25. Januar 2018

Wandern mit Franz

Franz Hohler, 52 Wanderungen,
Luchterhand Verlag, Hamburg, 2005
60jährig und kein bisschen müde. Dies beweist Franz Hohler. Der von seiner Gesinnung her quasi dem Fussgängertum verpflichtete Schreibkünstler plädiert, bewusst oder unbewusst, mit 52 Wanderungen für eine langsame Fortbewegung. Weshalb, wann und wo auch immer.

Der Schriftsteller und Kabarettist Franz Hohler hat sich anlässlich seines 60. Geburtstages vorgenommen, ein Jahr lang keine öffentlichen Verpflichtungen mehr einzugehen, also ein Sabbat-Jahr einzulegen. Nun, Hohler wäre nicht Hohler, wenn er aus diesen 12 Monaten doch nicht irgendwie Kapital schlagen würde. Der in Biel und Olten aufgewachsene Oerlikoner hat sich nämlich vorgenommen, im besagten Jahr jede Woche eine Wanderung durchzuführen. Nach Adam Riese ergeben sich daraus 52 Wanderungen, und genau so heisst Hohlers neustes Werk. Der Autor nimmt uns mit auf Spaziergänge, Bergwanderungen, Hochtouren, und, im Hitzesommer anno 2003, gar auf eine Schlauchbootfahrt die Limmat hinunter. Die manchmal an Kurzgeschichten erinnernden Berichte sind gespickt mit unzähligen kleinen Beobachtungen, witzigen Bemerkungen oder nachdenklich stimmenden Ausführungen ohne jedoch ins Moralisierende abzuschweifen. Wer dieses Buch liest erfährt zudem auch mehr über den Menschen Hohler, über seinen Gesundheitszustand, über die Kommunikationsbedürfnisse per Handy, die Ess- und Trinkgewohnheiten während und nach einer Wanderung etc. Was erstaunt ist die Vielfalt an Wanderungen, die der kritische Zeitgenosse in diesem Jahr unternommen hat. Einmal macht er sich in der Agglomeration Zürich auf den Weg, ein anderes Mal besteigt er über den Biancograt die Bernina, oder dann ist er mit seiner Frau hoch oben im Averstal unterwegs und biwakiert im Zelt. Etwas fremd wirken jedoch die vier Wan- derungen, die er im Ausland unternommen hat. Diese verlangen vom Leser, der sich nach den ersten Wanderungen voll und ganz auf die Schweiz und deren Eigenarten eingenistet hat, eine geistige Flexibilität, die solche georafischen und kulturellen Sprünge mitmacht.

52 Wanderungen ist kein eigentliches Wanderbuch, da es nicht die normalerweise benötigten wanderspezifischen Details beinhaltet. Wer die Sache aber mit einer Landeskarte (1:50 000 bzw. 1:25 000) liest, kann daraus ohne weiteres den einen oder anderen Wandervorschlag ableiten, mitunter auch zu Orten, die es neu zu entdecken gilt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen