31. Juli 2025

Kunsthistorisches in Thunstetten

Das öffentlich zugängliche Schloss Thunstetten ist ein echter Hingucker.

Das hat man davon, wenn man sich in den Kopf setzt, sämtliche offiziellen Wanderwege des Kantons Bern abzuwandern: Man gelangt früher oder später am Schloss und an der nahe gelegenen reformierten Kirche von Thunstetten bei Langenthal vorbei. So geschehen am vergangenen Samstag, als wir von Herzogenbuchsee auf schlangenlinienförmiger Route nach Langenthal gingen. Was sich hier unseren Augen bot, ist absolut erwähnens- und sehenswert. Weitere Fotos gibt es hier.

Das Schloss
Das Schloss Thunstetten wurde 1713–15 im Auftrag von Hieronymus von Erlach nach Plänen des berühmten Pariser Architekten Joseph Abeille erbaut. Als Baumeister wurde Abraham Jenner von Bern engagiert. Das Schloss Thunstetten übernahm die Vorreiterrolle in der Einführung der französischen Bauart im Stile Louis XIV. in Bern.
Aussichtsreich an der Schmalseite eines länglichen Hügels gelegen, dominiert das Schloss die Landschaft. Es besteht aus dem eingeschossigen Hochparterrebau des Herrenhauses, dem Corps de Logis, das im Zentrum der Anlage unter einem mächtigen Walmdach steht und zwei Seitenflügeln. Die langen fünfteiligen Seitenflügel formen zusammen mit dem Corps des Logis den tiefen Ehrenhof, die Cour d’entrée. Dieser wird von einer bedachten Mauer abgeschlossen, in deren Mitte sich ein überwölbtes Gitterportal öffnet. Die Fassade des Herrenhauses ist durch eine Reihe hoher schlanker Fenster gegliedert und von einem mächtigen Walmdach gekrönt. Bei der Renovation nach 1970 wurde die ursprüngliche Bemalung der Sandsteinfassade entdeckt. Die Farbe wurde aus Kalk und Rebstock-Asche hergestellt. Das Schlossdach mit seinen Lukarnen und Kaminaufsätzen strahlt eine französische Eleganz aus. Auf der anderen Seite des Corps de Logis erstreckt sich der Garten, der einen intensiven Einbezug in die Schlossarchitektur erfahren hat. Dabei ist der leitende Grundsatz die völlige Symmetrie.
Die gesamte Anlage des Schlosses Thunstetten entspricht damit mustergültig dem Model des Herrschaftshauses «Palais entre Cour et Jardin». Dieser Herrenhaustypus fand als Ideal einen grossen Nachhall beim Bau und Umbau von vielen anderen Anlagen dieser Zeit, unter anderen auch bei dem zweiten, für Hieronymus von Erlach 1721–25 erbauten Landsitz, dem Schloss Hindelbank.
Der Situationsplan der Herrschaft Thunstetten von Adam Riediger (1680–1756) aus dem Jahr 1720 zeigt eine doppelreihige Allee, die in der Hauptachse des Schlosses als eine lange Zugangsallee begann und sich auf der gegenüberliegenden Seite im Garten fortsetzte. Ob die Zufahrtsallee jemals realisiert worden war, ist jedoch umstritten. (Quelle: https://www.schloss-thunstetten.ch/de/Geschichte)

Die Kirche
Die erste Kirche ist im 12. Jahrhundert zusammen mit der Johanniter-Komturei, dem heutigen Pfarrhaus, gebaut worden. Davon zeugt noch der spätromanische Glockenturm, der offensichtlich aufgestockt worden ist. Die Komturei war eine wichtige Filiale der Johanniter. Bis zum Jahr 1528 lebten und arbeiteten die Johanniter hier in Thunstetten und gaben ihr Wissen weiter, so dass die ganze Umgebung davon profitierte. 1528 war das Jahr, in dem im Kanton Bern die Reformation durchgeführt und die Klöster aufgehoben wurden. Damit war das Ende der Johanniter-Komturei in Thunstetten besiegelt.
Die heutige Kirche wurde im Jahre 1745 gebaut. Sie trägt die Züge des damaligen Baustils, nämlich des Barock. 1931 wurde die Kirche gründlich renoviert, und es wurde eine elektrische Heizung eingebaut. Erst 1936 wurde auf der Westseite über dem Haupteingang der überdachte Vorbau erstellt. Ursprünglich hatte das Kirchenschiff eine Gipsdecke. Sie wurde durch eine Holzdecke ersetzt. Auch eine Portlaube wurde eingebaut. Bemerkenswert ist die Rundung der Empore.
Im Chor der heutigen Kirche fällt vor allem das Mittelfenster auf. Es zeigt den auferstandenen Jesus mit den Jüngern aus Emmaus (Lukas 24,13-35) vor einem Schloss. Ein zweites Glasfenster an der südlichen Wand zeigt Jesus beim Gebet in Getsemane (Markus 14, 32 – 42). An der gleichen Wand ist ein Kasten mit alten Blasinstrumenten eingelassen. Diese dienten zur Begleitung des Kirchengesangs, bis die erste Orgel, ein Geschenk von Johann Jakob Krähenbühl, im Jahre 1873 eingebaut wurde. 1916 wurde diese Orgel auf den doppelten Umfang erweitert, auf elektrischen Betrieb eingerichtet, mit zwei Manualen versehen und an die Wand zurückversetzt. Die heutige Orgel wurde 1969 von den Gebrüdern Wälti in Gümligen eingebaut.
Erwähnenswert ist der barocke Taufstein aus der Bauzeit sowie die Régence-Kanzel. Im Chorboden sind zwei Hartstein-Grabplatten eingelegt. Sie stammen vom zweiten Schlossbesitzer, Peter Thierri und seiner Gemahlin (aus den Jahren 1753 – 54). An der Nordwand hängt ein Epitaph (Grabplatte) aus St. Triphon-Stein aus dem Jahre 1795. (Quelle: https://www.kirche-thunstetten.ch/de/)

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