4. August 2009

Grenzen sprengen im Rätikon

François Meienberg: Hinauf ins Rätikon,
Rotpunktverlag, Zürich, 2009
«Ins Rätikon? Vielen sagt der Name des Gebirgszuges zwischen Feldkirch und Klosters nicht allzu viel. Und selbst jene, welche das Rätikon bereits bewandert haben, kennen oft nur ‹ihre› Seite des Gebirsgszuges. Dies möchte der vorliegende Wanderführer ändern. Er möchte einladen, das attraktive Wandergebiet im Dreieck Prättigau, Montafon und Liechtenstein umfassend kennenzulernen. […] Denn noch allzu oft ist die geografi sche Grenze auch eine Grenze in den Köpfen.» Dies schreibt der Wanderbuchautor François Meienberg im Vorwort seines Fünftlings «Hinauf ins Rätikon». Was folgt, ist in der Tat ein in vielerlei Hinsicht grenzensprengender Wanderführer der Extraklasse: Angefangen vom Konzept der grösstenteils mehrtägigen Unternehmungen kreuz und quer durch die vom Kalkgestein zur Hauptsache geprägte Gegend, bis hin zu den sauber recherchierten Fachbeiträgen und unzähligen kulturhistorischen Hinweisen in den Etappenbeschrieben.

In 19 Kapiteln warten insgesamt 27 Tagesetappen sowie 12 Tageswanderungen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auf Nachahmung. Ein viertägiger Abstecher widmet sich zudem dem angrenzenden Silvretta-Gebiet. Meienberg schafft es mit den informativ und unterhaltsam geschriebenen Texten gekonnt, den Leser in das geschichtlich bedeutungsvolle Dreiländereck zu entführen. So berichtet er unter anderem über das Schmugglerwesen, den Dorfbrand von Seewis, St. Antönien und die Lawinen, den esoterischen Firlefanz eines Montafoner Touristenortes oder die als Weltmonument klassierte Salginatobelbrücke oberhalb Schiers. Natürlich fehlt auch ein Kapitel über die Walser und deren Rätikon-Besiedlung im 13./14. Jahrhundert nicht.

Was die beschriebenen Routen anbelangt, lässt die «Sélection Meienberg» weder gebietstypische Touren, wie etwa jene auf die Schesaplana, den Naafkopf oder die Sulzfl uh vermissen, noch geizt sie mit gemeinhin weniger bekannten Abstechern ins Fürstentum Liechtenstein – so etwa durch die Saminaschlucht – oder auf den Girenspitz, der als «ideale Aussichtskanzel, um die Kalkwände des Rätikons zu bestaunen», angepriesen wird.

Wie für die mittlerweile beeindruckende Wanderführerkollektion des Rotpunktverlages üblich, illustrieren das Werk unzählige Fotos aktueller und historischer Natur. Die Routenkarten vermitteln gute Überblicke und die ebenfalls zum rotpunkt’schen Wanderbuchstandard gehörenden Serviceinformationen lassen kaum Wünsche offen.

Nach den «Glarner Überschreitungen», «Gratwegs ins Entlebuch» und den zwei Pyrenäen-Führern setzt François Meienberg mit «Hinauf ins Rätikon» erneut zu neuen Höhenfl ügen an. Wenn auch «nur» zu Fuss.

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