20. April 2018

Übern Gartenhag

Richard Katz: Übern Gartenhag, Albert
Müller Verlag, Rüschlikon-Zürich, Stuttgart,
Wien, 1961. Vergriffen.

Feierabends an den Hag gelehnt, der seinen stillen Garten vom Trubel der Umwelt trennt, plaudert der beliebte Autor mit seinen Lesern wie mit guten Nachbarn über Gartenpflanzen und Gartentiere, Gartenarbeit und Gartenfreunde. Dabei schweift sein Blick auch ins Freie, das ihm als berühmtestem Reiseschriftsteller unserer Zeit so vertraut ist wie die Rosen und Obstbäume seines Gartens.

So launig dies Buch geschrieben ist: es spannt seinen Bogen weit. Unmerklich belehrt es gründlich.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist der Verfasser mit Gärten befreundet, und allmählich reifte seine Liebhaberei zu umfassendem Wissen. Er bietet es auch hier nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit der heiteren Selbstironie, die allen seinen Büchern eigen und der wohl der Grund dafür ist, dass sie in vierzehn Sprachen eine halbe Million Auflage erreichten.

Erst sollte dieses Buch «Übern Gartenzaun» heissen, doch «Zaun» klang zu hölzern, und hölzerne Gartenbücher gibt es genug. Ein Hag aber lebt und grünt wie dieses Buch, das an ihm entstanden ist. Der Hauptinhalt ist der wohlgepflegte grosse Garten auf einem Hügel am Lago Maggiore, in dem der Autor immer wieder Erholung gesucht hatte, wenn er reisemüde nach Europa heimgekehrt war. Von hohen Zedern bis zu bescheidenen Mauerblümchen wird er nun auch den Lesern so vertraut, als sei er ihr eigener.

Richard Katz hat, wo immer auf den fünf Weltteilen er wohnte, stets einen Garten hinterlassen. Dieser oberhalb Locarno aber ist ihm zum Heimatsgarten geworden. Ihm widmet er sich nun beständig. Fürs Buch wie für den Garten gelten Goethes Verse über seinen Hausgarten:


«Und wie wir auch durch ferne Lande ziehn,
Da kommt es her, da kehrt es wieder hin;
Wir wenden uns, wie auch die Welt entzücke,
Der Enge zu, die uns allein beglücke.»

In der Tat: Dies ist ein beglückendes Buch der Gartenfreude! (Klappentext)

Richard Katz
Richard Katz (1888–1968) war bereits während des Studiums in Prag journalistisch tätig, so u.a. als «reisender Reporter» ein gutes Jahr in Ostasien. Er wirkte in Leipzig und Berlin. Als Verlagsdirektor des «Leipziger Tagblatts» stellte er 1922 den Studenten Erich Kästner «vom Fleck weg» als Redakteur ein, nachdem er dessen Texte gelesen hatte. 1931 erster Ferienaufenthalt in Locarno. Als Jude emigrierte er 1933 in die Schweiz, wo er sich in Locarno-Monti ein eigenes Haus kaufte. 1941 wurde seine Aufenthaltsbewilligung von der Tessiner Fremdenpolizei nicht verlängert. Flucht nach Brasilien, brasilianische Staatsbürgerschaft. In Südamerika verfasste Katz mehrere Reisebücher. Zusammenarbeit mit Max Krell. Sein «Leidensgenosse» Stefan Zweig nahm sich in Brasilien das Leben. Katz kehrte 1956 zurück nach Locarno. 12 Jahre nach seiner Rückkehr aus Übersee starb er einsam, verlassen und vergessen. Katz war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als es weder Fernsehen noch Internet gab, der meist gelesene deutsche Reiseschriftsteller. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof von Locarno.

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