Einmal musste es ja soweit kommen, dass mir ein Landbesitzer den Durchgang verweigert. So geschehen anlässlich meiner letzten Wanderung. Vom ehemaligen Gwatt-Zentrum – es nennt sich seit der Gesamterneuerung nun Deltapark – widmete ich mich weiteren, noch nicht begangenen Wegen in der Gemeinde Thun. Die Route oberhalb des Glütschbachtals hatte etwas Verwirrendes und verlangte nach einer subtilen Planung. Auf der Südseite des Strättlighühels – ich war gerade dabei, in einen Feldweg abzubiegen – rief mir ein Mann hinterher, ob ich etwas suche. Nein, gab ich zurück, ich sei am Wandern, hätte soeben die Fortsetzung meiner Route entdeckt und zeigte auf den gut sichtbaren Wiesenweg.
«Das ist kein Weg», gab mir der Mann zu verstehen.
«Das ist doch ein Weg», beharrte ich auf meiner Wahrnehmung.
«Das ist kein Weg», gab mir der Mann zu verstehen.
«Das ist doch ein Weg», beharrte ich auf meiner Wahrnehmung.
«Da war noch nie ein Weg», nun wieder der Mann.
Über unseren Köpfen begann sich eine Sprechblase zu bilden mit der Aufschrift «Karl Valentin».
«Aber auf meiner Karte ist ein Weg eingezeichnet, und man sieht ja, dass das ein Weg ist», versuchte ich mein Glück.
«Da war und ist kein Weg.»
«Dann melden Sie es doch bei Swisstopo, damit die den Weg aus der Karte entfernen», riet ich meinem Gegenüber.
«Da war und ist kein Weg.»
«Dann melden Sie es doch bei Swisstopo, damit die den Weg aus der Karte entfernen», riet ich meinem Gegenüber.
«Das bringt nichts.»
«So so.»
«So so.»
Die gesamte Route der Wanderung. Roter Pfeil: der Weg, der keiner ist. Schwarzer Pfeil: Weg, den ich gegangen bin und auch keiner ist. |
Luftaufnahme von Swisstopo. Roter Pfeil = kein Weg, schwarzer Pfeil = kein Weg |
«Und übrigens, auf der Weide, über die Sie gekommen sind, ist auch kein Weg.»
«Ist aber auf der Karte vermerkt, dass da ein Weg ist.»
«Kein Weg!»
Dann wollte der Mann wissen, weshalb ich überhaupt hier sei, ob von der Stadt oder gar vom Kanton. Ich sei in privater Mission unterwegs, was er mir prompt nicht glaubte, es sich dann aber anders überlegte.
«Ach ja, um diese Zeit, können Sie nicht von einer Behörde sein», begann er zu kombinieren. Es war 17.40 Uhr ...
Ich erklärte ihm mein Projekt in der Hoffnung, er würde ein Einsehen haben und mich den Feldweg gehen lassen. Ich fragte deshalb noch, wie er denn einen Weg definiere. Er zeigte auf das nicht asphaltierte Zubringersträsschen, das von seinem Gehöft weg führte.
«Das hier ist ein Weg. Auf dem kann man fahren. Das dort aber ist kein Weg.»
«Dann ist es halt ein Pfad», sagte ich. Genau so gut hätte ich ihn in den Hintern treten und dann behaupten können: «Das war kein Tritt in den Arsch.»
«Das hier ist ein Weg. Auf dem kann man fahren. Das dort aber ist kein Weg.»
«Dann ist es halt ein Pfad», sagte ich. Genau so gut hätte ich ihn in den Hintern treten und dann behaupten können: «Das war kein Tritt in den Arsch.»
Man sehe doch, dass dieser Weg, der keiner sei, ab und zu benutzt werde, monierte ich. Er würde mit dem Traktor das geschlagene Holz aus dem nahen Wald heranführen, erklärte er nun. Aber ein Weg sei das keineswegs.
Er solle doch diese Nichtwege auf seinem Hoheitsgebiet mit einem Durchgangsverbot beschildern, empfahl ich ihm. Das sei zwecklos, antwortete er mir. Die Leute würden das sowieso missachten, namentlich die Biker. Dann folgten ein paar Müsterchen über unflätige Biker, die ihm offenbar das Leben besonders schwer machen. Ich war aber zu Fuss hier und wollte bloss den auf einer amtlichen Karte verzeichneten Feldweg in friedlicher Absicht begehen. Die Situation war indes buchstäblich ausweglos. Wo kein Weg ist, scheint auch kein Wille, dachte ich und verabschiedete mich höflich von Herrn Griesgram.
PS1: Zu Hause angekommen ging ich der Situation noch einmal nach. Auf der neusten Ausgabe der Landeskarte 1:25 000 ist besagter «Weg» tatsächlich nicht mehr eingezeichnet. Der Feldherr ist also selbst nicht mehr ganz im Bilde. Auf der Luftaufnahme ist der «Weg» jedoch noch bestens zu erkennen. Der Weg, welcher vom Strättligturm zum Gehöft führt und auf dem ich hergekommen war, ist jedoch nach wie vor aufgeführt.
PS2: Ich bin mir bewusst, dass es ein öffentliches und ein privates Wegrecht gibt. Selbst wenn der Weg mit nicht öffentlichem Wegrecht im Grundbuch niedergeschrieben sein sollte, finde ich, dass der Landbesitzer in meinem Fall eine Ausnahme hätte machen können, denn dann, ja dann ... wäre diese Geschichte hier ganz anders heraus gekommen.
Die aktuelle Ausgabe der Karte 1:25'000. Hier ist der Weg (roter Pfeil) tatsächlich nicht mehr vorhanden,wohingegen der Weg vom Strättligturm nach wie vor existiert (schwarzer Pfeil). |
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