikon–Meilen vor dem Gasthaus zum Bären in Grüningen (ZH). Foto: Wikipedia



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