20. April 2022

Die Spirale – Etappe 13

Dass ich innert Wochenfrist erneut am Bahnhof von Niederscherli stand, daran war die leidige Bise schuld. Ohne diesen Mark- und Bein durchdringenden Wind wäre ich für zwei Tage ins Entlebuch gefahren, um dort eine schöne Zeltwanderung zu zelebrieren. Was heisst, wäre? Ich hatte mich gestern mit dem Zug nach Escholzmatt begeben, um aber sogleich wieder umzukehren und den nächsten Zug Richtung Bern zu besteigen. Wenn du dir im Tal unten vor lauter Kaltwind und fehlendem Sonnenschein einen abfrierst, dürfte es auf den 600 Meter höher gelegenen, exponierten Hügeln um einiges ungastlicher zu und her gehen, so mein Gedankengang. Ich drehte also unverrichteter Dinge ab, nicht ohne einen gewissen Frust, hatte ich mir doch die zwei Ostertage etwas anders vorgestellt.

Auf der Heimfahrt blieb mir dann genügend Zeit, über eine Wanderung für den Folgetag nachzudenken. Und so kam es, dass ich mich für die Fortsetzung der Wanderspirale entschied, in Zahlen ausgedrückt: für die 13. Etappe. Die Fussreise führte mich auf gut 13 Kilometern von Niederscherli mehrheitlich nordwärts nach Frauenkappelen. Ich ging früh los, um möglichst wenig von der im Tagesverlauf stärker werdenden Bise abzubekommen. Eine sternenklare Nacht hatte für knackige Morgentemperaturen nahe am Gefrierpunkt gesorgt.

Niederscherli im Ostersonntagsschlaf. Vorbei an der leicht exotisch anmutenden reformierten Kirche. Vor dem Abstieg in den Scherligraben, zwei kurz aufeinander folgende Hundebsitzer. Ein Augenkontakt mit den Vierbeinern und wir verstanden uns. Beide kamen sie jeweils auf mich zu und wollten gestreichelt werden. Was für ein lieblicher Auftakt zu dieser Etappe. Aus dem Scherligraben ging ich mangels Fussweg, weglos einem Waldrand entlang hoch zum Weiler Oberried. Ein Blick zurück zur Stockhornkette im morgendlichen Gegenlicht.

Auf halbem Weg nach Liebewil zweigte ich links ab, um wenig später im bewaldeten Hang ins Wangental abzusteigen. Auch hier wieder wegloses Gelände, das unvermittelt steil abbrach. Was nun? Ich suchte mir einen Ausweg, indem ich parallel zum Hang dem seitlichen Waldrand entgegenging. Den fand ich auch, gelangte aber an ein Privatgrundstück. Immerhin war das Gelände hier nicht mehr so steil, so dass ich mich über eine kleine Schafweide aus dem Staub machen konnte, jedoch nur bis zu einer Parzelle, auf der sich ein Mehrfamilienhaus im Rohbau befand. Schliesslich kämpfte ich mich durch Bauschutt und Isolationsmaterial, balancierte über mehrere Baugerüste, ehe ich wieder festen Boden unter den Füssen hatte. Nun aber stand ich vor der Bauabschrankung, an deren komplizierten Verschlüssen ich mühsam herumfriemeln musste, bevor mich das vom Verkehrslärm Tag und Nacht geplagte Wangental endgültig hatte. Es war dies meine erste Wanderroute überhaupt – heute zählte ich die 2799. –, auf der ich über Baugerüste turnen musste.

Wandern auf der Baustelle im Wangental.
Die Fortsetzung gestaltete sich dann bedeutend weniger abenteuerlich durch den östlichen Teil des grossen Waldgebietes namens Forst. Auffallend dabei waren die zahlreichen Kahlschläge, die teilweise einige auf meiner Karte eingezeichnete Wege zum Verschwinden gebracht hatten. So stackste ich eine längere Zeit quer durchs Gehölz, in dem die Brombeerranken zum Glück noch nicht weit gediehen waren.

Wohltuend dann der Blick nach Verlassen des Forsts hinüber zum Jura, der mich auch heute daran erinnerte, dass da noch einige geplante Routen ihrer Begehung harren. Kommt Frühling, kommt Jura! Zuvor kamen indes Matzenried, Riedbach und die Unterquerung der Autobahn A1. Noch einmal gegen die Bise ankämpfend, stieg ich hoch zum westlichen Ortsteil von Frauenkappelen, wo ich gegenüber dem Discounter Otto's eine gemütliche Viertelstunde auf das Postauto wartete. 20 Eindrücke dieser Osterwanderung gibt es hier.

Die Wanderspirale nach 13 absolvierten Etappen (in Grün).


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