Thomas Widmer, Zu Fuss, Echtzeit Verlag, Basel, 2007 |
Nun aber zum textlichen Inhalt. Der als Appenzeller geborene und in Zürich lebende Journalist Widmer hat mit «Zu Fuss» seine seit 2004 in der Weltwoche wöchentlich erscheinende, gleichnamige Kolumne zum Buch umfunktioniert. Die 52 Wanderungen decken nicht nur weite Teile unseres Landes ab (wobei die Westschweiz und das Wallis markante Lücken aufweisen, Thurgau und Schaffhausen fanden ebenfalls keine Gnade). Zudem nimmt der Autor Rücksicht auf die jahreszeitlichen Gegebenheiten, was in der Tat ermöglicht, dass man beispielsweise Wanderung 9 effektiv in der Kalenderwoche 9 (also gegen Ende Februar) unternehmen kann, ohne gleich im Oeschinensee zu ersaufen. Da die Kolumne in der Regel die Eigenschaft der arg beschränkten Länge besitzt, musste auch Widmer die Kürze mit der Würze paaren, was bei ausgedehnten Wanderungen von 6 und mehr Stunden nicht immer einfach gewesen sein kann. Unserem Genusswanderer ist es aber vorzüglich gelungen, Kulturhistorisches, Anekdotisches, Kulinarisches und Wegtechnisches miteinander in sprachlichen Einklang zu bringen, ohne den redaktionell vorgegebenen Rahmen zu sprengen. Widmers Sprache ist witzig, humorvoll, manchmal hart an der Grenze zum Sauglattismus, aber nie darüber hinaus. Die beschriebenen Wanderungen zeugen von einem sanftmütigen, besonnenen Wandergenossen, der sein Publikum gut einzuschätzen vermag. Einzig die Länge der Wanderungen gibt in wenigen Fällen zu Fragezeichen Anlass. Wer fährt, um ein Beispiel zu nennen, schon extra von Tägertschi oder Wünnewil oder Arlesheim nach Rorschach, um in 2½ Stunden nach Rheineck zu tippeln? Lobenswert aber dennoch, dass all das Zelebrierte mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewerkstelligt werden kann. Obschon dieses Wanderbuch einmalig ist, sei die Frage gestellt: «Wird es einen zweiten Widmer geben?»
PS. Was es mit dem im Titel zitierten Begriff «Kulturtechnik» auf sich hat, lese man am besten im Vorwort der Autors.
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