Markus Schürpf: Arthur Zeller 1881–1931, Vieh- und Wanderfotograf im Simmental, Fotografien 1900–1930, Limmat Verlag, Zürich, 2008 |
Der Autor Markus Schürpf vom Büro für Fotografiegeschichte in Bern vermittelt in seinem ausführlich recherchierten Begleittext unzählige Fakten über die ersten dreissig Jahre des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum stehen dabei das Schaffen Arthur Zellers, seine Lebensgeschichte sowie seine Bedeutung als Viehfotograf während der Hochblüte der Simmentaler Fleckviehzucht. Aber auch Themen wie Fotogeschichte, Land und Leute oder die Geschichte des Simmentaler Fleckviehs ergänzen die dokumentarisch wertvollen Aufnahmen Zellers.
Für Liebhaber des Simmentals sind vor allem die Ansichten von Dörfern, Landschaften und Viehalpen von Interesse. Das Vergleichen der heutigen Situation mit jener vor knapp hundert Jahren bringt zum Teil Erstaunliches zu Tage: Währenddem sich beispielsweise Weissenbach punkto Siedlungsbild nur wenig gewandelt hat, blieb auf dem Kulminationspunkt des Jaunpasses kein Stein auf dem anderen (siehe nachfolgende Bilder). Kundige des Viehzuchtwesens werden gespannt auf die zahlreichen Darstellungen
von ehemals namhaften Kuh- und Stiergrössen blicken und ohne Probleme feststellen können, dass sich seither einiges gewandelt hat, was Idealmasse und Aussehen der Ware anbelangen.
Als sogenannter Wanderfotograf war Arthur Zeller logischerweise viel unterwegs, da die Fotografie noch nicht sehr verbereitet war. Nichts desto Trotz begehrten die Menschen vor allem bei besonderen Ereignissen und Anlässen abgelichtet zu werden. Konfirmationen, Hochzeitspaare, Tote, Arbeitssituationen, oder Familienporträts gehörten ebenso zum Portfolio wie etwa die Eröffnung der Erlenbach-Zweisimmen-Bahn oder die Inbetriebnahme der Montreux-Oberland-Bahn. Zellers fotografische Kompetenz wurde indes auch in Viehfachkreisen ausserhalb des Simmentals sehr geschätzt, weshalb er auch immer wieder an Viehschauen oder auf Bauernhöfen in anderen Regionen beruflich zu tun hatte.
Dass Arthur Zeller erst jetzt wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt, haben wir der 1995 von Paul Hugger publizierten Dokumentation über das «Berner Oberland und seine Fotografen» zu verdanken. Um den zellerschen Nachlass hatte sich bis dato bedauerlicherweise niemand gekümmert. Vor vier Jahren brachte eine Sichtung des Archivs «Erschreckendes zutage», schreibt Markus Schürpf in seinem Vorwort. «Bei Aussentemperatur gelagert, waren die Negative der eindringenden Feuchtigkeit schutzlos ausgesetzt. Bei vielen Platten war die Gelatineschicht vollständig zerstört, andere wiesen partielle Schäden auf», so der Autor weiter. Beinahe die Hälfte der Negative war bis zur Unkenntlichkeit beschädigt und musste entsorgt werden. Einige der veröffentlichten Bilder zeigen denn auch kleinere Schäden, was der Qualität des vorliegenden Buches indes keinen Abbruch tut. Etliche Abbildungen belegen gar den hohen Standard der damaligen Fototechnik. Die gestochen scharfen Bilder mit den ausgewogenen Kontrasten und der
meist geringen Tiefenschärfe lassen noch heute viele digital erzeugte Fotos alt (!) aussehen.
Markus Schürpf und der Limmat Verlag haben dem leider allzufrüh verstorbenen
Fotografen Arthur Zeller ein würdiges Denkmal gesetzt.